Wenige Wochen vor dem voraussichtlichen Ende seiner Amtszeit wurde Heinz Josef Algermissen ziemlich deutlich: Künftig könnten es sich katholische und evangelische Christen nicht mehr leisten, "nicht mit einer Stimme zu sprechen", betonte der Fuldaer Bischof im Dezember in einem Brief an Priester und Diakone. Grund sei ein zunehmend aggressiver Atheismus und Säkulärismus.
Mit einer "versöhnten Verschiedenheit" zwischen katholischer Kirche und den reformatorischen Kirchen könne er sich nicht abfinden, betonte der stellvertretende Vorsitzende der Ökumene-Kommission der Bischofskonferenz. Er forderte, "den Weg zur vollen sichtbaren Einheit der Kirche" weiterzugehen. Die Kirchenspaltung sei "ein Skandal".
Algermissen sieht sich auch insoweit als Hüter des im Fuldaer Dom begrabenen heiligen Bonifatius (672-754), des Apostels der Deutschen.
Am 15. Februar 2018 wird Algermissen, der seit 2001 an der Spitze des osthessischen Bistums steht, 75 Jahre alt. Er erreicht damit die Altersgrenze, bei der Bischöfe laut Kirchenrecht ihren Amtsverzicht anbieten müssen. Wann der Papst aber seinen Rücktritt annimmt, ist nach den Worten von Bistumssprecher Christof Ohnesorge völlig offen. Das kann erfahrungsgemäß Wochen oder sogar Monate dauern.
Algermissen, 1943 in Hermeskeil bei Trier geboren, wurde nach einem Theologie- und Philosophiestudium 1969 zum Priester und 1996 zum Bischof geweiht. Er war Paderborner Weihbischof, bevor er Bischof von Fulda wurde. Algermissen versichert, nie habe er seine Hand nach Ämtern ausgestreckt, sie seien immer zu ihm gekommen.
Zahlreiche Aufgaben
Und es sind neben dem Fuldaer Bischofsamt einige weitere Aufgaben auf ihn zugekommen: Präsident der deutschen Sektion der katholischen Friedensbewegung Pax Christi ist Algermissen, in der Ökumene-Kommission der Bischofskonferenz hat er eine herausgehobene Position. Und er gehört dem Kuratorium des gemeinhin als äußerst konservativ eingestuften Forums Deutscher Katholiken an. Algermissen wünscht sich, Menschen durch die Botschaft Jesu so befreien zu können, dass sie wirklich einsähen: "Dieser Glaube ist der einzige Halt, ist die einzige Stütze."
Besorgt äußert sich der Bischof darüber, dass sich die katholische und die evangelische Kirche in manchen bioethischen Fragen weit voneinander entfernt hätten. Das schwäche das Zeugnis der Christen und mache es politisch zunehmend bedeutungslos. Der das sagt, meldet sich selbst immer wieder entschieden zu Wort, wo es um den Schutz menschlichen Lebens geht, gerade auch an dessen Anfang und an dessen Ende. Es dürfe keine Abstufung beim Schutz menschlichen embryonalen Lebens geben, so der Bischof.
Pax Christi-Präsident
"Erschrecken und Entsetzen" löste beim Fuldaer Bischof der Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche aus. Auch in seinem Bistum gab es Missbrauchsfälle. Was dabei an Abgründen ans Licht gekommen sei, rufe in ihm Ekel und Abscheu hervor, so Algermissen.
Als Pax Christi-Präsident machte er sich für eine Abrüstung von Atomwaffen stark. Er forderte im August 2017 die verantwortlichen Politiker in Deutschland auf, "mutig voranzugehen", den Abzug aller Atomwaffen aus Deutschland zu beschließen und dem Vertrag für ein Atomwaffenverbot beizutreten.
Für eine seiner größten Stärken hält er es, zuhören zu können, "bei allem Temperament, das ich sicher habe". Und die größte Schwäche? "Dass ich kein sehr geduldiger Mensch bin in Arbeitsprozessen." Aber natürlich müsse man schon auch Geduld haben im Bischofsamt. "Sonst geht es gar nicht." Was er besonders verabscheue? Heimtücke und Lüge, sagt Algermissen, und "eine Art Denunziantentum, das mitunter auch in der Kirche anzutreffen ist".
Freizeit? Ein Hobby? Algermissen mag klassische Musik, und vor allem mag er Bücher. Ein Leben ohne Bücher, sagt er, könne er sich nicht vorstellen. Beileibe nicht nur Theologisches. Es fallen Namen: Hilde Domin, Camus, Max Frisch, Tucholsky, Sartre, Dostojewski, Dürrenmatt... "Gute Bücher, gute Worte", sagt Algermissen, "und dazu dann, auch wenn das heute schon etwas anrüchig ist, eine gute qualmende Pfeife."