DOMRADIO.DE: Sie arbeiten derzeit im katholischen St. Nepomuk Krankenhaus in Erfurt? Wie ist die Lage bei Ihnen?
Julia Braband (Krankenschwester und Theologiestudentin): Wir haben ganz großes Glück in Erfurt, im Moment ist es noch sehr entspannt. Wir hatten ganz viele Verdachtsfälle, die sich aber nicht bestätigt haben. Gestern hatten wir dann den ersten bestätigten Fall bekommen. Da merkt man dann schon sehr, dass die Anspannung bei einem selbst auch viel größer wird. Bis jetzt war das eher unterschwellig, jetzt ist es wirklich auch angekommen. Es ist da, irgendwie auch greifbar.
DOMRADIO.DE: Im Moment versucht sich jeder zu schützen, und sich möglichst vom Virus fern zu halten. Für Sie ist das nicht möglich, Sie müssen zu den Erkrankten. Schutzmasken, zum Beispiel, sollen eine Infektion ja auch nicht verhindern können. Welche Vorkehrungen treffen Sie denn, um sich nicht zu infizieren?
Braband: Also wir sind auf einer eigens eingerichteten Station. Die psychiatrische Station unseres Krankenhauses ist komplett verlegt worden. Das heißt wir kommen auch gar nicht in Kontakt mit den anderen Patienten, die noch im Krankenhaus sind.
Wir versuchen uns immer gut zu desinfizieren. Wir tragen Schutzmasken, allerdings muss man auch da sagen, dass es wirklich knapp wird im Moment. Wir warten seit ganz langer Zeit auf eine neue Lieferung, aber ich glaube das geht allen Krankenhäusern so. Ansonsten: Ganz normal, Schutzkittel und Handschuhe. Wir versuchen möglichst wenig zu den Patienten rein zu gehen, um einfach eine Ansteckungsgefahr zu verringern, und wirklich auch nur das Nötigste mit rein zu nehmen in die Zimmer, damit möglichst wenig auch auf der Station an sich liegt.
DOMRADIO.DE: Gehen Sie mit einem mulmigen Gefühl in die Klinik im Moment?
Braband: Nein, das würde ich nicht sagen. Ich fühle mich relativ sicher auf der Station und ich denke wir haben das große Glück, dass wir wissen, dass die Patienten Corona haben könnten. Ich denke meine Kolleginnen und Kollegen auf den anderen Stationen sind weniger geschützt, weil es oftmals ja gar nicht klar ist, ob es Kontakte gibt oder ob jemand infiziert ist.
DOMRADIO.DE: Gibt es auch positive Erlebnisse auf der Corona-Station?
Braband: Total. Wir haben ein komplett neu zusammengewürfeltes Team aus allen Fachrichtungen. Das ist unheimlich spannend. Man lernt ganz viel neues kennen. Es ist wie eine andauernde Fortbildung. Die schönsten Momente sind aber, wenn die Tests kommen und sie sind negativ. Dann geht man zum Patienten rein, ohne Schutzkleidung und die Patienten freuen sich einfach so sehr, das ist ein ganz wunderbares Gefühl.
DOMRADIO.DE: Nun sind Sie nicht nur Krankenschwester, sondern auch Theologiestudentin, Sie sitzen im Rat des Lutherischen Weltbundes. Wie schauen Sie von der theologischen Seite auf dieses Thema und Ihren Einsatz?
Braband: Für mich war klar, als ich gehört habe, dass Freiwillige gesucht werden, dass ich mich melde. Dafür habe ich den Beruf Krankenschwester gelernt. Ich wusste, dass auch mein Studium ausgesetzt ist. In dem Moment dachte ich: Da muss keine von unseren älteren Krankenschwestern arbeiten – bei mir auf Station ist das Durchschnittsalter eher hoch. Die gehören alle schon quasi fast selbst in die Risikogruppe.
Wir haben so viele junge Menschen auf Arbeit. Deswegen war das für mich absolut klar zu helfen. Es ist eine Selbstverständlichkeit, finde ich, dass wir die schützen, die besonders Schutz brauchen. Das kommt ganz klar aus meiner christlichen Erziehung und meinem Grundverständnis von Glauben heraus, dass ich mich engagiere.
Das Gespräch führte Verena Tröster.