Digital waren per Video Kirchengemeinden und Klöster des Bistums aus Sachsen und Ostthüringen zugeschaltet, die parallel Gottesdienste feierten. Bischof Heinrich Timmerevers sagte: "Mit über 50 Orten sind wir in dieser Stunde verbunden. Es ist eine digitale Gemeinschaft und ein feierndes Netzwerk über unser ganzes Bistum hinweg." Er betonte, die Kirche werde nur wachsen, wenn sie zuvor in die Tiefe gegangen sei: "Kirche braucht Tiefgang und Tiefenbohrungen."
Respekt vor Glaubenszeugnis
In der Predigt sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Limburger Bischof Georg Bätzing: "Mit großem Respekt und tiefem Dank schaue ich auf Ihr Glaubenszeugnis hier in Sachsen und Ostthüringen und auf das lebendige Zeugnis Ihrer Vorfahren, denn die äußeren Gegebenheiten waren selten einfach." Stets habe die Kirche in der Mitte Europas wechselvolle und herausfordernde Zeiten erlebt. Auch die vergangenen 100 Jahre seit der Wiedererrichtung des Bistums seien hier keine Ausnahme gewesen.
Diktauturen Stand halten
Er verwies unter anderem auf die Zeiten des Nationalsozialismus und des Kommunismus: "Zwei Diktaturen, für die christliches Leben und Glauben ein Dorn im Auge waren, wurden von den Gläubigen hier als eine Herausforderung im besten Sinn angenommen, ihre innere Überzeugung miteinander zu gestalten und so in aller äußeren Unfreiheit die Freiheit des Denkens und Liebens zu verwirklichen."
Vorbild für Wendepunkte
Bischof Bätzing ging auch auf die Debatten über den "toten Punkt" ein, die im Zusammenhang des Rücktrittsgesuchs von Kardinal Marx innerhalb der Kirche und in der weiten Öffentlichkeit große Aufmerksamkeit gefunden hatten: "Keineswegs hat er die Kirche damit totsagen wollen, ganz im Gegenteil: Er weist auf nötige Weichenstellungen für die Zukunft der Kirche hin. Wie aus äußerst prekärer Lage Neues erblühen kann, das zeigt die insgesamt mehr als tausendjährige Geschichte des christlichen Glaubens auf dem Boden Ihres Bistums unter Sachsen und Sorben. Wie aus Zerstörung und schrecklichem Untergang neue Energie und neue Schönheit erwachsen können, das zeigen nicht nur tiefere Einblicke in die vergangenen 100 Jahre dieses Bistums, das führt uns Dresden als Stadt selbst eindrucksvoll vor Augen."
"Toter Punkt" bei Jesuit Delp
Vier Weckrufe habe der Jesuit Alfred Delp (1907–1945) während seiner Haft in prophetischer Weitsicht beim Nachdenken über "Das Schicksal der Kirchen" (zuletzt veröffentlicht in: Stimmen der Zeit 142/2017; 831–835) formuliert. Bei dieser Gelegenheit habe er das Wort vom "toten Punkt" geprägt. "Seit ich sie [die Weckrufe] gelesen habe, sind sie mir eine echte Quelle der Zuversicht geworden. Ich will sie Ihnen nicht vorenthalten: Der Weg vom toten Punkt zu neuer Lebendigkeit beginnt mit der nüchternen Einsicht, dass die Kirche heute nicht zu den führenden Mächten und Kräften der Menschheit gehört. Diese Ehrlichkeit kann uns befreien, die Kirche wirklich als ein Sakrament, als Weg und Mittel zu begreifen, nicht als Ziel und Selbstzweck unserer Bemühungen", so Bischof Bätzing.
Menschliche Begegnung und echter Dialog
Für Alfred Delp sei die Rückkehr der Kirchen in die Diakonie, in den Dienst der Menschheit, der Dreh- und Angelpunkt gewesen; und zwar in einen Dienst, den die Not der Menschen bestimmt, nicht unser Geschmack und unsere Gewohnheiten. In der menschlichen Begegnung und im echten Dialog (nicht im Monolog rechtgläubiger Ansprache) entbinde sich die Dynamik, von der Papst Franziskus immer und immer wieder spreche.
"Und schließlich erinnert Pater Delp daran, dass die Kraft der äußeren Sendung der Kirche ganz entscheidend vom Ernst der Hingabe an Gott und der Anbetung Gottes abhängt. Petrus im Evangelium ist überzeugt davon, dass er in Jesus Gott begegnet. Denn bei Tag kann kein Fischer einen reichen Fang machen. Das kann nur Gott schenken. Dort, wo der Mensch schwerlich manipulieren kann, in der Tiefe des Meeres und der Höhe des Himmels, dort kann nur Gott etwas bewirken. Und wo er wirkt, da ist Überfülle, nicht Mittelmaß. Diese wunderbare Erfahrung, die Petrus bei seiner Berufung gewährt wird, die wünsche ich auch Ihnen von Herzen", so Bischof Bätzing.
Wachstum des kirchlichen Lebens
Auch die vergangenen 30 Jahre seit der friedlichen Revolution und Wiedervereinigung seien nicht einfach gewesen, so Bätzing. Denn die große Hoffnung, "jetzt ein weites Ackerfeld für die Aussaat des christlichen Glaubens bestellen zu wollen und dem Wachstum des kirchlichen Lebens sozusagen zuschauen zu können", sei bald der Ernüchterung gewichen. "Auch heute braucht es die entschiedene Überzeugung jedes und jeder Einzelnen, um unter den Bedingungen von Freiheit, Pluralismus und säkularem Weltverständnis gläubig zu sein."
Den Gottesdienst feierten mit Bischof Bätzing der Bischof von Dresden-Meißen, Bischof Heinrich Timmerevers, Erzbischof Dr. Heiner Koch (Berlin), Bischof Clemens Pickel (Saratow/Russland), der frühere Bischof von Dresden-Meißen Bischof em. Joachim Reinelt, und der frühere Bischof von Görlitz und Augsburg Bischof em. Dr. Konrad Zdarsa. Parallel zur Eucharistiefeier in der Kathedrale von Dresden fanden in den Pfarrgemeinden des Bistums Jubiläumsgottesdienste statt.