Finanzdirektor des Erzbistums Köln zur aktuellen Finanzkrise und den Folgen für die Kirche

"Wir waren noch nie in einer vergleichbaren Situation"

Finanzkrise allerorten: Drohende Rezession, sinkende Steuereinnahmen für den Staat und eine Stagnation der Kirchensteuereinnahmen für das Erzbistum. Im domradio-Interview erläutert Hermann Josef Schon, Finanzdirektor des Erzbistums Köln, wie hier mit der Krise umgegangen wird, und warum das Erzbistum seine Gelder trotz Krise nach ethischen Maßstäben anlegt.

 (DR)

domradio: Sie bekommen aus der Kirchensteuer viel Geld für das Erzbistum, das wird sicher für laufende Ausgaben verwandt. Aber was passiert mit dem Rest? Horten Sie das Geld oder legen Sie auch an?
Schon: In der Regel schließen unsere Haushalte ausgeglichen, das heißt: Wir geben in sehr vielen Jahren das aus, was wir auch einnehmen, für Personalkosten, Instandhaltung von Gebäuden, für die Finanzierung insbesondere der pastoralen Arbeit in unseren Kirchengemeinden. Natürlich gibt es auch Jahre, in denen ein Überschuss bleibt, den wir zur Finanzierung künftiger Verpflichtungen dann auf die hohe Kante legen. Wir haben große Verpflichtungen, z.B. die Pensionsansprüche unserer Priester, Lehrer und verschiedener anderer beamteten Mitarbeiter. Dafür müssen wir Geld zurücklegen, damit wir in der Lage sind, diese Verpflichtungen auch in Zukunft aus den Erträgen dieses Geldes zu finanzieren.

Wir legen unser Geld nicht nur auf das Konto oder Sparbuch, sondern investieren in Wertpapiere, in Wertpapier-Spezialfonds und in anderen Produkten. Ich denke, dass wir dies in den zurückliegenden Jahren aufgrund unseres sehr konservativen und wertorientierten Ansatzes zumindest nicht schlecht getan haben. Das zeigt auch die aktuelle Situation.

domradio: Was bedeutet den wertorientiert? Nach welchen Kriterien schauen Sie, wie sie Geld anlegen?
Schon: Das Thema Geldanlage hat verschiedene Aspekte. Am wichtigsten und erfolgsrelevant ist, dass man eine Gesamtstrategie für die Kapitalanlage hat, die sich vor allen Dingen an den Verpflichtungen, die man eingegangen ist, orientiert. Wenn ich also weiß, dass ich im nächsten Jahr eine große Baumaßnahme zu finanzieren habe, dann muss ich das Geld dafür absolut risikolos auf ein Jahr anlegen. Wenn ich Pensionsverpflichtungen auf die nächsten 30, 40 oder 50 Jahre zu finanzieren habe, dann lege ich dieses Geld auch langfristig an. Dann kann ich auch etwas mehr Risiko eingehen, um den Ertrag zu verbessern. Insoweit ist der Zweck das entscheidende Kriterium für die Art der Anlage.

domradio: Sind die Fonds denn nach ethischen Maßstäben ausgesucht?
Schon: Selbstverständlich, das praktizieren wir schon seit Jahrzehnten im Erzbistum Köln. Die Frage, ob die Kirche denn anders handelt, als sie predigt, kommt zu Recht sehr oft. Deshalb legen wir das langfristig anzulegende Geld auch überwiegend in sogenannten Wertpapier-Spezialfonds an. Das sind Fonds, die für uns als Kunde extra aufgelegt werden. Weil wir dann in der Lage sind auch ganz klare und überprüfbare Kriterien zu definieren, nach denen unser Geld angelegt wird.

domradio: Es wird erwartet, dass die Steuereinnahmen wegen der weltweiten Finanzkrise sinken. Und damit auch die Kirchensteuern. Wie trifft diese Krise die Kirche?
Schon: Es wird sie treffen, in welchem Umfang, weiß heute noch niemand. Fest steht, dass wir uns bereits heute in einer Rezession befinden, unsere Volkswirtschaft schrumpft. Fakt ist aber auch, dass unser Arbeitsmarkt heute noch in einer recht guten Verfassung ist und dass wir in der jüngsten Vergangenheit relativ gute Tarifabschlüsse gesehen haben, die noch in 2009 hineinwirken. Ich gehe davon aus, dass wir auf dem Arbeitsmarkt die ersten deutlichen Spuren im zweiten oder dritten Quartal des nächsten Jahres sehen, dass wir dann über eine relativ lange Zeit mit relativ wenig Wachstum und geringen Tarif- und Lohnsteigerungen werden auskommen müssen. Aber man kann heute nicht sagen, wann die Krise vorbei sein wird, das kann 2010 sein, aber auch zwei oder drei Jahre länger dauern. Wir waren noch nie in einer vergleichbaren Situation.

domradio: Welche Pläne gibt es seitens des Erzbistums, um mit dieser Krise in den kommenden Jahren umzugehen?

Schon: Man hat nicht immer einen Pan B für den „Supergau" in der Schublade. Was wir aber seit Jahren praktizieren, ist, dass wir verschiedene Planungsszenarien anwenden. Wir haben eine Planung für das nächste Jahr, für die nächsten fünf und die nächsten 30 Jahre. Diese Planungen haben natürlich alle nicht diese Finanzkrise und Rezession vorhergesehen. Aber bereits im Sommer, als wir mit dem Kirchensteuerrat die Rahmendaten für den Haushalt des nächsten Jahres erörtert haben, war uns klar, dass die kommenden Jahre schwieriger werden würden. Das heißt, dass wir bereits für 2009 von einer deutlichen Reduzierung der Kirchensteuerdynamik ausgegangen sind. Das kann im Bereich Plus/Minus Null liegen, so dass wir uns auf dieser sehr konservativen Planung für 2009 jetzt an die nächsten Jahre herantasten. In diesem Jahr entwickelt sich die Kirchensteuer aber noch recht gut.