DOMRADIO.DE: Sie hatten im Vorfeld der Entscheidung gesagt: "Ärger gibt´s auf alle Fälle". Warum?
Schwester Katharina Hartleib: Es ist klar: Wenn zwischen Zweien entschieden wird, gibt es immer einen Gewinner und einen Verlierer. Und ein paar Reaktionen, die ich gestern über die verschiedenen sozialen Medien mitbekommen habe, waren genau das, was ich erwartet habe; Stimmen aus der Türkei, die gesagt haben: Die UEFA will uns nicht. Da hab ich gedacht: Genau das ist das Problem. Ich bin von daher ziemlich froh, dass die Abstimmung so deutlich war mit 13 zu vier. Da kann man nicht sagen: Die Stimmen sind alle gekauft.
DOMRADIO.DE: Es war letztes Mal ja schon knapp für die Türkei. Jetzt ist sie schon wieder nicht ausgewählt worden. Warum?
Schwester Katharina: Ich denke, es gibt ganz viele Gründe. Einer der Gründe ist ja wirklich eindeutig die Menschenrechtslage. Da lässt sich auch die Uefa, der es ja auch ums Geld geht, nichts vormachen. Das muss man einfach sagen. Wenn ich als Deutscher oder als Europäer in die Türkei komme und dann irgendwann Angst haben muss verhaftet zu werden, weil ich mal irgendwann in den sozialen Medien was gesagt habe: Das kann ich sein. Die schwache Lira wird natürlich auch ein Grund gewesen sein. An der Gastfreundschaft der türkischen Bevölkerung und den Stadien kann es nicht gelegen haben: Die sind ja toll.
DOMRADIO.DE: Wie sehr freuen Sie sich persönlich, dass die EM 2024 in Deutschland stattfindet?
Schwester Katharina: Also, ich muss zugeben, dass ich gestern Nachmittag wirklich Herzklopfen hatte. Ich war da total verwundert über mich selber. Es hat ja alles ein bisschen länger gedauert. Ich hatte den Livestream an. Ich habe mich dann wirklich sehr gefreut und fand es sehr interessant, dass der Jubel eigentlich kein Jubel war. Nur, dass man zufrieden und dankbar war, dass man den Zuschlag bekommen hat. Vielleicht ist das ja schon Ausdruck der neuen verordneten Bescheidenheit im deutschen Fußball.
Die andere Seite ist die, dass sich jetzt die 14- bis 18-jährigen Jungs, die ernsthaft vorhaben, Profifußballer zu werden, nochmal doppelt und dreifach anstrengen. Denn die sind in sechs Jahren genau die, auf die es ankommt. Von daher, denke ich, ist so eine EM im eigenen Land genau der richtige Ansporn. Und wir haben ja 2006 erlebt, wie wundervoll das sein kann.
DOMRADIO.DE: Wenn wir uns unsere aktuelle Nationalmannschaft anschauen. Die meisten von denen werden 2024 nicht mehr dabei sein ...
Schwester Katharina: ...außer den Jungen, die jetzt eine Chance gekriegt haben, die jetzt 20 bis 22 Jahre alt sind. Die sind dann noch im richtigen Alter. Und dann muss es genügend 20-, 21- und 22-Jährige geben, die dann genau da stehen und sagen: Jetzt sind wir so weit und wir sind dran.