Die katholische Kirche in Österreich appelliert an die Regierung, wieder Flüchtlinge aufzunehmen. Als "Ausdruck gelebter Solidarität" sei es dringend notwendig, "ein faires Kontingent an Asylsuchenden und Vertriebenen" aufzunehmen und zu versorgen, betont die Bischofskonferenz in einer Erklärung zum Abschluss ihrer Vollversammlung in Mariazell.
Besorgt zeigten sich die Bischöfe über die sozialen Folgen der Corona-Krise. Zwar hätten Solidarität und Nachbarschaftshilfe zuletzt ein Comeback gefeiert. Trotzdem drohten viele Menschen in Armut abzugleiten. Die Zahl der Arbeitslosen sei dramatisch hoch.
Österreich brauche daher "Strukturen und Netze, die verhindern, dass immer mehr Bedürftige an den Wegrändern einer wohlhabenden Gesellschaft ums Überleben kämpfen müssen". Nur mit Zuversicht und Zusammenhalt werde es gelingen, Armut und Perspektivlosigkeit zu überwinden.
Teilen und Anteilnahme dürften aber nicht an den Landesgrenzen Halt machen, hieß es weiter. Daraus folge auch ein Engagement für Flüchtlinge. "Wir brauchen eine leidenschaftliche Zusammenarbeit in Europa und ganz sicher kein Virus des Nationalismus."
Kardinal Schönborn ruft zu mehr Mitgefühl auf
Auch in seiner Freitagskolumne der Gratiszeitung "Heute" rief der Wiener Kardinal Christoph Schönborn zu mehr Mitgefühl mit Flüchtlingen auf. Jeder Mensch besitze die "kostbare Fähigkeit", sich "ein wenig hineinzudenken in das Schicksal von Flüchtlingen", schreibt er, und weiter: "Ihr Leid könnte unser Leid sein. Mit-Leid mit ihnen macht uns menschlicher."
Der 75-jährige Schönborn war als Baby selbst Kriegsflüchtling aus dem Sudetenland. Anlass für seine Äußerung ist der Weltflüchtlingstag am Samstag, mit dem die Vereinten Nationen an die weltweit fast 80 Millionen Menschen auf der Flucht erinnern.
Mit moralischen Appellen sei "niemandem geholfen", so der Kardinal. Besser sei, darüber nachzudenken, "wie es wäre, wenn ich heute fliehen müsste? ... Dass uns Krieg, Vertreibung, Flucht erspart geblieben sind, ist nicht unser Verdienst, sondern ein Geschenk, für das wir nicht genug danken können", betonte Schönborn. Er erinnerte daran, dass mehr als die Hälfte der Flüchtlinge weltweit unter 18 Jahre alt seien. "Welches Leben erwartet sie?"
Neue Erleichterungen für Gottesdienste in Österreich
Österreichs Bischöfe haben zudem weitgehende Erleichterungen für öffentliche Gottesdienste beschlossen. Die neue Rahmenordnung, beschlossen bei der Vollversammlung der Bischofskonferenz in Mariazell und am Freitag verkündet, gilt ab Samstag (20. Juni). So ist künftig das Tragen des Mund-Nasen-Schutzes nicht mehr vorgeschrieben.
Weiter empfohlen ist die Handkommunion; auch die Mundkommunion ist aber wieder erlaubt. Weihwasserbecken können wieder befüllt werden, wobei das Wasser häufig zu wechseln ist. Grundsätzlich sollen die Gläubigen die Messe wieder in der Gemeinde feiern; eine Entbindung von der Sonntagspflicht sehen die Richtlinien nicht mehr vor.
Als wichtigste Verpflichtung bleibt die Einhaltung eines Mindestabstands von einem Meter zu Personen, mit denen man nicht im gemeinsamen Haushalt lebt. Pflicht bleibt auch das unverzügliche Desinfizieren oder Waschen, wenn es bei der Kommunionspendung zu einer Berührung gekommen ist.
Vermieden werden sollen überregionale Großveranstaltungen mit Gästen aus anderen Regionen. Aus Sorge vor einer überregionalen Ausbreitung des Virus ist die Teilnehmerzahl bei Trauungen auf 100 Personen beschränkt. Sie kann ab 1. Juli auf bis zu 250 Personen erhöht werden, jedoch unter der Voraussetzung zugewiesener und gekennzeichneter Sitzplätze. Ab 1. August sollen Trauungen mit bis zu 500 Personen zulässig sein, dann aber mit verpflichtendem Mund-Nasen-Schutz. Ähnliches soll für Firmungen gelten.
Taufen können wie bisher ohne besondere Einschränkungen stattfinden, unter Beachtung der allgemeinen Abstands- und Hygieneregeln. Für Begräbnisse gelten am Friedhof und in Aufbahrungshallen die staatlichen Vorgaben.
Bischöfe unterstützen Österreichs Klimavolksbegehren
Österreichs Bischöfe unterstützen zudem das anstehende Klimavolksbegehren. "Die Folgen des globalen Klimawandels werden längerfristig weitaus verheerender ausfallen als jene der aktuellen Corona-Pandemie", betonten sie in einer Erklärung zum Abschluss ihrer Vollversammlung in Mariazell. Dafür brauche es "Achtsamkeit und Entschlossenheit" sowie verbindliche Regeln für eine ökologische und soziale Wirtschaft, die dem Menschen diene.
Mit der derzeitigen Wiederbelebung der Wirtschaft ergäben sich Möglichkeiten, emissionsarme und klimasensible Wirtschaftskreisläufe zu schaffen, so die Bischöfe. Eine lebendige, florierende Wirtschaft müsse "keine maßlos wachsende Wirtschaft sein". Auch der Konsum müsse "Maß und Ziel" haben; ein "heilloses Immer mehr" zerstöre das Leben.
Landesweit können sich die Österreicher von 22. bis 29. Juni für das Klimavolksbegehren eintragen.