Der Leiter der vatikanischen Gottesdienstkongregation, Kurienkardinal Robert Sarah (74), sieht in der Corona-Krise eine Gelegenheit für die Kirche, sich wieder auf den Glauben als ihre wichtigste Aufgabe zu konzentrieren. Die Welt erwarte von der Kirche "ein Wort des Glaubens, das ihr ermöglicht, das Trauma vom Angesicht des Todes zu überwinden, das sie gerade erlebt", schreibt Sarah in einem Meinungsbeitrag für die französische Zeitung "Le Figaro" (Mittwoch). Die Krise habe gezeigt, dass unsere Gesellschaften an einem "geistlichen Übel" litten: "Sie wissen nicht, wie sie Leid, Endlichkeit und Tod einen Sinn geben können."
Verborgener Tod
Die Pandemie habe die westlichen Gesellschaften an ihrem verletzlichsten Punkt getroffen, so der Kurienkardinal. Sie seien so organisiert, dass sie den Tod leugnen, verbergen, ignorieren. "Der Staat, abgeschottet in der Trennung von Staat und Kirche, hat sich aus Prinzip dazu entschieden, die Hoffnung zu ignorieren und Religion ins Privatleben zu verbannen und zum Schweigen zu verurteilen", schreibt Sarah. Von Angesicht zu Angesicht gebe es keine "menschliche Antwort", die dem Tod standhalte. "Allein die Hoffnung auf ein ewiges Leben" könne ihn bewältigen.
Sarah machte vergangene Woche Schlagzeilen, als er seine Unterschrift von einem Appell konservativer Kirchenvertreter zurückzog. Darin wurde vor der Corona-Pandemie als vermeintlichem Vorwand für eine angebliche Weltregierung gewarnt.