Warum soll es ein Einwanderungsgesetz geben?
In Deutschland herrscht in manchen Branchen und Regionen bereits ein Fachkräftemangel, etwa im IT- und im Pflegebereich oder in ländlichen Gegenden. Die Arbeitgeber drängen deswegen schon länger darauf, mehr Zuwanderung von qualifizierten Arbeitskräften zuzulassen. Gerade erst kam eine Studie der Bertelsmann Stiftung zu dem Schluss, dass der deutsche Arbeitsmarkt bis 2060 jährlich rund 260.000 Zuwanderer brauche. Grund ist der demografisch bedingte Rückgang der Beschäftigten. Die Experten gehen dabei von rund 146.000 nötigen Fachkräften aus Nicht-EU-Staaten aus. Auf diese Gruppe zielt das Gesetz ab.
Was will die Bundesregierung tun, um den Bedarf zu decken?
Im Kern soll Deutschland für Nicht-EU-Ausländer mit einer Berufsausbildung attraktiver werden. Viele der geplanten Regelungen bestehen bereits für Menschen mit akademischem Abschluss. Künftig soll die Zuwanderung auch für Ausbildungsberufe nicht mehr auf solche Berufe beschränkt werden, in denen Engpässe vorherrschen. Auch sollen beruflich Qualifizierte zur Arbeitsplatzsuche nach Deutschland einreisen dürfen. Und es soll unter bestimmten Voraussetzungen möglich sein, einzureisen, um einen Ausbildungsplatz zu suchen.
Warum soll es zwei Gesetze geben?
Ursprünglich war auch die geplante neue Duldung für Menschen, die gut integriert sind und eine Arbeit haben, Teil des Einwanderungsgesetzes. Doch auf Drängen der Union wurde dafür ein eigener Entwurf vorgelegt. Erwerbsmigration und Asylrecht sollen durch zwei verschiedene Gesetze klarer getrennt werden, hieß es. Am Ende ist die Trennung aber wohl vor allem symbolischer Natur, da beide Gesetze auf Änderungen am Aufenthaltsrecht abzielen.
Was wird aus dem viel diskutierten "Spurwechsel"?
Der Streit drehte sich im vergangenen Jahr darum, ob für gut integrierte Menschen mit Job eine Möglichkeit geschaffen wird, von der Asyl- in die Erwerbsmigration zu wechseln. Unternehmen hatten dies gefordert, damit ihre integrierten Mitarbeiter nicht plötzlich abgeschoben werden. Die nun geplante sogenannte Beschäftigungsduldung sieht vor, dass unter bestimmten Voraussetzungen ein Aufenthaltsstatus für 30 Monate erteilt werden kann. Danach wäre dann der Wechsel zu einer Aufenthaltserlaubnis möglich. Die Beschäftigungsduldung soll zunächst bis zum 30. Juni 2022 befristet werden - ein Kompromiss zwischen Union und SPD.
Wie viele Menschen betrifft die neue Duldung?
Laut Innenminister Horst Seehofer (CSU) geht es um fast 180.000 Menschen, die schon in Deutschland sind. Mehr als ein Drittel von ihnen lebt demnach bereits länger als vier Jahre im Land. Da sollten alle Anstrengungen unternommen werden, um sie zu integrieren, sagte Seehofer bei der Vorstellung der Gesetzentwürfe im Dezember. Unklar ist allerdings, wie viele der heute Geduldeten die Voraussetzungen für den neuen Aufenthaltsstatus erfüllen würden.
Ab wann sollen die neuen Regelungen gelten?
Beide Gesetze sollen noch in diesem Jahr verabschiedet werden. Geplant ist, dass sie Anfang 2020 in Kraft treten. Für das Einwanderungsgesetz sind laut Regierung mindestens sechs Monate Vorlauf nötig, damit sich die Verwaltung vorbereiten kann. Dazu müsste das Gesetz bis zum Sommer verabschiedet werden.
Was sagen die Kritiker?
Die Ausschüsse des Bundesrats haben sich im Vorfeld der Sitzung bereits für mehr als 100 Änderungen an den beiden Gesetzentwürfen ausgesprochen. Bei der Beschäftigungsduldung kritisieren sie die Bedingungen als zu hoch. Insgesamt halten sie die geplanten Regelungen zur Einwanderung für zu kompliziert. Der Wirtschaftsausschuss spricht sich dafür aus, die Zersplitterung von Migration und Asyl im Recht aufzuheben. Andere Kritiker wünschen ein umfassendes Einwanderungsgesetz, das sich nicht nur auf Fachkräfte bezieht.