"Es handelt sich nicht um eine Kopie des Papstschreibens", sagte Kurienerzbischof Paul Gallagher bei der Vorstellung des neuen Textes. Die 227 Seiten unter dem Titel "Auf dem Weg zur Sorge für das gemeinsame Haus" enthielten konkrete Praxisbeispiele, wie die Anregungen des Kirchenoberhauptes umgesetzt werden könnten.
Die verschiedenen Initiativen seien mithilfe katholischer Institutionen in aller Welt zusammengestellt worden, so der Außenbeauftragte des Vatikan. Es gehe um die Vermeidung von Umweltverschmutzung, den Umstieg auf erneuerbare Energie, nachhaltiges Wirtschaften oder Bildungsprojekte.
Im Kapitel zum Thema Finanzen wird dazu aufgerufen, nicht in Unternehmen zu investieren, "die gewisse Kriterien nicht erfüllen". Dazu zählen unter anderem Achtung der Menschenrechte, Ausschluss von Kinderarbeit sowie Umweltschutzvorgaben. Inakzeptabel seien Investments in Zusammenhang mit Abtreibung, Waffenherstellung oder fossilen Brennstoffen. Besonderer Schutz müsse für empfindliche Ökosysteme wie den Amazonas-Regenwald gelten. Die Belange der dortigen indigenen Völker seien unbedingt zu respektieren.
Auch auf soziale Aspekte wie menschenwürdige Arbeit und gerechte Löhne gehen die Ausführungen ein. Aloysius John, Generalsekretär des Dachverbandes Caritas Internationalis, fordert einen "Systemwechsel hin zu mehr Gerechtigkeit".
Vatikan verstärkt Klimaschutz-Engagement
Erzbischof Gallagher gab bei der Pressekonferenz einen weiteren Vorstoß in Sachen Klimaschutz bekannt: Der Heilige Stuhl werde in Kürze die Kigali-Änderungen zum Montreal-Protokoll unterzeichnen. Papst Franziskus hatte diesen Schritt bereits im November angekündigt.
Die sogenannten Kigali-Änderungen von 2016 zielen auf eine Reduktion von Fluorkohlenwasserstoffen, die zwar nicht die Ozonschicht angreifen, aber für den Treibhauseffekt mitverantwortlich sind. Das Protokoll von Montreal ist ein internationaler Umweltvertrag, der die Umsetzung des Wiener Ozon-Abkommens von 1985 regelt. Das Protokoll war 1987 unterzeichnet worden und trat 1989 in Kraft. Der Heilige Stuhl trat dem Abkommen und dem Protokoll als einer der letzten Unterzeichner bei.
Mit Blick auf die Corona-Pandemie betonte Vatikansprecher Matteo Bruni, dass Laudato si dadurch noch an Bedeutung gewonnen habe. Er zitierte den Papst mit den Worten: "Wir haben unerschrocken weitergemacht in der Meinung, dass wir in einer kranken Welt immer gesund bleiben würden." Umso wichtiger sei nun, endlich neue Wege einzuschlagen. Einige Möglichkeiten, wie diese Umkehr gestaltet werden könnte, seien in dem neuen Dokument aufgelistet. Es richte sich vor allem an Katholiken, Kirchenmitarbeiter und nicht zuletzt an Regierungen weltweit, die zu einem Wandel beitragen wollten.
Erste päpstliche Umweltenzyklika
Das 2015 veröffentlichte Schreiben "Laudato si" gilt als erste päpstliche Umweltenzyklika. Sie ist zugleich eine "grüne Sozialenzyklika", mit der Franziskus eine "ganzheitliche Ökologie" aus Sicht der Ärmsten vertritt. Laut Franziskus kann man über Umweltschutz nicht sprechen, ohne soziale Gerechtigkeit, das globale Wirtschaftssystem, die Flüchtlingsproblematik und die Menschenrechte in den Blick zu nehmen.