Gemeinde unterstützt Jungvögel beim Flügge-Werden

Wenn die Fußgängerzone zur Flugschule wird

Kopf einziehen ist zurzeit in der Göttinger Fußgängerzone angeraten. Denn vom Turm der St. Jacobi-Kirche droht Ungemach durch kleine Uhus. Ihre Flugversuche enden bisweilen abrupt. Pastor Áron Bence hat die Jungvögel im Blick.

Symbolbild: Auch ein Uhu muss erst das Fliegen erlernen. / © Doubleclix (shutterstock)
Symbolbild: Auch ein Uhu muss erst das Fliegen erlernen. / © Doubleclix ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Der Turm Ihrer St. Jacobi-Kirche ist das Zuhause eines Uhu-Paares. Sie sind in diesen Tagen auch ein bisschen als Ornithologe gefragt. Denn diese Nachkommenschaft der Uhus sorgt für Wirbel in Sachen Fliegen lernen. Was ist denn da los bei Ihnen in der Innenstadt? 

Pastor Áron Bence (Vorsitzender des Kirchenvorstandes der ev.-luth. St. Jacobi Kirchengemeinde Göttingen): Wir haben am Turm einen Brutkasten, der eigentlich für Wanderfalken ist. 1993 wurde er installiert und die Gemeinde und meine Vorgänger waren sehr froh, dass darin tatsächlich Wanderfalken erfolgreich gebrütet haben. Aber dieses Jahr kamen nicht die Falken, sondern die Uhus. Sie sind stärker und größer als die Wanderfalken, die deswegen dort nicht mehr brüten. Stattdessen sind die Uhus jetzt in diesem Brutkasten. 

Der Turm der St. Jacobi-Kirche ist die Heimat der kleinen Uhus / © Sebastian Feuerherm (shutterstock)
Der Turm der St. Jacobi-Kirche ist die Heimat der kleinen Uhus / © Sebastian Feuerherm ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Die sind seit März bei Ihnen und haben dann jüngst Nachwuchs gekriegt. Drei kleine Uhus ursprünglich, aber jetzt sind es nur noch zwei... 

Bence: Ja, ein Vogel ist vor ein paar Wochen heruntergefallen. Der konnte noch nicht gut fliegen und deswegen starb er sofort. 

DOMRADIO.DE: Diese kleinen Uhus werden eigentlich große Tiere, sie haben bis zu 160 cm Spannweite. Wenn die fliegen lernen, kann es dann passieren, dass die aus Versehen in der Fußgängerzone landen? 

Bence: Ja, absolut. Die beiden, die überlebte haben, landen dann auch mal in der Fußgängerzone. Und weil sie von Ornithologen und Uhu-Freunden die ganze Zeit genau beobachtet werden, kommen jedes Mal schnell Menschen zu Hilfe und fangen diese Jungvögel.

Weil unser Pfarrgarten in der Nähe ist, wurden wir gefragt, ob der eine Jungvogel ein paar Tage lang bei uns im Garten bleiben kann. Das war natürlich kein Problem, und so konnte er von den Eltern vom Turm aus nachts über noch gefüttert werden. 

DOMRADIO.DE: Wie ist es aktuell jetzt? Wo sind die das Fliegen lernenden Kleinen? 

Bence: Aktuell bin ich mir nicht ganz sicher, wo die sind. Sicher weiß ich nur, dass das weibliche Tier von den beiden Jungvögeln - das ist etwas größer als der Junge - schon sehr gut fliegen gelernt hat. Das Weibchen habe ich mittlerweile wieder am Turm gesehen. Den kleineren Jungen habe ich nirgendwo direkt gesehen, aber während der Nacht habe ich ihn ständig kreischen und krähen gehört. Das ist gut, denn das ist ein Zeichen dafür, dass er noch lebt und seine Eltern ruft. 

DOMRADIO.DE: Man merkt sofort, dass Sie ein großes Herz für diese Uhus haben. Wenn beispielsweise ein Sturm in der Nähe einer Kirche tobt, dann muss die Gemeinde immer dafür sorgen, dass nichts vom Dach fällt. Man muss die Zonen darunter absperren, damit niemand verletzt wird. Haben Sie eigentlich irgendeine Verantwortung, wenn so ein Uhu nun doch in die Fußgängerzone fällt? 

Bence: Rechtlich gesehen nicht. Sie haben erwähnt, dass Ich ein großes Herz für die Uhus hätte. Das finden viele Uhu-Freunde nicht so sehr, denn wenn die kleinen Uhus in Gefahr sind, dann werden sie plötzlich sehr emotional und schreiben oder rufen mich an und schimpfen sogar mit mir, weil sie meinen, dass ich das oder das machen muss, um die Vögel zu beschützen.

Das muss ich natürlich nicht, aber ich versuche schon all das zu tun, damit sie heranwachsen können. 

DOMRADIO.DE: Interessant, dass die Leute Ihnen sagen wollen, was man machen muss. Sind das denn auch Gemeindemitglieder? 

Bence: Da melden sich eher Menschen außerhalb der Gemeinde. 

Das Interview führte Uta Vorbrodt.

Evangelische Kirche in Deutschland (EKD)

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) ist die Gemeinschaft der 20 evangelischen Landeskirchen in der Bundesrepublik. Wichtigste Leitungsgremien sind die EKD-Synode mit ihren Mitgliedern, die Kirchenkonferenz mit Vertretern der Landeskirchen sowie der aus ehrenamtlichen Mitgliedern bestehende Rat. Sitz des EKD-Kirchenamtes ist Hannover.

Synode der EKD / © Norbert Neetz (epd)
Synode der EKD / © Norbert Neetz ( epd )

 

Quelle:
DR