"Es war schon etwas Besonderes, vom Kardinal gefirmt zu werden. Die Stimmung in der Kirche war ganz anders als sonst, eben außergewöhnlich festlich", stellt Patricia fest, als sie mit ihrer Familie die Kirche vorschriftsmäßig durch einen Seiteneingang verlässt. Und ein anderer Firmling ergänzt: "Aufregend war das Ganze, aber ich nehme eine Menge mit. Vor allem aus dem kurzen Gespräch mit unserem Erzbischof. Es war toll, dass er sich für jeden so viel Zeit genommen hat. Dieser unmittelbare Kontakt hat mich sehr berührt. Sonst liest man ja nur in der Zeitung über ihn. Da ist Köln und alles, was mit ihm zu tun hat, eher weit weg. Aber nun war er mir plötzlich ganz nah und hat sich für mich interessiert. Das vergisst man so schnell nicht mehr."
In der Tat sind die Umstände dieses Firmungsgottesdienstes im Neusser Quirinus-Münster diesmal sehr besondere: Seit ein paar Wochen stehen im Kalender des Kölner Erzbischofs Termine, die er in Vertretung für seinen aktuell vom Dienst suspendierten Weihbischof Dominik Schwaderlapp übernimmt. Und auch Corona sorgt trotz einer längst in den Gottesdiensten erworbenen Routine noch immer dafür, dass man deutlich spürt: Im Moment ist alles etwas anders, sichtlich reduzierter, und geltende Hygienekonzepte dämpfen merklich die sonst schon mal schnell überschäumende Stimmung bei einer Eucharistiefeier mit vielen jungen Leuten im Mittelpunkt.
Mithilfe des Heiligen Geistes als Freund Jesu leben
Angefangen damit, dass die gesamte Firmandengruppe an diesem Abend schon sehr viel kleiner ist als ursprünglich einmal geplant, jeder Firmling nur seine Kernfamilie und seinen Firmpaten mitbringen darf, die weitläufige Kirche also alles andere als vollbesetzt ist. Und dann, dass es keinerlei Körperkontakt geben soll und die Sitzordnung der Jugendlichen im Halbkreis um den Altar daher auch so festgelegt ist, dass niemand seinen Platz während der Feier verlassen muss oder womöglich innerhalb des Kirchenraumes Wege zurücklegt, bei denen er andere in Gefahr bringen könnte. Dazu gehört auch, dass später die Kommunion in den Bänken ausgeteilt wird, um jede Art von Bewegung zu vermeiden.
Trotzdem nimmt das vorab verabredete Reglement – natürlich auch mit Masken und Abstand – der Liturgie nichts von ihrer Feierlichkeit. Im Gegenteil: Die sorgfältig und eher verhalten gewählte Musik einer Band aus Firmbegleitern von der Orgelempore herunter, die den fehlenden Gemeindegesang ersetzen und nur zum inneren Mitsingen animieren soll, wie Pastoralreferent Thomas Burgmer vor Beginn der Messe den 19 Firmkandidaten als Einladung ausdrücklich mitgibt, bildet einen wohltuend angemessenen Rahmen. Mit ihren sprichwörtlich eher leisen Tönen sorgt sie für viele andächtige Momente und eine Nachdenklichkeit, die auch der Gast aus Köln, Rainer Maria Kardinal Woelki, gleich in seiner Begrüßung aufgreift: "Ich weiß nicht, wo es hingeht mit Euch und dem Heiligen Geist. Aber ich versichere Euch: In dieser Ungewissheit seid Ihr nicht allein!" Das Firmsakrament halte für jeden ein großes Geschenk bereit: "den Heiligen Geist, der Euch helfen will, als Christ und als Freund Jesu zu leben. Mit allem Lichtvollen, aber auch den Schattenseiten wollen wir ihm offen unser Leben hinhalten".
Leben, handeln und sprechen wie Jesus
"Menschen brauchen Vorbilder", betont er dann in seiner Predigt; jemanden, der einen begeistere, dem man nacheifere, für den man brenne, weil man sich wünsche, so zu sein wie er. Für Christen seien das Jesus und der Heilige Geist. Und dann erzählt der Kardinal seinen jungen Zuhörern die spannende Geschichte von Pfingsten, von dem Feuersturm und dass den Aposteln Zungen wie von Feuer erschienen seien, die sich verteilten und von denen sich auf jeden eine niederließ. "Damals hat Gott seinen Freunden den Heiligen Geist geschenkt", führt Woelki aus. Dabei hätten diese aus Angst Türen und Fenster verschlossen gehalten, nichts mehr sehen und hören wollen, eine geschlossene Gesellschaft gebildet.
"Doch da fährt ihnen der Heilige Geist in die Glieder, und mit einem Mal kommt das Leben zurück. Jetzt haben sie eine Perspektive; sie reißen die Türen auf und erzählen auf den Straßen von Jerusalem, was sie mit Jesus erlebt haben", schildert er das Pfingstgeschehen. Plötzlich gehe ihnen auf, dass es nicht umsonst gewesen war, alles auf eine Karte gesetzt zu haben. "Der Heilige Geist will sie befähigen, so zu leben, so zu handeln und so zu sprechen, wie Jesus gelebt, gehandelt und gesprochen hat. Mit Gottes Geist ausgestattet", wendet sich der Kardinal seinen jungen Zuhörern zu, "sollten sie ein zweiter Jesus sein." Ein Feuer brenne, leuchte und wärme, fährt er anschaulich fort. "So will auch der Heilige Geist unser Herz erwärmen. Menschen, die von ihm angerührt sind, lassen sich prägen, sind für ihn Feuer und Flamme und können das nicht für sich behalten; sie sprechen von dem, was sie bewegt."
Die Firmung als Einladung zu einem gemeinsamen Lebensweg
Schon den ersten Christen sei es bereits darum gegangen, Jesus als ihr Vorbild so gut wie möglich nachzuahmen. Das sei heute nicht anders: Immer sei dabei aber das Entscheidende, sich von ihm und seinem Geist bestimmen, leiten und prägen zu lassen, "damit wir heil und ganz werden in unserer Persönlichkeit". Als Grundvoraussetzung dafür gelte allerdings die Bereitschaft, ihm ähnlich sein zu wollen und eine bewusste Entscheidung zu treffen. Denn mit dem Heiligen Geist sei es wie mit einem Ehepaar, das Jahrzehnte miteinander verheiratet sei und das Leben in seinen Höhen und Tiefen miteinander teile, skizziert Woelki bildlich. "Das prägt dann, das schweißt zusammen. Der andere hält mich, trägt mich."
Auch die Firmung wolle dazu einladen, einen solchen gemeinsamen Lebensweg miteinander zu beschreiten, einen Freundschaftsbund mit Jesus einzugehen und mit ihm gemeinsam zeitlebens in diesem Bund zu wachsen. "Wer sich auf Jesus und seinen Heiligen Geist einlässt, der wird spüren: Das macht mein Leben, groß, weit und tief", unterstreicht der Erzbischof.