Mut im Umgang mit Depressionen

Fahrradtour gegen die Angst

Tandem- und Radfahren gegen Depressions-Vorurteile: Das ist die "Mut-Tour", die einmal im Jahr quer durch Deutschland führt. Menschen mit und ohne Depressionen radeln gemeinsam und informieren über die Erkrankung.

Gemeinsam Tandem- und Radfahren / ©  Fabian Sommer (dpa)
Gemeinsam Tandem- und Radfahren / © Fabian Sommer ( dpa )

DOMRADIO.DE: Sie haben ganz viel Erfahrung mit der "Mut-Tour". Inwiefern ist die denn für Sie eine Hilfe, Sie mutiger zu machen?

Katrin Peters (Ehemalige Teilnehmerin der "Mut-Tour"): Mutig war es für mich tatsächlich, rauszugehen und zu sagen: "Ich habe Depressionen. Immer mal wieder." Ich habe extrem viel Glück gehabt. Das habe ich auch dort gelernt. Und dann zu sagen: "Okay, dann zeige ich mein Gesicht in der Presse und sage, dass es weitergeht und dass es hilft und dass ganz viel geholfen werden kann."

Wer Hilfestellung geben kann, wird auch regional an den Aktionstagen mitgeteilt. Und es wird mitgeteilt, dass man einen mutigen Schritt machen muss, um zu sagen: "Ich habe Depressionen." Das ist einfach so. Der Schritt besteht aber manchmal auch nur darin, es den Familienangehörigen zu sagen oder sich eine professionelle Unterstützung oder eine Selbsthilfegruppe zu suchen. Es muss nicht der große Schritt in die Öffentlichkeit sein.

DOMRADIO.DE: An der Tour nehmen Menschen mit und ohne Depressions-Erfahrung teil. Gibt es da Berührungsängste oder Hemmschwellen?

Peters: In den Teams gibt es das in der Regel nicht, weil natürlich derjenige ohne Depressionserfahrung weiß, dass er mit Depressionserfahrenen unterwegs ist. Teilweise ist es durchaus bei den Aktionstagen so gewesen, dass da Menschen auf einen zukommen, die dann sagen: "Oh, ich konnte mir gar nichts drunter vorstellen". Oder andere sagen: "Da stellt man sich halt mal ein bisschen und muss ein bisschen die Zähne zusammenbeißen."

Da tauchen also diese klassischen Stigmata auf. Darauf will man gerne antworten, dass man zwar gerne will, aber dass es zu gewissen Zeiten leider einfach nicht geht. Ich würde mir selber wünschen, dass es deutlich anders wäre. Darauf habe ich aber, außer dass ich eben Therapie mache und gegebenenfalls Medikamente nehme, nicht immer Einfluss. Das ist genauso, wie wenn ich mir ein Bein breche.

DOMRADIO.DE: Sie selber haben seit der ersten "Mut-Tour" 2012 mehrere Male daran teilgenommen. Wie muss man sich das vorstellen? Man fährt mehrere Tagesetappen, oder?

Peters: Wir beginnen entweder mit einem Aktionstag, an dem dann Infostände aufgebaut sind. Oder wir starten direkt mit einer Radtour. In der Regel geht es darum, Kontakte zu knüpfen, um einfach über die Depression und das Stigma, das leider immer noch damit zusammenhängt, zu berichten. Wir wollen erklären, dass es vielleicht sehr viel alltäglicher ist, als viele glauben.

DOMRADIO.DE: Unterwegs ist man dann auf einem Tandem, oder?

Peters: Die Kernteams sind unterwegs mit drei Tandems, sie fahren damit pro Tour knapp 5.000 Kilometer quer durch Deutschland auf unterschiedlichen Wegen. Wir erleben in der Regel auch den Alltag mit Tandem und Zelt. Das heißt, es wird gecampt und es wird zusammen gekocht und gegessen. Das ist ein schönes Gruppenerlebnis.

DOMRADIO.DE: Kann man sich denn den Partner aussuchen oder wird er einem zugewiesen?

Peters: Die Partner ergeben sich tatsächlich. In der Regel kennen sich die sechs Teilnehmer, die im Kernteam unterwegs sind, vorher nicht. Dann trifft man sich und dann wird geguckt, wie es passt. Das hängt auch ein bisschen davon ab – denn beim Tandem gibt einen Piloten und einen Co-Piloten. Der Pilot lenkt und der Co-Pilot fährt mit und ist natürlich auch wichtiger Teil des Tandems. Da sind einfach körperliche Voraussetzungen teilweise erforderlich, die das dann klar regeln. Ich habe noch nie Probleme gehabt, und ich bin dreimal mit gefahren. Das hat immer ganz gut funktioniert.

DOMRADIO.DE: Sie sind dann die sportliche Pilotin gewesen?

Peters: Ich habe tatsächlich festgestellt, dass ich das gerne machen würde, das ist aber nicht meins. Das war mir körperlich zu anstrengend, weil das Fahrrad dann mit Gepäck und zwei Erwachsenen durchaus über 200 Kilo auf die Waage bringt.

Das Interview führte Tobias Fricke.


Quelle:
DR