Im Eröffnungsgottesdienst der Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz sprach Marx mit Blick auf den Missbrauchsskandal innerhalb der katholischen Kirche von der "dunklen Seite der Realität des kirchlichen Lebens".
Die jetzt abgeschlossene Studie "Sexueller Missbrauch an Minderjährigen durch katholische Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz" (MHG-Studie) steht im Mittelpunkt der Beratungen in Fulda. Dafür ist der gesamte Dienstag (25. September 2018) der Vollversammlung vorgesehen.
"Erschrocken und tief erschüttert"
Erste Zahlen aus der Studie waren bereits im Vorfeld bekanntgeworden: In den kirchlichen Akten der Jahre 1946 bis 2014 hat das Forscherteam demnach Hinweise auf 3.677 Betroffene sexueller Übergriffe gefunden sowie auf rund 1.670 beschuldigte Priester, Diakone und Ordensmänner.
"Immer wieder sind wir erschrocken und tief erschüttert über das, was möglich war und ist, im Volk Gottes, durch Priester, die den Auftrag des Evangeliums hatten, Menschen aufzurichten", erklärte Marx in seiner Einführung zum Gottesdienst. Die Opfer hätten ein Recht auf Wahrheit und Gerechtigkeit. Die Kirche müsse in dieser Hinsicht mehr tun. Sie wolle hinschauen, verstehen und Konsequenzen ziehen. "Viele glauben uns nicht mehr", betonte Marx, und wenn man darauf schaue, was passiert sei, sei das auch verständlich.
"Zeichen setzen, einen neuen Anfang machen"
"Unsere Aufgabe ist es, Zeichen zu setzen, einen neuen Anfang zu machen", forderte der Kardinal in seiner Predigt. Es komme für die Christen mehr denn je darauf an, zu verstehen: "Was ist das gute Leben in der Gemeinschaft des Gottesvolkes." Die Kirche werde gezwungen, sich neu aufzumachen und sich nach ihrem wahren Kern zu fragen.
"So das alle sehen und spüren können, dass hier eine gute Botschaft für Menschen aller Völker und Schichten angeboten wird", betonte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz und mahnte, sich Jesus als Beispiel zu nehmen: "Es muss deutlich werden: Ihr glaubt ja wirklich. Ihr habt nicht nur den Glauben verstanden, könnt ihn nicht nur vorlesen aus Büchern, sondern ihr lebt ihn." Die Kirche habe diese Verschränkung von Glaube, Praxis und Gebet vielleicht in der Vergangenheit zu sehr vernachlässigt. Sie müsse nun "neu mutig werden", sich auf den Weg des Herrn einzulassen.
Während des Gottesdienstes wurde in den Fürbitten der Betroffenen sexuellen Missbrauchs gedacht. Der Wortlaut der Fürbitten:
- Für alle, die sexuell oder auf andere Weise missbraucht wurden, innerhalb und außerhalb der Kirche: Um deine besondere Nähe und um Heilung ihrer Wunden an Leib und Seele.
- Für alle, die anderen mit Rat und Tat helfend zur Seite stehen: Um ein hörendes Herz und die nötige Geduld im Umgang miteinander.
- Für unseren Papst Franziskus und das ganze Volk Gottes: Um Glaubensfreude, Mut und Zuversicht bei der Verkündigung deines Wortes.
- Für die hier versammelten Bischöfe: Um Frucht bringende Beratungen in den drängenden Fragen und Problemen unserer Tage.
- Für die Regierenden in unserem Land und für alle Machthaber dieser Erde: Um weise Entscheidungen und den Einsatz für Frieden in Gerechtigkeit.
- Für unsere verstorbenen Seelsorger, Angehörigen und Freunde – und für alle Toten: Um das ewige Leben in deiner Herrlichkeit.
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Die diesjährige Herbst-Vollversammlung findet vom 24. bis 27. September 2018 in Fulda statt. An ihr nehmen 66 Mitglieder der Deutschen Bischofskonferenz unter Leitung des Vorsitzenden, Erzbischof Reinhard Kardinal Marx, teil. Im Eröffnungsgottesdienst singt der JugendKathedralChor Fulda unter der Leitung von Franz-Peter Huber. An der Orgel: Hans-Jürgen Kaiser.
Zur Vorstellung der Studie „Sexueller Missbrauch an Minderjährigen durch katholische Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz“ (MHG-Studie) gibt es gegen 13.15 Uhr ein Pressegespräch mit
- Erzbischof Dr. Reinhard Kardinal Marx (München und Freising), Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz,
- Bischof Dr. Stephan Ackermann (Trier), Beauftragter für Fragen des sexuellen Missbrauchs im kirchlichen Bereich und für Fragen des Kinder- und Jugendschutzes,
- Pater Dr. Hans Langendörfer SJ (Bonn), Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz,
- Staatsministerin a. D. Roswitha Müller-Piepenkötter (Remscheid), Mitglied im Beirat der Studie,
- Prof. Dr. Harald Dreßing (Zentralinstitut für Seelische Gesundheit), Verbundkoordinator des Forschungskonsortiums der Studie,
- Prof. Dr. Dieter Dölling (Kriminologisches Institut der Universität Heidelberg), Mitglied des Forschungskonsortiums der Studie,
- Prof. Dr. Andreas Kruse (Institut für Gerontologie der Universität Heidelberg), Mitglied des Forschungskonsortiums der Studie.
Quelle: domradio.de, DBK