Gedenken an Friedrich Schorlemmer

Spuren in ganz Deutschland hinterlassen

Der Theologe gehörte zu den Gründern der DDR-Friedensbewegung. Nach der Wiedervereinigung blieb Schorlemmer ein kritischer Mahner. Mehr als fünf Wochen nach seinem Tod wurde jetzt in Wittenberg an ihn erinnert.

Friedrich Schorlemmer am 01.04.2022 in seinem Lesezimmer in seiner Wohnung in Wittenberg / © Paul-Philipp Braun (epd)
Friedrich Schorlemmer am 01.04.2022 in seinem Lesezimmer in seiner Wohnung in Wittenberg / © Paul-Philipp Braun ( epd )

Mit einem Gedenkgottesdienst in der Wittenberger Stadtkirche und einem Trauerempfang im Alten Rathaus ist am Samstag an den evangelischen Theologen und DDR-Bürgerrechtler Friedrich Schorlemmer erinnert worden. Der ehemalige Studienleiter der Evangelischen Akademie Sachsen-Anhalt und Friedenspreisträger war am 9. September nach langer Krankheit im Alter von 80 Jahren in einem Berliner Pflegeheim gestorben. 

Ministerpräsident Bodo Ramelow / © Martin Schutt (dpa)
Ministerpräsident Bodo Ramelow / © Martin Schutt ( dpa )

An dem Gedenken beteiligten sich die Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt und Thüringen, Reiner Haseloff (CDU) und Bodo Ramelow (Linke), der Linkenpolitiker Gregor Gysi, die Liedermacherin Barbara Thalheim und die Tochter des Theologen, Uta Schorlemmer. Ein langjähriger Weggefährte, der Landauer Pfarrer Volker Hörner,erinnerte an Schorlemmers symbolträchtiges Umschmieden eines Schwertes zu einer Pflugschar 1983 bei einer Friedensaktion auf dem Kirchentag in Wittenberg: "Die Hammerschläge und Texte Schorlemmers hallen nach, bis heute", sagte Hörner.

Literarisches Werk werde Bestand haben

Haseloff sagte beim Empfang, Schorlemmer habe Spuren in Wittenberg und ganz Deutschland hinterlassen. Sein literarisches Werk werde Bestand haben. Der Theologe sei 40 Jahre Teil seines persönlichen Lebens gewesen: "Ich empfinde einen tiefen Schmerz, dass wir ihn nicht mehr unter uns haben und er auf der anderen Seite auf uns wartet", sagte der Ministerpräsident.

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff ist fest im katholischen Glauben verankert. / © Jan Woitas (dpa)
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff ist fest im katholischen Glauben verankert. / © Jan Woitas ( dpa )

Ramelow betonte, Schorlemmer habe ihn politisch und menschlich geprägt. Vor allem dessen Satz "Wir müssen die 68er und die 89er zusammenbringen" sei ihm im Gedächtnis geblieben. Der Theologe habe die Veränderungswilligen zusammenbringen wollen, um etwas gemeinsam entstehen zu lassen. Dieser Gedanke sei gerade heute wichtig, um die demokratischen Kräfte im Land zu einen. "Seine Stimme fehlt", sagte der thüringische Regierungschef.

Eine Ausnahme in der DDR 

Der lange mit Schorlemmer befreundete Gysi nannte Schorlemmer eine Ausnahme in der DDR und im wiedervereinigten Deutschland und sagte: "Ich danke Dir, Friedrich! Du hast auch mich verändert."

 © Juergen Nowak (shutterstock)

Der Bischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Friedrich Kramer, würdigte den Verstorbenen im Gottesdienst als den "bekanntesten Pfarrer der Landeskirche", der vielen Menschen den Himmel geöffnet habe. Im Gottesdienst wurden Texte des Theologen gelesen. Bischof Kramer sang mit Uta Schorlemmer das Lied "Und sag es weiter", dessen Text von Friedrich Schorlemmer stammt. Haseloff äußerte den Wunsch, dass das Lied in das neue Evangelische Gesangbuch aufgenommen werde.

Der 1944 im brandenburgischen Wittenberge geborene Schorlemmer gehörte zu den Gründern der DDR-Friedensbewegung und engagierte sich vor allem in der Wendezeit 1989/90 gegen die SED-Diktatur. Der evangelische Pfarrer war Mitbegründer der Partei Demokratischer Aufbruch (DA), wechselte aber noch 1990 in die SPD. 1993 erhielt er den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels.

Friedliche Revolution in der DDR

In Leipzig versammelten sich am 4. September 1989 - einem Montag - rund 1000 Menschen vor der Nikolaikirche und forderten unter anderem Reisefreiheit. Daraus entstanden die Montagsdemonstrationen. Bei der größten am 9. Oktober 1989 protestierten 70.000 Menschen in Leipzig friedlich gegen das SED-Regime. Es setzt sich der Ruf "Wir sind das Volk - keine Gewalt" durch. Die sächsische Stadt befand sich an diesem Tag im Belagerungszustand. Polizei, Stasi, Armee und paramilitärische Kampfgruppen waren aufgefahren, um den Montagsdemonstrationen ein gewaltsames Ende zu machen.

DDR-Bürger strömen am 11.11.1989 durch den neuen Grenzübergang an der Bernauer Straße / © Wolfgang Kumm (dpa)
DDR-Bürger strömen am 11.11.1989 durch den neuen Grenzübergang an der Bernauer Straße / © Wolfgang Kumm ( dpa )
Quelle:
epd