Angesichts anhaltend hoher Kirchensteuer-Einnahmen in der evangelischen und katholischen Kirche ist der Finanz-Experte Fabian Peters dem Eindruck entgegengetreten, als hätten Mitgliederschwund und Teuerung für die Kirchenfinanzen keine Folgen.
"Es mag sein, dass wir bundesweit nominale Rekordeinnahmen verzeichnen", sagte der Ökonom und Leiter des Kompetenzzentrums Statistik und Datenanalyse der Evangelischen Landeskirche in Württemberg dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Durch
Mitgliederverluste und Preissteigerungen ist die finanzielle Power aber zurückgegangen."
Rekordhoch durch Wirtschaftswachstum des vergangenen Jahrzehnts
Peters ist Co-Autor der 2019 veröffentlichten "Freiburger Studie", welche die Kirchenmitglieder- und Kirchensteuerentwicklung bis 2060 projiziert. 2021 verloren die beiden großen Kirchen in Deutschland auch durch erhöhte Austrittszahlen jeweils mehr als eine halbe Million Mitglieder. Dennoch stiegen die Einnahmen auf katholischer Seite 2021 auf rund 6,73 Milliarden Euro, wie die Deutsche Bischofskonferenz am Donnerstag mitgeteilt hatte. Sie erreichten damit fast das Rekordniveau von 2019. In den evangelischen Landeskirchen betrugen die Einnahmen 2021 rund sechs Milliarden Euro und erreichten damit ebenfalls ein Rekordhoch.
Die gestiegenen Einnahmen resultierten aus dem enormen Wirtschaftswachstum des vergangenen Jahrzehnts, erläuterte Peters. Die Kirchensteuer sei an die staatliche Einkommenssteuer geknüpft. "Diese ist seit 2010 um 79 Prozent gestiegen. Die Kirchensteuer ist aber nur halb so stark gewachsen", gab der Ökonom zu bedenken. "Diese 50 Prozent weniger Wachstum sind auf Kirchenaustritte zurückzuführen." Zusätzlich ergebe sich durch die Inflation allein seit 2019 ein Kaufkraftverlust von etwa zehn Prozent. "Unsere Ausgaben für Personal und Gebäude steigen stärker als die Kirchensteuer."
Indes hätten sich die pandemiebedingten Steuerausfälle langfristig kaum auf die Kirchensteuer-Einnahmen ausgewirkt, sagte Peters weiter. Die deutsche Wirtschaft habe sich 2021 viel schneller erholt als erwartet.
"Es sieht aber so aus, als würden wir auf schwierigere Zeiten zugehen", sagte der Finanzexperte. Selbst das staatliche Steueraufkommen könne die Inflation mittelfristig nicht mehr ausgleichen oder gar übersteigen. "Dies trifft uns Kirchen dann noch einmal härter. Zudem beobachten wir weiterhin hohen Austrittszahlen." Diese drohten angesichts der fortdauernden öffentlichen Diskussion über sexuellen Missbrauch in den Kirchen hoch zu bleiben.