Bischöfe appellieren in der Pandemie an die Gemeinschaft

Für ein neues Miteinander

Unter dem Eindruck der Corona-Pandemie haben Christen in Deutschland das Weihnachtsfest gefeiert. Vielerorts waren öffentliche Gottesdienste wegen der hohen Infektionszahlen ganz abgesagt oder die Teilnehmerzahlen stark begrenzt worden. 

Bischof Georg Bätzing vor dem Logo der Deutschen Bischofskonferenz / © Harald Oppitz (KNA)
Bischof Georg Bätzing vor dem Logo der Deutschen Bischofskonferenz / © Harald Oppitz ( KNA )

Bistümer, Landeskirchen und Gemeinden luden stattdessen zu Online-Gottesdiensten ein, um an die Geburt Jesu zu erinnern. In ihren Weihnachtspredigten riefen viele Bischöfe zu gesellschaftlichem Zusammenhalt auf.

Erstmals in der Geschichte des deutschen Fernsehens wandten sich die obersten Repräsentanten der beiden großen Kirchen an Heiligabend nach der ARD-Tagesschau mit einem Ökumenischen Wort zur Corona-Krise an die Zuschauer. Darin ermunterten der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, und der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, die Bürger, die Krise als "Einladung zum bewussten Leben" und als "Aufforderung zu einem neuen Miteinander" zu nehmen. Es sei wichtig, auch in diesen Tagen Rücksicht aufeinander zu nehmen und so menschliches Leben zu schützen.

Bätzing übte am ersten Weihnachtstag scharfe Kritik am Umgang mit Flüchtlingen. Es sei "für Europa wahrlich eine Schande", dass man nicht zu einer gemeinsamen Asylpolitik "als einzig richtiger Antwort auf die weltweite Migration" finde, sagte der Limburger Bischof. Wegen der hohen Aufmerksamkeit für die Pandemie liege "das Flüchtlingsdrama inmitten der freien und wohlhabenden Welt wieder im Schatten".

Marx: "Gott ist da"

Der Münchner Kardinal Reinhard Marx betonte, Gott sei gegenwärtig insbesondere in der Corona-Zeit. "Er ist da: auf den Intensivstationen und in den Pflegeheimen, er ist zu Hause bei den Obdachlosen, bei denen auf der Flucht und bei den Kindern auf der Insel Lesbos", so der ehemalige Vorsitzende der Bischofskonferenz.

Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck rief zu mehr Ehrlichkeit in Politik und Gesellschaft auf. "Wenn Menschen Unwahrheiten immer wieder als Wahrheiten ausgeben und somit mit falschen Worten Wirklichkeiten zu konstruieren versuchen, hat das oft fatale Folgen."

Neymeyr: Weihnachten Wendepunkt in der Pandemie

Der Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr bezeichnete das diesjährige Weihnachtsfest als möglichen Wendepunkt in der Pandemie. In diesem Jahr sei es "für alle Menschen ein Fest der Hoffnung, dass die dunklen Tage der Bedrohung durch das Coronavirus und der Infektionsschutzmaßnahmen bald zu Ende gehen, dass der Höhepunkt der Pandemie erreicht ist und die Bedrohung abnimmt und sogar ganz verschwindet".

In Hannover feierten der katholische Bischof Heiner Wilmer und der evangelische Landesbischof Ralf Meister einen Weihnachtsgottesdienst in der Kultgaststätte "Klickmühle". In der an Heiligabend auf Youtube veröffentlichten Aufzeichnung nahmen sie Bezug auf die Sorgen und Nöte der Bevölkerung in der Corona-Krise.

Kohlgraf und die "letzten Christen"

Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf rief die Christen in Deutschland dazu auf, sich stärker auf die Wurzeln ihres Glaubens zu besinnen. Sonst bestehe die Möglichkeit, dass sie zu den "letzten Christen" hierzulande würden, sagte Kohlgraf am zweiten Weihnachtsfeiertag.

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki sagte, Weihnachten erinnere an die Verbundenheit Gottes mit den Menschen. In einem persönlichen Wort äußert sich Woelki in der Christmette im Kölner Dom auch zum Verhalten des Erzbistums bei der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen. Er bitte um Verzeihung, "was die von sexueller Gewalt Betroffenen und Sie in den letzten Tagen und Wochen vor Weihnachten im Zusammenhang mit dem Umgang des Gutachtens zur Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt in unserem Erzbistum, was sie an der Kritik darüber und insbesondere auch an der Kritik an meiner Person ertragen mussten".

