Im Cowboystaat Montana kehrt Leben in die Kirchen zurück. Seit Ende April erlaubt das katholische Bistum "Great Falls - Billings" den Gemeinden, wieder Gottesdienste zu feiern. Allerdings mit Einschränkungen, die an lieb gewonnenen Traditionen rühren. Tabu bleibt der Friedensgruß per Handschlag. Der Kelch darf bei der Feier der Kommunion nicht geteilt und die Hostie nicht auf der Zunge empfangen werden.
Seit Gouverneur Steve Bullock grünes Licht für die Lockerungen in dem dünn besiedelten Bundesstaat im Westen der USA gab, tastet sich die Diözese mit ihren 100 Kirchen und 35.000 Katholiken langsam in die Normalität zurück.
Neustart der öffentlichen Gottesdienste
Auch andernorts in den USA versucht die katholische US-Kirche den Neustart der öffentlichen Gottesdienste. Politisch und juristisch ist der Weg der Kirchen aus der Quarantäne ein heikles Thema. Was erklärt, warum die US-Gesundheitsbehörde CDC vergangene Woche konkrete Richtlinien für Unternehmen, Schulen, den Nahverkehr oder Restaurants veröffentlichte, nicht aber für Religionsgemeinschaften.
Genauer gesagt, drängte das Weiße Haus darauf, einen entsprechenden Absatz mit Vorgaben wieder aus den Richtlinien herauszunehmen. Dem Vernehmen nach bestanden Bedenken, ob bestimmte Sicherheitsauflagen für Kirchen das Verfassungsrecht auf Religionsfreiheit gefährden könnten. "Der Schutz vor religiöser Diskriminierung wird während eines Notfalls nicht ausgesetzt", so der Direktor für Bürgerrechte im Gesundheitsministerium, Roger Severino.
Drängen auf Öffnung der Kirchen
US-Präsident Donald Trump sprach schon zu Beginn der Pandemie davon, "zu Ostern wieder volle Kirchen zu sehen". Angesichts von mehr als 1,5 Millionen Infizierten und über 90.000 COVID-19-Toten sind die USA nach Ansicht von Experten immer noch weit davon entfernt.
Dennoch drängen vor allem Evangelikale darauf, die Gotteshäuser zu öffnen. Mehr als ein Dutzend evangelikaler Gemeinden klagte gegen Versammlungsverbote und Auflagen beim Gottesdienst, die Gouverneure einzelner Bundesstaaten verfügt hatten. Deren Anordnungen seien ein Angriff auf die Religionsfreiheit.
Aber: Forderung nach Ausschluss der Haftung
Scheinbar im Widerspruch dazu steht das Drängen der Evangelikalen, von der Haftung ausgenommen zu werden, wenn die Infektionsketten zurück in die Gotteshäuser führen. Fast 300 überwiegend evangelikale Kirchenführer schrieben vergangene Woche an den Justizausschuss im US-Senat und forderten Immunität. Schadenersatzforderungen könnten einzelne Gemeinden finanziell ruinieren.
Zu den Unterzeichnern gehören prominente Evangelikale wie Franklin Graham, der Präsident des "Family Research Council", Tony Perkins, und der prominente Prediger der Southern Baptist Albert Mohler. Säkulare Experten sehen das grundverschieden. Der Schutz vor Haftungsansprüchen wäre ein "gefährlicher Freifahrschein" zulasten der Gesellschaft, so der Juraprofessor der Georgia State University, Timothy Lytton.
Online Gottesdienste mit großem Zuspruch
Auch wenn viele Gläubige das Gemeinschaftsgefühl in den letzten Wochen schmerzlich vermissten, hielten sie ihren Kirchen in der Pandemie die Treue. Mehr als 80 Prozent der regelmäßigen Gottesdienstbesucher gaben einer Pew-Umfrage zufolge an, online dabei gewesen zu sein. Unter diesen sagt jeder Zweite, der Glaube sei dadurch noch stärker geworden.
Sogar die Generation der über 65-Jährigen zeigte keine Berührungsängste mit dem Gottesdienst via Zoom und schaltete sich ebenso wie die Jüngeren regelmäßig per Mausklick zu.
Darauf setzten Gemeinden weiterhin, die wie in der Diözese "Great Falls-Billing" vorsichtig wieder öffnen. Am ersten Sonntag nach Beginn der Lockerungen trauten sich erst rund ein Viertel der Gläubigen wieder zurück in ihre Kirchen. Vor allem ältere und kranke Gemeindemitglieder blieben zu Hause und zeigten sich dankbar dafür, per Livestream im Internet am Gottesdienst teilnehmen zu können.