DOMRADIO.DE: Beten für den Frieden und gegen den Krieg in der Ukraine. Das wollen Sie vom KDFB ab heute jeden Freitagabend ab 18 Uhr tun. Wie haben Sie das geplant? Sind das Gebetstreffen oder ist auch jeder Einzelne aufgerufen, sich im Gebet zu dieser bestimmten Zeit mit anderen zu verbinden?
Dorothee Sandherr-Klemp (Geistliche Beirätin des Katholischen Deutschen Frauenbunds / KDFB): Wie eigentlich fast immer beim Katholischen Deutschen Frauenbund hat diese Aktion zwei Dimensionen. Zum einen ist das die Dimension des Gebets, zu dem wir uns eben jetzt an jedem Freitagabend zusammenfinden. Das kann ganz individuell sein. Das kann in kleinen Gruppen sein, das kann im Zweigverein sein oder das kann auch ein Gebet alleine sein. Wir entzünden eine Kerze und sprechen ein Friedensgebet.
Das ist die eine Seite, und die ist uns auch wirklich ganz wichtig. Denn Beten führt aus dem Verstummen. Beim Beten geht es darum, die eigene Stimme wiederzufinden, nicht zu schweigen. Und Beten verbindet Menschen. Das ist auch eine wichtige Dimension unseres Handelns.
Und die andere Dimension ist tatsächlich die der Solidarität. Wir haben hier zwei Partner, zwei Adressen, für die wir zu Spenden aufrufen.
DOMRADIO.DE: Es gibt ja durchaus Leute, die sagen: Beten ist schön und gut, aber gegen den Krieg - das ist doch ganz schön naiv. Was sagen Sie dazu?
Sandherr-Klemp: Es gibt tatsächlich eine Realebene, auf der kann man das auch wirklich annehmen. Aber ich finde, gerade wenn wir in unsere eigene jüngste oder jüngere deutsche Geschichte schauen, dann ist ja von einem Gebet, nämlich vom Montagsgebet in Leipzig, eine ganz große Veränderung ausgegangen. Ich denke tatsächlich, Beten ist vielschichtig. Was uns auch wichtig ist: Beim Beten die eigene Stimme wiederfinden, Unrecht zu benennen, im Beten Leid zu benennen.
DOMRADIO.DE: Tatsächlich haben Sie vom Frauenbund da auch eine ganz lange Tradition, was solche Friedensgebete angeht.
Sandherr-Klemp: Ja, genau. Mitten im Ersten Weltkrieg, als das grausame Töten einen Höhepunkt erreicht hatte, hat unsere damalige Präsidentin Hedwig Dransfeld die Vorstellung: Es muss ein Mahnmal gegen den Krieg und für den Frieden gebaut werden. Es ist tatsächlich eine Frauen-Friedenskirche entstanden, mit wirklich spannenden Fundraising-Projekten. Das Geld ist in der Inflation dann erstmal wieder weg gewesen.
Und 1929 ist in Frankfurt die Frauen-Friedenskirche eingeweiht worden. Seitdem gibt es einfach eine ganz starke Frauen-Friedenstradition mit Wallfahrten, aber auch mit Gebeten, mit Stellungnahmen. Das gehört eben auch zu unserem Frauenbund.
DOMRADIO.DE: Viele Frauen kommen als Geflüchtete zu uns nach Deutschland und da appellieren Sie direkt an Ihre Mitglieder. Was wünschen Sie sich von denen?
Sandherr-Klemp: Wir haben hier zwei große Player, zwei Partner, benannt. Hier geht es natürlich erst einmal um Spenden. Und zwar haben wir auf der einen Seite Renovabis mit dem Blick auf die in der Ukraine gebliebenen Menschen, auf die Hochbetagten, auf die Kranken, auf die Menschen, die die Ukraine verteidigen müssen. Da geht es einfach um ganz reale Dinge wie Isomatten, um alles, was gebraucht wird, um auch in den Bunkern, in den Kellern zu überleben. Das ist einerseits der Blick auf die Menschen, die im Land bleiben müssen - aus welchen Gründen auch immer - weil sie ihre Familie, ihre Angehörigen aufgrund hoher Vulnerabilität nicht verlassen wollen.
Und das andere ist - da knüpfen wir auch wieder an unsere eigene Frauenbundtradition an - wir wollen die Bahnhofsmissionen unterstützen. Denn die Bahnhofsmissionen sind ja wirklich Dreh- und Angelpunkt für die mittlerweile drei Millionen Geflüchteten. Das ist insofern unsere eigene Tradition, als die Gründerin des bayerischen Landesverbands des KDFB die erste Bahnhofsmission gegründet hat, sozusagen als Empfang für die jungen Frauen, die damals 1897 aus den Dörfern in die große Stadt strömten, die genau wie heute wieder üblen Interessen und Ausbeutung ausgesetzt waren.
DOMRADIO.DE: Geflüchtete Frauen laufen eben auch Gefahr, Opfer von Menschenhändlern zu werden. Wie schätzen Sie das ein? Da kommen auch wieder die Bahnhofsmission ins Spiel.
Sandherr-Klemp: Ja, das ist tatsächlich ganz entscheidend, dass es hier sichere Schutzräume gibt, dass es vor allem Informationen gibt, dass Frauen aufgeklärt werden, dass eben nicht alle Angebote des Transports wohlmeinend sind.
Vor allem müssen alle Menschen registriert werden. Das verschafft ihnen Sicherheit und später auch Zugang - etwa zum Kindergarten und zu psychosozialer Versorgung, wie wir ja auch in der Stellungnahme "Frieden finden und bewahren" jetzt am Wochenende bei unserem Bundesausschuss gefordert haben.
Das Interview führte Hilde Regeniter.