DOMRADIO.DE: Beim Stichwort Surinam wissen viele nicht einmal auf welchem Kontinent es liegt. Warum dieses kleine, unbekannte Land?
Dr. Irene Tokarski (Geschäftsführerin und theologische Leiterin beim Deutschen Komitee des Weltgebetstages der Frauen): Erstmal die Auflösung: Surinam liegt in Südamerika und tatsächlich wussten viele nicht einmal, dass es existiert bevor es den Weltgebetstag gab. Alle fünf Jahre gibt es ein internationales Treffen der Frauen aus ungefähr hundert Ländern, die dann entscheiden, welches die nächsten Länder für den Weltgebetstag sind. Dabei ist Surinam gewählt geworden. Es gibt immer auch kleine und große Länder – im letzten Jahr waren es die Philippinen. Es ist aber auch immer gut, an die Länder zu denken, die eher unbekannt sind.
DOMRADIO.DE: Wie leben und arbeiten Frauen in Surinam?
Tokarski: Das ist gar nicht so einfach zu sagen, das kommt sehr stark auf die Volksgruppe an. Surinam ist nämlich ein sehr multikulturelles Land. Es ist noch bis in die 1970er-Jahre des letzten Jahrhunderts eine niederländische Kolonie gewesen. Die Niederländer haben dort zuerst schwarze Sklaven aus Westafrika hingeschleppt. Mit dem Ende der Sklavenzeit wurden Vertragsarbeiter aus Indien, Indonesien und China hingebracht. Von all diesen Gruppen leben heute noch große Bevölkerungsteile in Surinam. Insgesamt gibt es aber nur 500.000 Einwohner. Dazu leben noch eingeborene Volksgruppen in Surinam. Aber wie leben die Frauen? Zum Beispiel ist die Gruppe der schwarzen Surinamerinnen ein sehr stolzes Volk, da sie unabhängig leben. Oft sind die Familienclans, die auch im Urwald leben, von Frauen geleitet. Frauen entscheiden da schon sehr massiv, wie sie ihr Leben gestalten wollen.
DOMRADIO.DE: Sie haben den heutigen Tag lange vorbereitet – was genau passiert denn am Weltgebetstag der Frauen?
Tokarski: Das Gebet hat heute Nacht im Pazifik angefangen, Schwestern auf den Cookinseln sind immer mit die ersten. Mit der Zeitverschiebung geht es dann einmal um die Welt. In Deutschland sieht es so aus, dass wirklich in tausenden von Gottesdiensten vor Ort an den Weltgebetstag gedacht wurde. Da ist jeder willkommen, auch Männer, sich in das Gebet der Frauen aus Surinam einzustimmen.
DOMRADIO.DE: Der Weltgebetstag ist ökumenisch – und er ist eine der wichtigsten Basisbewegungen von Frauen. Woran macht sich das fest?
Tokarski: Unser Motto ist, dass wir gemeinsam mit allen Frauen weltweit "informiert beten und betend handeln". Das ist ganz wichtig, dass wir uns die "Schuhe" der surinamischen Frauen anziehen und schauen, wie ihre Welt ausschaut. Aber wir möchten nicht nur beim Beten stehen bleiben, sondern auch handeln. Da gibt es eine Kollekte, die in jedem Gottesdienst eingesammelt wird. Die Gaben sind für die Arbeit des Weltgebetstages, das heißt für die über 100 Projekte in 30 verschiedenen Ländern, die Frauen und Mädchen stärken.
Für die meisten Frauen ist der Weltgebetstag einfach ein Fest. Die Vorbereitung ist auch Vorfreude, die Frauen freuen sich aufeinander. Nach den Gottesdiensten gibt es auch oft Spezialitäten aus den Ländern. Es ist also eine Erfahrung über alle Grenzen hinweg: der Sprache, der Mentalität, der Hautfarbe und der Konfession. Mit Frauen zusammen zu kommen und sich verbunden zu wissen, rund um den Erdball.
Das Interview führte Aurelia Rütters.