domradio.de: Was halten Sie von dem Vorschlag von Ministerin Schwesig zum neuen Familiengeld?
Stefan Becker (Präsident des Familienbunds der Katholiken): Als Familienbund begrüßen wir diesen Vorschlag, weil er in die richtige Richtung geht. Es wird ein klares Signal gesetzt, dass Eltern ihre Erwerbsarbeit zugunsten der Familienarbeit reduzieren dürfen. Das ist ein starkes Signal: Sobald ich Mutter oder Vater werde, habe ich einen Rechtsanspruch darauf und bekomme auch noch eine staatliche Förderung. Was uns besonders gefreut hat, ist, dass die Ministerin jetzt weggeht von ihrem ursprünglichen sehr starren Modell. Ursprünglich hatte sie ja vorgeschlagen, jeder soll genau 32 Stunden arbeiten, die Mutter und der Vater. Das hatten wir damals als zu starr kritisiert, weil sich nicht immer partnerschaftlich die Arbeit hälftig teilen lässt. Wir brauchen einen Handlungsspielraum und der ist nun mit diesem neuen Vorschlag gegeben: Von 28 bis 36 Stunden wäre es erlaubt, zu arbeiten. Das ist ein klares Signal.
domradio.de: Die Altersgrenze soll bei acht Jahren liegen. Im Kindergarten gibt es ja meistens eine lange Betreuung, erst die Grundschule wird schwieriger, wäre es da nicht sinnvoll, Familien länger zu unterstützen?
Becker: Die acht Jahre kennen wir ja schon von der Elternzeit, da haben wir die Möglichkeit, zwischen dem dritten und dem achten Geburtstag des Kindes noch einmal Elternzeit zu nehmen. Das ist eine Differenzierung, die man übernehmen kann. Später müsste man noch einmal über den Rechtsanspruch nicht nur auf Teilzeitarbeit - den haben wir ja schon nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz - sondern auf Vollzeit sprechen. Das verunsichert viele Eltern bislang. Das wäre ein weiterer guter Schritt nach vorne.
domradio.de: Von CDU und CSU kommt starker Gegenwind, die CDU kritisiert, dass Schwesig Geldgeschenke verspricht, die so nicht besprochen sind, und die CSU lehnt den Plan komplett ab. Das klingt ja nicht danach, dass dieser Vorschlag überhaupt durchkommt, oder?
Becker: Solche Vorschläge brauchen Mehrheiten im Parlament aber auch in der Bevölkerung. Und da hat dieser Vorschlag eine ganz große Mehrheit. Es hapert eher an der Zustimmung der Wirtschaft. Mit diesem Gesetz würde ein Anreiz für die Eltern geschaffen, aber die Realität zeigt, dass wir in vielen Unternehmen nicht die Bedingungen vorfinden. Oftmals wird mit subtilen Mitteln verhindert, dass Eltern solche Angebote annehmen können, ohne ihre Karriere zu gefährden. Nicht nur in den Familien muss es partnerschaftlich zugehen, sondern auch die Wirtschaft muss ganz klar verstehen, dass sie hier einen Beitrag leisten muss. Da sollte die Politik nicht nur Anreize für die Eltern, sondern auch für die Unternehmen schaffen. Unternehmen sollten eine spezielle Förderung bekommen, wenn sie solche Modelle unterstützen.
Das Interview führte Tobias Fricke.