Geht es nach Maestro PierAngelo Pelucchi, dem künstlerischen Leiter des Chorfestivals "Giuseppe Zelioli" in der oberitalienischen Kleinstadt Lecco, und Raffaele Colombo, dem Präsident von "Harmonia Gentium", verantwortlich für Organisation und Ausrichtung dieses lokalen Musikereignisses, dann treffen von Mittwoch bis Sonntag nur europäische Spitzenensembles bei dieser traditionellen Jugendchorveranstaltung am Comer See aufeinander. Zum dritten Mal nun schon – zweimal war in den letzten Jahren bereits der Kölner Domchor bei diesem internationalen Chortreffen zu Gast – hat sich ein Chor der Kölner Dommusik für die Teilnahme qualifiziert.
Fünf Tage lang wird Lecco, dieser malerische Ort in der Lombardei, mit seiner monumentalen Basilika San Nicolò hoch über dem See zu einer Art musikalischem Zentrum, das alle zwei Jahre einen Wettbewerb auslobt, bei dem es für die teilnehmenden Chöre aus allen Teilen Europas zwar Preise zu gewinnen gibt, die vielen Konzerte in Lecco und Umgebung aber vorrangig der Völkerverständigung dienen und den Jugendlichen zum interkulturellen Austausch untereinander. Gewissermaßen ein Gipfeltreffen noch junger musikalischer Botschafter, die grenzübergreifend Brücken mit Musik bauen, jeweils ihr eigenes Land vertreten und mit dem, was sie an Programm mitbringen, auch ihr eigenes Profil schärfen.
Starke Konkurrenz
Vom 3. bis 8. Juli messen sich die 45 Kölner Sängerinnen zwischen 13 und 19 Jahren in Klangqualität, Intonation, Genauigkeit der Aussprache und künstlerischen Gesamteindruck mit einer starken Konkurrenz – laut Ausschreibung der Verantwortlichen: mit den Besten. Aus Nationen wie Kanada und Russland, der Ukraine, Tschechien und Polen, aber auch vom Ort selbst und eben aus Deutschland kommen diesmal die Ensembles, die bei der mittlerweile 13. Ausgabe dieses renommierten Festivals in den Kirchen der Provinzen Como, Monza Brianza und Lecco auftreten. "Wir freuen uns immer, bei solchen Gelegenheiten mit Chören aus europäischen Nachbarländern zusammenzutreffen, die manchmal ganz anders aufgestellt sind als wir und auch nicht unbedingt im liturgischen Dienst stehen", sagt Mädchenchorleiter Oliver Sperling über die Konzertreise nach Italien, für die seine Sängerinnen immerhin eine Woche vor offiziellem Schulferienbeginn eine Beurlaubung benötigten.
"Mit manchen gibt es dann ein Wiedersehen, weil man sich bereits von den internationalen Pueri Cantores-Treffen kennt. Andere Begegnungen sind völlig neu, aber gerade deshalb ja auch besonders spannend und inspirierend. Die Jugendlichen knüpfen Kontakte untereinander und vernetzen sich schnell." Schon mancher Besuch im Ausland habe eine Gegeneinladung zur Folge gehabt, so dass mitunter die exotischsten Chöre daheim am Dreikönigenschrein gesungen hätten. Hinzu komme, so Sperling, dass bei solchen Chorfestivals eine große Chance darin liegt, aufmerksam zu beobachten, wie andere Chöre arbeiten und welche Literatur sie auswählen. Die Verständigung darüber schaffe unter Umständen ganz neue Anreize für die eigene Beschäftigung mit Musik. Das erweitere gerade für die Jüngeren, die zum ersten Mal an einem solchen Chortreffen teilnähmen, enorm den eigenen Erfahrungshorizont. "Für einige der Mädchen ist es die erste Konzertreise dieser Art. Neben der Freude, selbst zu singen, lernen sie andere Stücke und andere Klänge kennen. Außerdem bietet gemeinsames Reisen zusätzlich die Gelegenheit, sich als Chorgemeinschaft zu finden."
"Am Dom zo Kölle" darf nicht fehlen
Sperling hat für alle Auftritte – darunter zwei Messen, drei Konzerte sowie die "Choral Audition" am Freitag, bei der der Chor natürlich möglichst gut abschneiden will – eine Mischung aus anspruchsvollen Motetten und typisch deutscher Chorliteratur zusammengestellt. Dazu gehören "zwei beter" von Arvo Pärt, der Schlusschoral aus der Johannes-Passion "Ach, Herr, lass dein lieb Engelein" von Bach, "Laudi alla vergine Maria" von Verdi, aber eben auch der im Kölner Dom oft zu hörende gregorianische Gesang "Tria sunt munera" oder "Jubilate Deo" von Colin Mawby und "O clap your hands" von Douglas Coombes. Und natürlich sollen am Folklore-Abend am Samstag, bei dem die Chöre dann eher Landestypisches präsentieren, ein deutsches Volkslied und der Kölner Lokal-Hit "Am Dom zo Kölle" nach einem Arrangement von Domkantor Sperling auch nicht fehlen.
Etwa 400 Chorsänger werden zu dieser Veranstaltung erwartet. "Sie hat über die Jahre einen ganz eigenen Charakter mit einer festen Struktur entwickelt, an deren Ende immer der musikalisch gemeinsam gestaltete Gottesdienst mit einer Messe unseres lokalen Komponisten Giuseppe Zelioli steht", erklärt Pelucchi. Es gehe darum, dieses europäische Jugendchortreffen für alle als Fest erlebbar zu machen. "Der eigentliche Wettstreit für jeden Chor liegt zunächst einmal darin, mit sich selbst um eine bestmögliche Darbietung zu ringen, vor Publikum dann alles zu geben und im Vergleich mit den anderen die eigenen Schwächen und Stärken zu erkennen, also in jedem Fall dazuzulernen und jede persönliche Begabung in den Dienst der Musik zu stellen." Um ein internationales Forum für musikalisch neue Erfahrungen, neue Kontakte und neue Eindrücke geht es immer auch Raffaele Colombo, der dieses "Zelioli-Festival" 1986 in seiner Heimatstadt ins Leben gerufen hat. "Es geht um mehr als nur einen großen Workshop", betont er daher gerne. "In den kommenden Tagen können wir erleben, wie die Kraft von Musik und Gesang Beziehungen und Freundschaften über alle kulturellen und sprachlichen Grenzen hinweg schafft und uns die Begeisterung dafür gegenseitig bereichert." Der Erfolg dieses Festivals verdanke sich jedem einzelnen Sänger, der einen wichtigen Beitrag zum interkulturellen Dialog leiste.
Die feierliche Abschlussmesse in der Basilika San Nicolò mit dem ehemaligen Erzbischof von Mailand, Kardinal Angelo Scola, beginnt am 8. Juli um 11 Uhr. Das vollständige Programm des Festivals ist unter www.festivalzelioli.it abrufbar.