Für Sternberg ist Vatikan-Brief zum Synodalen Weg irrelevant

"Schon wieder so eine Klarstellung"

Als Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken war Thomas Sternberg maßgeblich an der "Geburt" des Synodalen Weges beteiligt. Umso erstaunter ist er nun über das erneute maßregelnde Schreiben aus Rom. Das laufe ins Leere.

Thomas Sternberg / © Julia Steinbrecht (KNA)
Thomas Sternberg / © Julia Steinbrecht ( KNA )

DOMRADIO.DE: Ist der Synodale Weg in Deutschland mit diesem Schreiben aus Rom jetzt zu Ende?

Prof. Thomas Sternberg (Ehemaliger Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken): Selbstverständlich nicht. Das ist mal wieder so ein Querschläger, der offensichtlich im Sommerloch zu erwarten ist. Das hatten wir 2020, dass hatten wir 2021. Jetzt kommt schon wieder so eine Klarstellung des Heiligen Stuhls, von der keiner weiß, wer das eigentlich geschrieben und unterschrieben hat. Und es ist eine Klarstellung, die völlig verpufft.

Detail der Statue St. Peter, die sich vor dem Eingang der Kathedrale von St. Peter, Vatikan. / © Paolo Gallo (shutterstock)
Detail der Statue St. Peter, die sich vor dem Eingang der Kathedrale von St. Peter, Vatikan. / © Paolo Gallo ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Was bedeutet dieser Brief für die Arbeit der Laien und der Bischöfe?

Sternberg: Was da steht, ist alles selbstverständlich. Das läuft ins Leere. Der Hinweis auf den Brief des Papstes, den er uns geschrieben hat, ist wirklich überflüssig. Denn kein Dokument wurde so ernst und wichtig genommen wie dieser wichtige Brief des Papstes an die Gläubigen. Da hatte er uns damals gesagt, wie seien in einer Zeitenwende, wir sollten neue Fragen suchen, mutig sein und neue Antworten auf die schwierigen Fragen finden, die sich jetzt in dieser Zeit stellen.

Vatikan ruft Kirche in Deutschland zu Einheit mit Weltkirche auf

Der Vatikan hat die katholische Kirche in Deutschland ermahnt, bei ihrem Reformprozess des Synodalen Weges die Einheit mit der Weltkirche zu beachten. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) dokumentiert das am Donnerstag vom Presseamt verbreitete Schreiben in offizieller Übersetzung:

"Erklärung des Heiligen Stuhls:

Dritte Synodalversammlung der deutschen Katholiken / © Sebastian Gollnow (dpa)
Dritte Synodalversammlung der deutschen Katholiken / © Sebastian Gollnow ( dpa )

Jetzt wird noch mal klargestellt, dass dieser Synodale Weg nicht befugt sei, Lehrsätze zu verändern oder Lehrsätze aufzustellen, die die Gesamtkirche betreffen. Das hat aber auch nie jemand behauptet, denn die Satzung des Synodalen Weges sagt eindeutig, dass wir in der Synodalversammlung nur Beschlüsse fassen können, die dann von den jeweiligen Ortsbischöfen in lokales Recht übersetzt werden müssen, sofern sie überhaupt lokal entschieden werden können.

Wir sind selbstverständlich eine Weltkirche, das hat nie irgendjemand bezweifelt. Die Beschlüsse müssen in der Weltkirche, sprich Rom, zu einer Bestätigung vorgelegt werden. Nichts anderes will dieser Synodale Weg.

Aber ich denke, da herrscht offensichtlich doch eine große Nervosität in Rom über den Erfolg dieses Synodalen Weges, der so vielleicht nicht absehbar war.

DOMRADIO.DE: Der Papst hat eine Weltsynode einberufen. Sind die Deutschen mit ihrem Sonderweg vielleicht innerhalb dieses großen Weltsynoden-Prozesses nicht so gewünscht?

Sternberg: Das, was wir hier in Deutschland machen, ist kein Weg, der nun speziell die Synodalen-Fragen in den Mittelpunkt stellen würde, wie das die Weltsynode nächstes Jahr tun wird und wozu dieser Vorbereitungsprozess dient.

Es ist auch kein Weg, der ein Gesamt-Reformprojekt der Kirche wäre, sondern er hat seine Basis eindeutig in dem interdisziplinären Gutachten zum sexuellen Missbrauch durch Kleriker. Das ist ganz wichtig. Es ist ein unterschiedlicher Ansatz, es sind unterschiedliche Themenstellungen.

Aber natürlich ist die Frage nach Macht und Gewaltenteilung etwas, das in den synodalen Prozess oder in den Vorbereitungsprozess für die Weltsynode im kommenden Jahr eingespeist wird.

Deshalb sind in allen Bistümern die Mitglieder der Synodalen Versammlung an den Antworten und an den Empfehlungen beteiligt, die dann nach Rom gegeben werden.

DOMRADIO.DE: In dem Brief aus Rom steht auch, dass Überlegungen der deutschen Laien mit in den Prozess einfließen sollen, der in Rom anläuft. Stimmt Sie das versöhnlich? Reicht Ihnen das?

Prof. Thomas Sternberg

"Man kann Synode machen und zwar anders, als das merkwürdige Kirchenrecht das vorschreibt."

Sternberg: Nein, natürlich nicht. Das ist ja selbstverständlich. Das hat der Papst immer wieder gesagt. Er will eine ganz breite Beteiligung und zwar auch nicht nur der engeren kirchlichen Kreise, sondern weit darüber hinaus. Es sollen nicht nur die wenigen ganz eng Gebundenen gefragt werden.

Auch das, was der Synodale Weg jetzt macht, wird da eingespeist werden, wird wahrgenommen werden müssen. Es zeigt sich immer mehr im synodalen Prozess: Synodalität ist machbar. Man kann Synode machen und zwar anders, als das merkwürdige Kirchenrecht das vorschreibt.

Die Fragen, die wir behandeln, sind Fragen, die die Christen weltweit berühren und die Katholikinnen und Katholiken in der ganzen Welt offensichtlich mit uns teilen.

Das Interview führte Martin Mölder.

Im Wortlaut: Statement der Präsidenten des Synodalen Weges zur Erklärung des Heiligen Stuhls

"Wir begrüßen, dass der Heilige Stuhl noch einmal hervorhebt, wozu wir uns bereits vor dem Beginn des Synodalen Weges 2019 in der Satzung und Geschäftsordnung verpflichtet haben: 
‚Beschlüsse der Synodalversammlung entfalten von sich aus keine Rechtswirkung. Die Vollmacht der Bischofskonferenz und der einzelnen Diözesanbischöfe, im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeit Rechtsnormen zu erlassen und ihr Lehramt auszuüben, bleibt durch die Beschlüsse unberührt.‘

Präsidium des Synodalen Wegs: Thomas Söding, Bischof Georg Bätzing, Irme Stetter-Karp, Bischof Franz-Josef Bode / © Rudolf Wichert (KNA)
Präsidium des Synodalen Wegs: Thomas Söding, Bischof Georg Bätzing, Irme Stetter-Karp, Bischof Franz-Josef Bode / © Rudolf Wichert ( KNA )
Quelle:
DR
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