Fadell Alkhuder schnitzt Holzmodell der Kölner Kathedrale

Der Dombaumeister aus Syrien

Sein Land leidet unter Krieg. In Köln hat der Syrer Fadell Alkhuder mit einer eigenwilligen Idee Fuß gefasst: Aus Holz lässt er ein Modell des Kölner Doms entstehen. Der "richtige" Dombaumeister ist beeindruckt.

Autor/in:
Andreas Otto
Fadell Alkhuder / © Robert Boecker (KNA)
Fadell Alkhuder / © Robert Boecker ( KNA )

Den Moment vergisst Fadell Alkhuder nicht: 2015 kommt er auf seiner Flucht aus Syrien mit dem Zug in Köln an. Als er auf den Bahnhofsvorplatz tritt, ist er überwältigt - vom Anblick des monumentalen Doms. Der Bau mit den zwei großen Türmen, den vielen Portalen, Fenstern, Bögen und Fialen will ihm fortan nicht mehr aus dem Kopf gehen. Den heute 42-Jährigen treibt eine Idee um, wie er seine in der Heimat erlernten Fertigkeiten mit seiner neuen Lebenswelt verknüpfen kann.

Fadell Alkhuder stammt aus Aleppo, wie er berichtet. Dort arbeitete er als Bildschnitzer in der Werkstatt seines Vaters. Der Familienbetrieb - einer von mehreren - stellte Holzreliefs her. Fantasieszenen mit Pfauen und Palmen oder Strandleben und Schiffen fanden als Wandschmuck ihre Käufer - bis der Krieg die Arbeitsräume und Lebensgrundlage der Familie vernichtete. In Köln suchte der Syrer einen Weg, wie er das Kunsthandwerk wieder aufgreifen kann. Seit zweieinhalb Jahren wächst unter seinen Händen der Kölner Dom aus Holz.

Youtube als Anregung

Mit seiner Frau und seinen fünf Kindern hat Alkhuder in einer Dachgeschosswohnung im Stadtteil Kalk eine Bleibe gefunden - und fünf Treppen tiefer sein "Atelier". Ein zwölf Quadratmeter kleiner Kellerraum mit gekalkten Wänden und Neonleuchte bietet dem "Dombaumeister" aus Syrien Platz, um seinen großen Traum zu verwirklichen. Entstanden ist ein zwei Meter hohes und 1,50 Meter langes Modell, an dem er auch feingliedrige Fenstergitter oder komplizierte Kreuzblumen herausgearbeitet hat.

Um dahin zukommen, hat er sich die Kathedrale mit "so vielen Kunstwerken auf einmal" erschlossen - etwa über Skizzen im Internet oder Videos auf Youtube. Strukturen und Formen des gotischen Baus guckte er sich aber vor allem über die rund 1.000 Fotos ab, die er mit seinem Handy einfing. "Ich kenne den Dom besser als viele Kölner", meint der Holzschnitzer nicht ohne Stolz.

"Unglaubliche Detailtreue"

Beeindruckt ist der "richtige" Kölner Dombaumeister Peter Füssenich. "Das Modell besticht durch seine unglaubliche Detailtreue und stellt eine bemerkenswerte künstlerische wie auch handwerkliche Leistung dar", sagt er auf Anfrage. "Es ohne Pläne und Zeichnungen anzufertigen, beweist hohes Augenmaß und außergewöhnliche Kunstfertigkeit".

Hintergrund: Holzmodell vom Kölner Dom kann besichtigt werden

Das Modell des Domes kann von 3. Juni (13.00 Uhr) bis 19. Juni im Kölner Domforum (Domkloster 3) besichtigt werden.

Öffnungszeiten:

Montag bis Samstag von 9.30 bis 17.00 Uhr

Sonntag von 13.00 bis 17.00 Uhr.

Ein Gespräch mit dem Künstler findet am Mittwoch, 15. Juni, ab 17.30 Uhr statt. (kna)

 

 

Holzmodell des Kölner Doms / © Robert Boecker (KNA)
Holzmodell des Kölner Doms / © Robert Boecker ( KNA )

Für seine Arbeit hat Alkhuder harte Buche gewählt, "wegen der Stabilität". Aber das verlangt ihm auch einiges ab, wenn er mit Klopfholz und Stecheisen Fenstersprossen oder Fialen aus dem Holz herausschält. An so manchem Einzelteil werkelt er zwei Wochen, um es dann in die Tonne zu kloppen, weil es bricht oder in den kritischen Augen seines Vaters die Symmetrie fehlt. Der Senior hat sich in der Türkei eine kleine Werkstatt aufgebaut und nimmt per Handyfotos am Baufortschritt teil. 40 drei Meter lange Bohlen - "sehr teuer" - hat der Kunsthandwerker verarbeitet, die großen Stücke in kleinere zerteilt und mit literweise Holzleim wieder zu neuen Formen vereint.

Das ganze Dom-Konstrukt lässt sich in zwölf Einzelteile zerlegen. Denn nur in Stücken zwischen 2 und 70 Kilo kann es die Kellerwerkstatt verlassen - etwa zu der Ausstellung, die am Freitag im Kölner Domforum startet. Dort, im Schatten der richtigen Kathedrale, wird das Modell erstmals bis zum 19. Juni der Öffentlichkeit gezeigt. Kuratiert wird diese Präsentation von dem syrischen Archäologen Jabbar Abdullah, der den Verein "17_3_17" mitbegründet hat. Dieser fördert den Austausch zwischen deutscher und syrischer Kultur.

Christen und Juden nicht fremd

Mit dem Kölner Dom hat sich der Muslim Alkhuder ein christliches Objekt gewählt. Für ihn ist die Kathedrale aber ein "Symbol der Stadt", die in ihrem neu gestalteten Logo selbst auf das Wahrzeichen verzichtet. "Aber Christen und Juden sind für mich nicht fremd", betont der Künstler, in Syrien seien sie alle Nachbarn. Sich aber dem repräsentativen Bauwerk seiner Religion in Köln, der Ditib-Zentralmoschee, zuzuwenden, kommt für ihn nicht in Frage. Der moderne Böhm-Bau mit seinen runden Formen und glatten Wänden entspricht so gar nicht seinen Vorstellungen von Moschee-Architektur. "Und wenn ich davon ein Modell mache, würde das nicht lange dauern."

Mit seinem Kölner Dom ist er dagegen längst nicht fertig. Für die Ausstellung sollen neben dem goldenen Kreuz auf dem Dach auch noch 40 als Dämonen gestaltete Wasserspeier entstehen. Darüber hinaus birgt seine Fotosammlung noch viele weitere Motive, die auf ihre künstlerische Umsetzung warten. Wie das Original verspricht auch das Holzmodell eine ewige Baustelle zu werden.

Quelle:
KNA