Berliner Erzbischof denkt zu Weihnachten bereits an Ostern

Der Berliner Erzbischof Heiner Koch rechnet offenbar auch bei Oster-Gottesdiensten im nächsten Jahr noch mit Einschränkungen wegen der Corona-Pandemie. Er habe Zweifel daran, dass man sehr schnell wieder gemeinsame und lebendige Gottesdienste feiern werde, sagte Koch am Freitagabend im rbb-Fernsehen. Deshalb bereite man sich darauf vor, "dass es auch zu Ostern wahrscheinlich noch begrenzt laufen wird".

Die Kirchen könnten zum Fest der Auferstehung Jesu jedoch auf die Erfahrungen aus der Zeit des Festes der Geburt Jesu zurückgreifen - etwa, was die Auflagen und Hygienebestimmungen für Gottesdienste angehe. Viele Kirchengemeinden übertragen Gottesdienste zudem ins Internet. Bei Online-Gottesdiensten wachse "eine gute Routine und Professionalität". Zwar fehle bei den digitalen Angeboten das Gemeinschaftserlebnis, sie seien aber keine "Einbahnstraße". Er bekomme viele Rückmeldungen mit Anregungen und Ideen - "es ist lebendiger, als ich dachte", sagte Koch.

Bischof Meier bei Diakonenweihe: Kirche muss parteiisch sein

Der Augsburger Bischof Bertram Meier hat am zweiten Weihnachtstag zwei Männer zu Ständigen Diakonen geweiht. Bei der Feier im Augsburger Dom sagte der Bischof: "Wollen wir als Kirche die im Evangelium überlieferte Botschaft Jesu nicht verraten, müssen wir parteiisch sein, das heißt den Menschen in Not zur Seite stehen."

Die Corona-Krise mache diesen Auftrag noch dringender, denn: "Verschwörungstheoretiker und Verharmloser, aber auch Dramatisierer und Unheilspropheten suchen zunehmend ihre Bühne und finden sie - nicht nur bei den sogenannten Querdenkern in der Gesellschaft, sondern auch im Innern der Kirche."

Genn dankbar für Impfstoff

Der Münsteraner Bischof Felix Genn hat Coronakritiker zu mehr Besonnenheit in der Debatte um die Covid-19-Pandemie und die
neu entwickelten Impfstoffe angemahnt. "Ich bin, bei aller Kontroverse, dankbar, dass wir Menschen fähig sind, so etwas wie
einen Impfstoff zu entwickeln", sagte Genn am ersten Weihnachtstag in Münster. "Wir haben Teil an Gottes Vollmacht der Schöpfung. Klug und
dankbar dürfen wir sein."


Screenshot: Bischof Georg Bätzing / © nn (dpa)
Screenshot: Bischof Georg Bätzing / © nn ( dpa )

Heinrich Bedford-Strohm / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Heinrich Bedford-Strohm / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

Reinhard Kardinal Marx / © Harald Oppitz (KNA)
Reinhard Kardinal Marx / © Harald Oppitz ( KNA )

Bischof Franz-Josef Overbeck / © Harald Oppitz (KNA)
Bischof Franz-Josef Overbeck / © Harald Oppitz ( KNA )

Bischof Ulrich Neymeyr / © Dominik Wolf (KNA)
Bischof Ulrich Neymeyr / © Dominik Wolf ( KNA )

Heiner Wilmer, Bischof von Hildesheim / © Harald Oppitz (KNA)
Heiner Wilmer, Bischof von Hildesheim / © Harald Oppitz ( KNA )

Bischof Kohlgraf (DR)
Bischof Kohlgraf / ( DR )

Kardinal Woelki (DR)
Kardinal Woelki / ( DR )

Heiner Koch, Erzbischof von Berlin / © Harald Oppitz (KNA)
Heiner Koch, Erzbischof von Berlin / © Harald Oppitz ( KNA )

Bischof Bertram Meier / © Karl-Josef Hildenbrand (KNA)
Bischof Bertram Meier / © Karl-Josef Hildenbrand ( KNA )

Bischof Felix Genn / © Andreas Oertzen (KNA)
Bischof Felix Genn / © Andreas Oertzen ( KNA )
Quelle:
KNA , epd