US-Präsident Donald Trump schlägt nach seiner Gleichsetzung von rassistischen Gewalttätern und Gegendemonstranten in den USA eine Welle der Kritik aus Wirtschaft, Politik, Militär, Kirche und Gesellschaft entgegen. Trump hatte beiden Seiten die Schuld an der Gewalt gegeben und gesagt, er wolle nicht moralisch urteilen. Die ehemaligen Präsidenten George H.W. und George Bush stellten sich gegen Hass und Gewalt. Die Mitglieder des Generalstabes verurteilten Rechtsextremismus und Rassismus.
Am Samstag war bei den Ausschreitungen in Charlottesville (Virginia) eine 32-jährige Gegendemonstrantin von einem Auto erfasst und getötet worden. 19 Menschen wurden verletzt. Der Fahrer hatte anscheinend vorsätzlich gehandelt. Vorher war es zu Zusammenstößen gekommen.
US-Bischöfe positionieren sich klar
Die US-Bischofskonferenz hatte sich bereits am Wochenende zur Gewalt in Charlottesville geäußert und rassistisch motivierte Gewalt verurteilt. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal Daniel DiNardo, sagte jetzt gegenüber Radio Vatikan, man sei sich gemeinsam mit Vertretern anderer Religionen und Gemeinschaften in der Einschätzung einig: "Rassismus, 'White Supermacy', Neo-Nazismus und andere Übel haben ihre Stimme erhoben und beklagenswerte Gewalt begangen. Wir erheben unsere Stimme gegen sie.
"Wir rufen Katholiken und alle Menschen guten Willens dazu auf, für Heilung der Risse in der Gesellschaft zu beten", fügte DiNardo hinzu.
Trauerfeier in Charlottesville
In Charlottesville gedachten Hunderte bei einer Trauerfeier der Getöteten Heather Heyer. Deren Mutter sagte, ihre Tochter habe zum Schweigen gebracht werden sollen, statt dessen aber sei sie nun nur umso größer.
Trump hatte in seiner ersten Reaktion am Samstag von "Gewalt von vielen Seiten" gesprochen und vermieden, Rassisten und Neonazis beim Namen zu nennen. Dafür war er scharf kritisiert worden. Erst am Montag, zwei Tage später, hatte Trump sich von Rassisten und dem Ku Klux Klan distanziert, US-Medien zufolge nur unter großem Druck enger Berater.
Am Dienstag sagte Trump zu seinem ersten Zögern: "Ich wollte sicher sein, dass das, was ich sage, korrekt ist." Man sage nicht sofort etwas, wenn man die Fakten nicht genau kenne, "anders als viele Reporter", fügte Trump hinzu.
Trump: Längst nicht nur Rassisten
Schwer verärgert sagte Trump, in Charlottesville seien längst nicht nur Rassisten und Nationalisten auf der Straße gewesen, sondern auch unschuldige Demonstranten, die etwa am Vorabend friedlich gegen den Abriss der Statue des Südstaatengenerals Robert E. Lee hätten protestieren wollen. Es habe "auf beiden Seiten sehr anständige Leute" gegeben.
"Es gab auf der einen Seite eine Gruppe, die schlimm war, und es gab auf der anderen Seite eine Gruppe, die ebenfalls sehr gewalttätig war", sagte Trump. Damit stellte der US-Präsident Neonazis auf eine Stufe mit den Gegendemonstranten. Die Pressebegegnung lief zeitweise aus dem Ruder.
Gegenwind aus republikanischen Reihen
Auch prominente Republikaner reagierten perplex auf diese Äußerungen Trumps. Auffällig war, dass der Präsident in keiner Stellungnahme beim Namen genannt wurde. Die früheren US-Präsidenten George H.W. und George W. Bush riefen eindringlich zu Widerstand gegen Hass und Fanatismus auf. "Amerika muss ethnische Eiferei, Antisemitismus und Hass immer und in jeder Form zurückweisen", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung.
Der Top-Republikaner im Abgeordnetenhaus, Paul Ryan, twitterte: "Wir müssen uns im Klaren sein. Die Bewegung der Weißen Vorherrschaft ist abstoßend. Diese Bigotterie geht gegen alles, wofür dieses Land steht. Es darf da keine moralische Mehrdeutigkeit geben."
Der republikanische Senator Floridas, Marco Rubio, richtete auf Twitter direkt seine Worte an Trump: "Sie können den weißen Rassisten nicht erlauben, nur einen Teil der Schuld zu tragen. Sie unterstützen Ideen, die dieser Nation und der Welt so viel Schmerz zufügen."
Kritik an Trumps Haltung gab es auch aus Israel, Großbritannien und Deutschland. Trump sagte, die Medien hätten erneut sehr unfair berichtet - sowohl über ihn selbst als auch über die tatsächlichen Ereignisse vom Wochenende. Er vermied es erneut, den Angriff mit dem Auto als Terrorismus zu bezeichnen, anders als viele Republikaner und auch sein eigener Chefankläger Jeff Sessions.
Trump löst Beratergremien auf
Auf den Rückzug von Firmen- und Konzernchefs aus zwei Beratergremien, die damit gegen Trumps Äußerungen protestieren wollten, reagierte der Präsident mit der Auflösung dieser Gremien. "Statt Druck auf die Geschäftsleute des Industrierates und des Strategie- und Politikforums auszuüben, beende ich beide", schrieb Trump. "Vielen Dank an alle." Kurz zuvor war allerdings bekanntgeworden, dass sich eines der beiden Gremien aus Protest selbst auflösen wollte. Aus dem anderen Kreis hatten sich in den vergangenen Tagen reihenweise Mitglieder verabschiedet.
US-Medien zitierten einen CEO mit den Worten: "Angesichts der Kommentare der vergangenen Tage wollte niemand weiterhin als ein Unterstützer dieser Art von Entzweiung gelten." Campbell-Chefin Morrison sagte: "Rassismus und Mord sind unmissverständlich zu verurteilen." Zwar hatten diese Gremien keine Entscheidungsmacht und waren von Trump eingerichtet worden, um medienwirksam seine Nähe zur Wirtschaft zu demonstrieren und seine Job-Initiative zu fördern. Ihre Positionierung gegen Trump ist dennoch ein starkes Protestsymbol.