Freiburger Münstersteine werden zu Grabmalen

Ein Hauch von Ewigkeit

Das Freiburger Münster ist Wahrzeichen und im Breisgau allgegenwärtiger Werbeträger. Jetzt inspiriert die gotische Kathedrale auch neue Formen der Grabgestaltung.

Autor/in:
Volker Hasenauer
Vorzeigeprojekt des Freiburger Münsterbauvereins / © Harald Oppitz (KNA)
Vorzeigeprojekt des Freiburger Münsterbauvereins / © Harald Oppitz ( KNA )

Die deutschen Friedhöfe sind im Wandel. Den Niedergang traditioneller Bestattungskultur beklagen die einen, andere begrüßen neue Freiheiten und Grabformen wie Baumbestattungen oder Gemeinschaftsgräberfelder. Der bis vor wenigen Jahrzehnten fast alternativlose, handwerklich gestaltete Grabstein auf großem Einzelgrab wurde zum Auslaufmodell.

Ein Vorzeigeprojekt des Freiburger Münsterbauvereins gemeinsam mit einem Bildhauer und einem Friedhofsgärtner will nun neu für den künstlerischen Wert handwerklich gefertigter Grabmale und individuell bepflanzter Gräber begeistern.

Verschiedene Entwürfe

Der Clou: In die Grabsteine werden Originalsandsteine vom Freiburger Münster eingearbeitet, die dort im Zuge der Restaurierung ersetzt werden mussten. Im Hof und Lager der Münsterbauhütte lagern Dutzende solcher roter Steinelemente und Ornamente: Bogen- und Fensterstücke, Maßwerkteile oder Zierelemente wie die für das Freiburger Wahrzeichen typischen "Krabben".

Und genau hier beginnt die Arbeit von Michael Storr. Der Freiburger Steinmetz, der das Projekt federführend entwickelt hat, sucht gemeinsam mit Interessenten im ausführlichen Beratungsgespräch ein passendes Stück aus und skizziert dann verschiedene Entwürfe für mögliche Grabmale.

Bewusste Kontraste

"Eine Variante ist, die vorgefundenen Formen und den Original-Sandstein im gesamten Grabstein fortzuführen. Manchmal ergibt sich der Reiz auch durch bewusste Kontraste in Form und Material, etwa wenn die rötliche Sandsteinkrabbe auf eine graue Granitsäule gesetzt wird", so Storr, der sein Steinmetz-Handwerk in der Münsterbauhütte gelernt hat.

Unscheinbar auf einem Handwagen festgezurrt liegen in Storrs Werkstatt am Hauptfriedhof gerade zwei Sandsteinelemente, die sich Kunden in der Bauhütte ausgesucht haben: ein elegant geschwungener gotischer Bogen und ein Zierstück vom Münsterturm. Daraus entstehen in den kommenden Wochen zwei neue Grabmale.

Natürlichen Elemente

Friedhofsgärtner Klaus Sandler wird dann das von der gotischen Kathedrale inspirierte Grabmal mit individuell geplanter Bepflanzung ergänzen. "Wir wollen dabei auch eine Brücke vom Friedhof zurück in die Natur und damit zurück ins Leben schlagen", erklärt er. Er hat Musterbepflanzungen mit den am und im Münster dargestellten Pflanzen entwickelt. "Viele gotische Ornamente beruhen auf natürlichen Elementen." Also pflanzt der Gärtner Pfingstrosen, Weinranken oder Narzissen, Schwertlilien und Stechpalme. Mit kleinen Buchshecken formt er Rundbögen oder gotische Fenster auf dem Grab nach.

"Ich verstehe das Projekt auch als Versuch, die Bedeutung und den kulturellen Wert des Friedhofs für eine städtische Gesellschaft neu ins Bewusstsein zu bringen", so Sandler. Er will Alternativen zu Urnenbeisetzungen auf Rasenfeldern aufzeigen.

Verkörperte Ewigkeit

Die ersten Kunden haben sich bereits für das Münster-Grabmal entschieden - trotz der nicht geringen Kosten. Allein ein geeigneter Münsterstein kostet leicht mehr als tausend Euro, die direkt in den Etat zur Finanzierung der aktuellen Münstersanierung fließen. Hinzu kommen fünfstellige Bildhauerkosten. Genaue Summen wollen Gärtner wie Bildhauer nicht öffentlich nennen.

Münsterbaumeisterin Yvonne Faller beobachtet bei vielen Freiburgern eine starke Identifikation mit dem Münster und seinem vielzitierten "schönsten Turm der Christenheit". Sie sagt: "Oft steckt auch das Bewusstsein dahinter, dass ein Stein des Münsters Dauer, ja vielleicht sogar Ewigkeit verkörpert. Es ist ein Verweis über die eigene Endlichkeit hinaus." Und sie garantiert, dass keineswegs bedeutende mittelalterliche Steine zum Ausverkauf stünden. "Die kommen nicht auf den Friedhof, sondern ins Museum."

 


Quelle:
KNA