Floridas Gouverneur auf Stimmenfang bei christlichen Rechten

Wie sich Ron DeSantis profilieren will

Der republikanische Gouverneur Ron DeSantis aus Florida versucht, Donald Trump Stimmen im Lager der konservativen Christen abzujagen. Ein heikles Unterfangen für den möglichen Präsidentschaftskandidaten.

Autor/in:
Bernd Tenhage
Ron DeSantis, Gouverneur von Florida / © Willie J. Allen Jr. (dpa)
Ron DeSantis, Gouverneur von Florida / © Willie J. Allen Jr. ( dpa )

Ein Foto zeigt den Gouverneur von Florida, umringt von Frauen in seinem Büro. Die Aufnahme entstand kurz vor Mitternacht, nachdem Ron DeSantis vor einigen Tagen eines der striktesten Abtreibungsgesetze in den USA unterzeichnet hatte. Sollte das Oberste Gericht im Sunshine State die erst im vergangenen Jahr beschlossene 15-Wochen-Frist bestätigen, würde diese durch die neue Regelung auf sechs Wochen verkürzt.

 © Aziz Karimov (shutterstock)

Der Schritt, der die Legalität von Schwangerschaftsabbrüchen weiter einschränken soll, stößt selbst bei Befürwortern strenger Vorgaben auf Skepsis. Denn der politische Preis könnte hoch sein. Kritische Stimmen wenden ein, dass etliche Frauen in den ersten sechs Wochen womöglich noch gar nicht wissen, dass sie schwanger sind. Betroffene Wählerinnen könnten sich an der Urne rächen, so die Befürchtungen einiger Republikaner.

Der republikanische Meinungsforscher Alex Patton sieht darin den Grund dafür, warum DeSantis das Abtreibungsthema nicht allzu hoch hängen wolle. So habe der Politiker das Gesetz bewusst zu nächtlicher Stunde unterzeichnet, um das Medienecho in Grenzen zu halten.

Vorwahlen sind entscheidend

Umfragen zeigten, wie unbeliebt die Sechs-Wochen-Frist in den gesamten USA sei. "Er weiß, es schadet ihm bei den Wahlen, aber er muss die Vorwahlen gewinnen", so Patton. Bevor DeSantis Präsidentschaftskandidat werden könne, müsse er die Basis der Republikaner für sich gewinnen. Und die werde nicht von moderaten Konservativen angeführt, sondern von christlichen Hardlinern und Anhängern von Ex-Präsident Donald Trump.

Symbolbild Anhänger einer evangelikalen Kirche / © A.PAES (shutterstock)
Symbolbild Anhänger einer evangelikalen Kirche / © A.PAES ( shutterstock )

Laut Umfragen machen weiße Evangelikale rund die Hälfte der Stimmen bei den Vorwahlen der Republikaner aus. DeSantis weiß das und hat die wichtige Wählergruppe entsprechend im Blick. So hielt er einen Tag nach Verabschiedung der neuen Abtreibungsregeln in Florida eine Rede vor Tausenden Studenten der christlichen Liberty University in Virginia. Das Publikum dort empfing ihn wie einen Rockstar. Der Gouverneur sagte dagegen eher allgemein: "Wir haben den Wert der Familie erhöht und fördern eine Kultur des Lebens."

Der 44-Jährige empfahl sich schon mehrfach als unerschrockener Kulturkämpfer, der Kinder in seinem Bundesstaat vor "Woke-Indoktrinierung" schützt und traditionelle Werte verteidigt. "Wir haben Fakten über Angst gesetzt, Erziehung über Beeinflussung, Recht und Ordnung über Aufruhr und Durcheinander", erläutert er seinen politischen Kurs. Solche Worte kommen bei den Wählern an. Bei der Gouverneurswahl 2022 wurde er mit fast 60 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt.

Polarisierung vermeiden

In der Regel achtet DeSantis darauf, nicht zu sehr zu polarisieren, um demokratischen Wahlkampfstrategen keine Steilvorlagen für Gegenkampagnen zu liefern. Diesen Part überlässt er lieber Trump, der damit die Aufmerksamkeit des politischen Gegners zu einem erheblichen Teil absorbiert. Noch hat Floridas Regierungschef seine Kandidatur fürs Präsidentenamt nicht erklärt. Beobachter rechnen aber damit, dass er bald offiziell ins Nominierungsrennen der Republikaner einsteigt.

Joe Biden (r), Präsident der USA, und Jill Biden (2.v.r), First Lady der USA, besichtigen mit Ron DeSantis, Gouverneur von Florida, und seiner Frau Casey DeSantis ein Areal in Florida / © Evan Vucci (dpa)
Joe Biden (r), Präsident der USA, und Jill Biden (2.v.r), First Lady der USA, besichtigen mit Ron DeSantis, Gouverneur von Florida, und seiner Frau Casey DeSantis ein Areal in Florida / © Evan Vucci ( dpa )

"Es gibt eine Menge Interesse an DeSantis", sagte Kristin Kobes Du Mez, Professorin der evangelikalen Calvin University in Michigan der "New York Times". Der Gouverneur spreche Menschen an, die vom Dauerthema Trump erschöpft seien. Allerdings sieht sie ein Problem: "Was mit DeSantis an Stabilität gewonnen wird, geht an Charisma verloren." Im Gegensatz zu Trump wirke der mehr als 30 Jahre jüngere, parteiinterne Konkurrent weniger volksnah und spröde.

Zudem ist DeSantis - wie der Ex-Präsident - kein Evangelikaler. Er wuchs in einer katholischen Familie auf, hat einen Priester als Onkel und eine Ordensfrau als Tante. Beide leben in Ohio. Der Gouverneur spricht auch nicht öffentlich über Bekehrungserlebnisse, sondern hält sich wie die meisten US-Katholiken mit persönlichen Bekenntnissen eher zurück. Aber er weiß, wie er die Basis erreicht, wenn er etwa verspricht, als Politiker "die volle Rüstung Gottes" anzulegen und sich "standhaft gegen die Pläne der Linken zu stellen".

Vor allem versteht er, was die christlich-fromme Basis von einem Präsidentschaftskandidaten erwartet: strikte Abtreibungsverbote, eine Absage an die Gender-Ideologie und Härte beim Verbot von Geschlechtsumwandlungen bei Minderjährigen. Ob das in der Nacht unterschriebene Abtreibungsgesetz den juristischen Anforderungen standhält, ist ungewiss. Politisch aber hat DeSantis damit bei den Vorwahlen seiner Partei auf jeden Fall gepunktet.

Quelle:
KNA