Erzbischof Rueda kann in Kolumbien neue Impulse setzen

Generationswechsel im Erzbistum Bogota

Erzbischof Luis Jose Rueda Aparicio wird künftig die kolumbianische Hauptstadtdiözese leiten. Die Spitze der kolumbianischen Kirche steht damit vor einer Verjüngung in krisenhaften Zeiten. Kann er neue Akzente setzen?

Autor/in:
Tobias Käufer
Blick auf Bogotá / © Ilyshev Dmitry (shutterstock)

Zwei Jahre lang musste Kardinal Ruben Salazar Gomez auf die Annahme seines Rücktrittsgesuchs warten. In Kirchenkreisen gilt es als Vertrauensbeweis, wenn Papst Franziskus den obligatorischen Amtsverzicht bei Erreichen der Altersgrenze von 75 Jahren nicht sofort annimmt.

Langfristige Weichenstellung

Nun ist für den inzwischen 77-jährigen Erzbischof von Bogota aber ein Nachfolger gefunden. Erzbischof Luis Jose Rueda Aparicio (58), bislang in Popayan tätig, ist fast 20 Jahre jünger als sein Vorgänger; eine Entscheidung also, die als langfristige Weichenstellung betrachtet werden kann.

Mit Salazar tritt damit ein Schwergewicht der lateinamerikanischen Kirche aus der ersten Linie zurück. Von 2015 bis 2019 leitete er den Lateinamerikanischen Bischofsrat CELAM und hielt in dieser Funktion engen Kontakt zu Papst Franziskus.

In Kolumbien fielen die Friedensverhandlungen zwischen der FARC-Guerilla und der Regierung des späteren Friedensnobelpreisträgers Juan Manuel Santos in seine Amtszeit als CELAM-Chef. Von 2008 bis 2014 amtierte Salazar auch als Vorsitzender der Kolumbianischen Bischofskonferenz - und er erlebte die gesellschaftlichen Debatten um den Frieden hautnah mit.

Salazar verurteilte klerikale Ausreden

In der Debatte um Kirchenreformen nach dem Missbrauchsskandal ging Salazar hart mit innerkirchlichen Abwehrhaltungen ins Gericht. Bei einem Spitzentreffen im Vatikan im Februar 2019 verurteilte er klerikale Ausreden und Ablenkungsstrategien. Er galt auch als klarer Befürworter des Friedensabkommens für Kolumbien - das nicht von allen konservativen Kräften im Land willkommen geheißen wurde.

In der Hochphase der Verhandlungen war Salazar fast täglich in den Abendnachrichten zu sehen. Sein Talent, TV-tauglich kurz und prägnant zu formulieren, brachte ihm viel Anerkennung und Respekt ein.

Nachfolger setzt Zeichen

Sein deutlich jüngerer Nachfolger setzte gleich zu Beginn ein Zeichen. In einem Interview des Senders Blu Radio forderte der künftige Erzbischof von Bogota, dass die marxistische Guerilla-Organisation ELN ihren Ende März einseitig verkündeten Waffenstillstand nicht wie tags zuvor angekündigt zum Monatsende wieder beendet. Es sei das Leid nicht wert, sich weiter gegeneinanderzustellen, so Rueda.

Die ELN habe nun Möglichkeiten, ihre Dialogbereitschaft unter Beweis zu stellen, indem sie etwa auf die Rekrutierung von Kindern und Jugendlichen verzichte, Geiselnahmen unterlasse und das Volk nicht leiden lasse. Die Kirche hat bei den auf Eis gelegten Friedensgesprächen zwischen Regierung und ELN eine nicht unbedeutende Vermittlerrolle gespielt, waren doch in den Gründungsjahren der ELN in den 60er Jahren auch katholische Priester mit dabei.

Der Kirche kommt noch eine weitere bedeutende Funktion zu: Wegen ihres weitverzweigten Netzes gilt sie als wichtiger Wächter über die Einhaltung des Friedensvertrags zwischen Regierung und FARC-Guerilla von 2016. In der Vergangenheit machte sie auf zahlreiche Versäumnisse durch den Staat aufmerksam.

Rueda kennt die Schrecken der Gewalt

In den vergangenen beiden Jahren war Rueda als Erzbischof von Popayan tätig; der Hauptstadt der Unruheprovinz Cauca, wo es immer wieder zu tödlichen Gefechten zwischen Guerillabanden, Paramilitärs und Armee kommt. Dort muss die indigene Bevölkerung einen besonders hohen Blutzoll für den Drogenkrieg zahlen. Rueda kennt die Schrecken der Gewalt also aus eigener Anschauung.

Doch zunächst wartet auf den neuen Mann an der Spitze von Bogotas Erzbistum eine andere Aufgabe: der Umgang mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie. Die riesige Hauptstadt ist die zweitgrößte spanischsprachige Stadt Südamerikas - und riesig sind auch ihre Probleme in der Krise. Daneben sind vor allem im armen Süden Kolumbiens die Konsequenzen der Ausgangssperre und das Wegbrechen von Arbeitsmöglichkeiten zu spüren.

Hinzu kommen viele hunderttausend Flüchtlinge aus Venezuela, die sich teils ohne gültige Aufenthaltspapiere im Land aufhalten und damit durch das soziale Netz fallen. Die Erfahrung, die Rueda in den vergangenen Jahren an der Spitze der Sozialpastoral sammeln konnte, wird er in den nächsten Monaten dringend brauchen.


Rubén Dario Kardinal Salazar Gómez / ©  Harald Oppitz (KNA)
Rubén Dario Kardinal Salazar Gómez / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA