Erzbischof Georg Gänswein zeigt aktuell eine neue Seite: Er will - wie am Wochenende bei einem Gottesdienst in Bochum - nicht mit Journalisten reden.
Auch das Erzbistum Freiburg, aus dem Gänswein stammt und das ansonsten für schnelle und klare Kommunikation bekannt ist, mag zur delikaten Personalie um die künftige Verwendung des früheren Papst-Sekretärs nichts sagen.
Doch wenn es stimmt, was die "Welt" unter Berufung auf "mehrere hochrangige Kirchenquellen" meldete, bleiben Gänswein nur noch wenige Wochen, um Rom zu verlassen. Papst Franziskus wies ihn demnach in einer Privataudienz am 19. Mai an, bis 1. Juli in sein deutsches Heimatbistum zurückzukehren.
Blick ins Kirchenrecht
Kirchenrechtlich betrachtet ist die Lage ziemlich klar: Jeder Priester muss einem Bistum oder einem Orden zugeordnet sein. Der Fachbegriff dafür heißt Inkardination. Auch während seiner langen Zeit in Rom gehörte Gänswein immer zum Erzbistum Freiburg. Insofern besteht die Versorgungspflicht der badischen Diözese ihm gegenüber weiter - sie wurde nie unterbrochen.
Schwieriger zu beantworten ist, ob Gänswein gegenüber Erzbischof Stephan Burger der Gehorsamspflicht unterliegt, der sich Priester mit ihrer Weihe grundsätzlich unterwerfen. Beide sind schließlich Erzbischöfe. Doch kann Gänswein innerhalb der Erzdiözese nicht machen, was er will, der Chef heißt Burger.
Insofern bleibt, was in Konfliktsituationen helfen kann: miteinander reden. Dabei kann Burger von Gänswein nichts verlangen und Gänswein von Burger nichts einfordern. Mutmaßlich müssen die beiden Kirchenrechtler diese Gespräche direkt führen - und wahrscheinlich laufen die Unterredungen bereits. Ein Ergebnis ist bislang nicht bekannt.
Welche neue Rolle füllt Gänswein aus?
Burger dürfte ein Interesse daran haben, dass der medial dauerpräsente Gänswein mit einer neuen Rolle einverstanden ist. Doch selbst, wenn sich beiden auf ein statusgerechtes neues Betätigungsfeld einigen, bleibt ein Problem: Wird Gänswein seinen Bekanntheitsbonus nutzen, um sich weiter zu kirchenpolitischen Fragen zu äußern - etwa zu dem von ihm kritisch beäugten Reformprozess Synodaler Weg? Das wäre vielen nicht recht.
Oder nimmt Gänswein zu Burgers Umstrukturierungsplänen für das Erzbistum Stellung? Sie sehen vor, dass ab 2026 zwischen Bodensee und Odenwald aus rund 1.000 Pfarreien 36 Großpfarreien werden. Solche Fragen dürften dem ehemaligen Papstsekretär eher fern liegen. Zudem kann er davon ausgehen, dass seine konservativen Positionen beim meist als liberal geltenden badischen Seelsorgepersonal wenig Zustimmung finden werden.
Vor ein paar Wochen war noch darüber spekuliert worden, ob Gänswein einen Posten als Papstbotschafter in Costa Rica bekommt. Auch diese Lösung hätte ihren Charme gehabt: weit weg von Rom und weit weg von Freiburg. Doch der Papst hat wohl anders entschieden.