Die bisher geleistete Unterstützung entspreche nicht der tatsächlich benötigten Hilfe, sagte Göring-Eckardt telefonisch dem Evangelischen Pressedienst (epd) während ihres Besuchs mehrerer Flüchtlingslager in Jordanien und dem Libanon. "Wir können und sollten die humanitäre Hilfe verstärken und deutlich mehr Flüchtlinge aufnehmen." Darauf sollten sich das Innenministerium und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge konzentrieren - statt eine Verschärfung der Bedingungen für das Kirchenasyl zu planen. Dafür habe sie keinerlei Verständnis.
"Wir sind auf das Engagement von Kirchen und Wohlfahrtsverbänden in der Flüchtlingsarbeit angewiesen", betonte Göring-Eckardt. Die Verschärfungspläne seien "ein Affront für jeden, der sich in Kirchen für Flüchtlinge engagiert." Angesichts solcher Überlegungen habe sie den Eindruck, "als hätten manche den Ernst der Lage immer noch nicht erkannt". Medien berichteten, dass Menschen im Kirchenasyl künftig als "flüchtig" bezeichnet werden sollen und damit nach der Dublin-III-Verordnung innerhalb von 18 Monaten abgeschoben werden könnten.
"Zusammenführen der Familien erleichtern"
Bei ihren Gesprächen mit Hilfsorganisationen in den Flüchtlingslagern habe sie stets die gleichen Appelle nach mehr Unterstützung gehört, sagte die Grünen-Politikerin. Deutschland müsse daher "seine Verfahren erleichtern, so dass zum Beispiel Familien, die durch den Bürgerkrieg in Syrien auseinandergerissen worden sind, schneller zusammengeführt werden können." Auf einer Syrien-Geberkonferenz in dieser Woche sagten die reichen Länder zu, dass sie die Zahl der Aufnahme-Plätze für notleidende Syrer von 62.000 auf über 100.000 ausbauen wollen.
Die Suche nach Unterkünften in den Kommunen und Ländern bezeichnete sie "als akute Nothilfe". Nun müsse Deutschland Integrationskonzepte für die nächsten Jahre erarbeiten. Dabei geht es nach Vorstellung der Fraktionschefin der Grünen um die Frage, wo die Flüchtlinge wohnen und arbeiten und wie gut sie in die Gesellschaft integriert werden können. "Wir sind auf gut ausgebildete Fachkräfte angewiesen." Junge Asylsuchende müssten so ausgebildet werden, "dass sie in Deutschland gut über die Runden kommen, aber nach der Rückkehr in ihre Heimat auch dort Fuß fassen können", sagte die Oppositionspolitikerin.
"Mehr Spenden nötig"
Für sie sei es beschämend gewesen, dass Hilfsorganisationen in den Lagern "so viel Energie darauf verwenden müssen, um Spendengelder für die Versorgung von Flüchtlingen mit Nahrungsmitteln zu organisieren", statt ihrer eigentlichen Arbeit nachzugehen. In Jordanien und im Libanon könnten die Gelder für Nahrungshilfen schon im Dezember aufgebraucht sein, sagte sie. "Wir brauchen hier mehr Spenden und längerfristige Unterstützung der internationalen Gemeinschaft." Deutschland müsse seinen "sehr großen Einfluss" in der EU und der Weltgemeinschaft dafür nutzen.