Es war eine weitreichende Entscheidung von Papst Benedikt XVI. im Jahr 2005: Damals verfügte das seinerzeitige Oberhaupt der katholischen Kirche, dass Seligsprechungen künftig in den Ortskirchen und nicht mehr in Rom vorgenommen werden sollen.
Von dieser Entscheidung "profitiert" nun auch das Bistum Limburg, wo am 15. September die erste Seligsprechung in der Diözese gefeiert wird. Als Vertreter des Papstes wird an diesem Tag Kurienkardinal Kurt Koch den im KZ Dachau gestorbenen Pallottinerpater Richard Henkes (1900-1945) im Limburger Dom seligsprechen.
Kardinal Koch, der Präsident des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen ist, wird am 15. September die um 14.00 Uhr beginnende Eucharistiefeier im Limburger Dom leiten. DOMRADIO.DE überträgt den Gottesdienst live. Anschließend laden Diözese und Pallottiner zum "Pater-Richard-Henkes-Fest" in den Bischofsgarten. Den Abschluss der Feierlichkeiten bildet ein liturgisches Abendlob um 19.00 Uhr in der Pallottinerkirche Sankt Marien.
So wird die Ortskirche auch zeremoniell direkt in die Seligsprechung einbezogen. Anders war dies etwa bei der ebenfalls aus dem Westerwald stammenden und inzwischen heiliggesprochenen Ordensgründerin Katharina Kasper (1820-1898). Sie wurde 1978 noch in Rom seliggesprochen.
Verteidigung des christlichen Menschenbildes gegen Nazis
Henkes, der im Westerwaldort Ruppach geboren und 1925 in Limburg zum Priester geweiht wurde, hatte das christliche Menschenbild auch gegenüber den Nazis verteidigt. Seit 1931 war er als Prediger und Exerzitienleiter in Oberschlesien tätig. Mehrmals wurde er wegen regimekritischer Predigten bei der Gestapo angezeigt. Im April 1943 wurde er in Ratibor wegen "Aufwiegelung des Volkes von der Kanzel" verhaftet und schließlich ins KZ Dachau gebracht.
Am 22. Februar 1945 starb Henkes dort an den Folgen einer Typhus-Epidemie. Er hatte sich freiwillig als Pfleger für Kranke im sogenannten Tschechen-Block gemeldet und sich dort angesteckt. Später wurde die Urne mit seiner Asche auf dem Limburger Pallottiner-Friedhof beigesetzt und 1990 in die Bischofsgruft des Friedhofs übertragen.
Der Limburger Bischof Georg Bätzing nennt Henkes einen Märtyrer der Menschlichkeit. Er habe sich der Bevormundung des Denkens und Glaubens in der Zeit des Nationalsozialismus mutig entgegengestellt.
Pater Helmut Scharler, Provinzial der Pallottiner, betont: "Richard Henkes war ein charismatischer Priester, dessen Persönlichkeit im Laufe seines Dienstes gereift ist und schließlich zur Selbstlosigkeit führte." Dass sich Henkes, "das nahe Ende des Krieges und die Ansteckungsgefahr vor Augen, freiwillig mit den Kranken in Quarantäne begab, war für ihn konsequente Christus-Nachfolge". Henkes' Eintreten für die Würde jedes Menschen sei "gerade für die heutige Zeit ein wichtiges Zeugnis", so Scharler.
Verfahren läuft seit 2003
Das Seligsprechungsverfahren war 2003 vom damaligen Limburger Bischof Franz Kamphaus eröffnet worden. Im Januar 2007 war die erste Etappe des Verfahrens im Bistum abgeschlossen - und die Unterlagen wurden nach Rom geschickt.
Einer Seligsprechung geht jeweils ein kirchliches Untersuchungsverfahren voraus. Dazu muss das jeweilige Heimatbistum Informationen über Leben und Sterben der Person sammeln und ein Wunder oder den Märtyrertod sowie Tugendhaftigkeit und den "Ruf der Heiligkeit" nachweisen. In einer "Märtyrercausa" wie bei Pater Henkes ist der Nachweis eines Wunders nicht erforderlich.
Nach Abschluss des Verfahrens werden die Akten der vatikanischen Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse zugeleitet.
Sie prüft die Echtheit der Dokumente und Zeugenaussagen. Papst Franziskus hatte im Dezember 2018 anerkannt, dass Henkes als Märtyrer gestorben sei, wegen "Hasses gegen den Glauben".
Der Theologe und Kirchenrechtler Peter Platen definiert den religiösen Begriff der Seligkeit als "Zustand der vollendeten Erfüllung des Menschen in allen seinen Dimensionen". In dem Festgottesdienst zur Seligsprechung wird es zunächst biografische Angaben zu Henkes geben; dann verliest der Vertreter des Papstes das Apostolische Schreiben, mit dem der Papst Henkes den Titel und die Ehren eines Seligen zuerkennt. Mit diesem "wenig spektakulären Ritus", so Platen, werde die Seligsprechung vollzogen.