Franziskus zu Besuch in der ukrainischen Gemeinde von Rom

Lob an die Frauen

Der Besuch des Papstes in der ukrainischen Gemeinde Roms hatte viele Aspekte. Es ging um Migranten in Italien, um ökumenische Klippen. Und war zugleich eine Erinnerung an Jorge Bergoglios Jugendzeit.

Papst Franziskus und Swjatoslav Schewtschuk / © Osservatore Romano (KNA)
Papst Franziskus und Swjatoslav Schewtschuk / © Osservatore Romano ( KNA )

Der Besuch in der Krypta von Santa Sofia am Sonntagnachmittag war für Papst Franziskus auch ein persönlicher Moment. Eine ganze Weile betete er still vor dem Grab des Mannes, bei dem er als Junge in Buenos Aires Ministrant gewesen war. Bischof Stephan Tschmil (1914-1978), gebürtiger Ukrainer, wirkte von 1948 bis 1961 als Missionar in Argentinien.

Dort begegnete ihm der zwölfjährige Jorge Bergoglio und half ihm als Messdiener; dabei lernte der zukünftige Papst die "Schönheit der byzantinischen Liturgie" kennen. Zudem habe "Padre Tschmil" ihm von der Geschichte und dem Leiden der Christen in der Ukraine erzählt.

Ein "Ave Maria" für den Frieden

Der gastgebende Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk von Kiew-Halytsch nannte den Ukraine-Konflikt einen "vergessenen Krieg" und den "größten Konflikt Europas seit dem Zweiten Weltkrieg". So beteten Franziskus und er zu Beginn vor der Kirche, wo Tausende Menschen versammelt waren, ein "Ave Maria" für den Frieden und ließen ganz am Ende zwei weiße Friedenstauben steigen.

Manche Beobachter hatten den päpstlichen Besuch in der ukrainischen Gemeinde im Nordwesten Roms zuvor als Ersatz für eine Reise in die Ukraine selbst gewertet. Auf eine entsprechende Frage hatte Schewtschuk bei einem Pressegespräch am Donnerstag ausweichend geantwortet. Ja, es gebe eine Einladung an Franziskus, ausgesprochen von der Regierung in Kiew und von seiner Kirche. Und er hoffe, dass der Besuch in Rom "ein prophetischer Schritt" sein könne.

Politische Lage lässt Papstbesuch nicht zu

Einen neuen Papstbesuch - nach Johannes Paul II. 2001 – lassen die kirchlichen und politischen Spannungen zwischen Kiew und Moskau derzeit nicht zu. Im August etwa warf der Außenamtschef der russisch-orthodoxen Kirche, Metropolit Hilarion, der griechisch-katholischen Kirche der Ukraine noch "politisierende Stellungnahmen und aggressive Handlungen" vor.

Der Besuch in Santa Sofia hatte aber seinen eigenen Wert – war es doch der erste Pfarreibesuch dieses Jahres, den der Bischof von Rom in seinem Bistum unternahm. In einer Pfarrei, in der  - mehr noch als andernorts - Frauen den allergrößten Teil der Gemeindeglieder ausmachen.

Viele von ihnen sind "badanti": also Frauen aus Osteuropa, die in Italien Alte und Kranke pflegen, ihnen den Haushalt führen, um so ihre Familien in der Ukraine zu ernähren. Viele dieser Frauen fühlten sich einsam, getrennt von ihrer Familie, so Erzbischof Schewtschuk in seiner Begrüßung. Einige von ihnen seien "Opfer von Ausnutzung und Misshandlung an ihrem Arbeitsplatz".

"Apostel der Nächstenliebe und des Glaubens"

Franziskus ermutigte sie, ihre oft ermüdende und wenig zufriedenstellende Arbeit auch als eine Mission anzusehen. Für viele italienischen Familien seien sie "Apostel der Nächstenliebe und des Glaubens". Sonntags brächten viele dieser Frauen alte Italiener im Rollstuhl mit in den Gottesdienst, berichtet Schewtschuk. Offiziell leben 200.000 Ukrainer in Italien. Der Großerzbischof geht von mindestens doppelt so vielen aus.

Der Papst würdigte in seiner Ansprache auch die Rolle der Frau in der Geschichte der ukrainischen Kirche. Frauen hätten getauft und den Glauben in schwierigen Jahrzehnten weitergeben. "Hinter jedem von euch steht eine Mama, eine Oma", so der Papst. "Die ukrainischen Frauen sind Heldinnen."

In ihren Ansprachen erinnerten Papst und Erzbischof auch an Kardinal Josyf Slipyi (1892-1984), der nach seiner Freilassung aus einem sibirischen Lager 1963 lange in Rom wirkte und dort in den 60er Jahren die Kirche Santa bauen ließ. Für viele Ukrainer sei sie das Gotteshaus schlechthin gewesen, da in ihrer Heimat viele Kirchen zerstört waren, erklärte Schewtschuk.

Papst: "Jeder Tag endet und beginnt 'auf Ukrainisch'"

Der Besuch von Franziskus war der dritte eines Papstes in der Kirche der Ukrainer. 1969 weihte Paul VI. (1963-1978) die Kirche. Johannes Paul II. (1978-2005) erhob sie 1984 zur Basilika. Am Ende seiner Ansprache verriet Franziskus noch, dass er "jeden Tag 'auf Ukrainisch' beginne und beende". Von Joseph Tschmil habe er damals in Buenos Aires eine kleine Marienikone geschenkt bekommen.

Die habe ihn sein Leben lang begleitet und hänge jetzt neben seinem Bett im Vatikan. Jeden Abend küsse er die Madonna und grüße sie.


Quelle:
KNA
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