Am Dienstag will Papst Franziskus in Assisi mit Muslimen, Juden, Buddhisten und Hindus einen Friedensappell an die Welt richten. 30 Jahre nach dem ersten Friedenstreffen in der mittelitalienischen Stadt erscheint der interreligiöse Dialog nötiger denn je. Auch auf diesem Feld hat Franziskus manches in Bewegung gebracht. Der Dialog der Religionen ist für ihn, wie bereits für seine beiden Vorgänger, ein zentrales Anliegen.
Papstanliegen Interreligiöser Dialog
Ans Ende seiner Umweltenzyklika "Laudato si" etwa hat der Papst außer einem "christlichen Gebet" ein weiteres gestellt, "das wir mit allen teilen können", wie er schreibt. Auch als er im Januar begann, seine monatlichen Gebetsanliegen in Videobotschaften vorzustellen, nannte er zuerst den interreligiösen Dialog. "Der größte Teil der Erdbevölkerung bezeichnet sich als gläubig. Diese Tatsache sollte zu einem Dialog zwischen den Religionen ermuntern", sagte der Papst in seiner Botschaft. In seinem Schreiben "Evangelii gaudium" heißt es, der interreligiöse Dialog sei eine notwendige Bedingung für den Frieden. Nötig sei dazu eine "klare und freudige Identität".
Vor allem im Gespräch mit dem Islam hat der Vatikan zuletzt Fortschritte erzielt. Im Mai besuchte der Großimam der Kairoer Al-Azhar-Universität, Ahmed Mohammed al-Tayyeb, Franziskus in Rom.
Dies war das erste Treffen des leitenden Geistlichen dieser renommierten Lehrstätte des sunnitischen Islam mit dem Papst. Der regelmäßige Dialog zwischen dem Vatikan und der Al-Azhar-Universität steht offenbar kurz vor der Wiederaufnahme. Der 1998 begonnene theologische Austausch war 2011 von ägyptischer Seite abgebrochen worden. Der Rektor von Al-Azhar, Abdul Hay Azab, wird auch in Assisi erwartet.
Auch der katholisch-jüdische Dialog hat im Pontifikat von Franziskus eine neue Ebene erreicht. Der Vatikan veröffentlichte im Dezember 2015 ein Studiendokument, in dem er den Juden so weit wie nie zuvor entgegenkam. Die "Überlegungen", die allerdings keinen lehramtlichen Charakter haben, münden in der Feststellung, dass die Juden auch "ohne explizites Christusbekenntnis" Anteil an Gottes Heil hätten - auch wenn unergründbar bleibe, wie dies möglich sein könne. Der Judenmission erteilt das Schreiben eine klare Absage.
Frage des gemeinsamen Gebetes
Ein heikler Punkt im Gespräch der Religionen ist die Frage, ob Christen gemeinsam mit Angehörigen anderer Glaubensgemeinschaften beten können. Nach dem ersten Friedenstreffen in Assisi kritisierten vor allem konservative katholische Kreise, dort habe eine unzulässige Vermengung der Religionen stattgefunden. Um diesem Eindruck vorzubeugen, beteten die Vertreter der verschiedenen Religionen während der vergangenen beiden Friedenstreffen mit Papst, 2002 und 2011, an getrennten Orten in Assisi. So soll es laut offiziellem Programm des Vatikan auch diesmal sein.
Die Religionsführer wollen in Assisi jede Form von religiös motivierter Gewalt verurteilen. Auffallend war in den vergangenen Monaten, dass Franziskus in seinen Stellungnahmen zu islamistischen Terroranschlägen jeden Hinweis auf deren religiöse Motivation vermied. In seinen Beileidstelegrammen nach dem Anschlägen von Nizza und der Ermordung eines katholischen Priesters in einer Kirche in Frankreich erwähnte er etwa deren islamistischen Hintergrund mit keinem Wort.
Er wolle nicht von "islamischer Gewalt" sprechen, weil das zu einer unzulässigen Gleichsetzung von Islam und Gewalt führe, erklärte er seine Zurückhaltung. Jede Religion habe kleine fundamentalistische Gruppen. Franziskus möchte offenbar alles vermeiden, was eine religiöse Aufladung der Debatte über den islamischen Terrorismus fördern könnte. Der Anwalt einer "armen Kirche für die Armen" stellt stattdessen die sozialen Ursachen des Terrorismus in den Vordergrund.
Die Welt befinde sich derzeit nicht in einem "Krieg der Religionen", sondern einem "Krieg der Interessen", sagte der Papst im Juli auf dem Weg zum Weltjugendtag in Krakau: "Es herrscht Krieg ums Geld, es herrscht Krieg um die Ressourcen der Natur, es herrscht Krieg um die Herrschaft über die Völker."