Gottesdienst vor erster Sitzung des neuen NRW-Landtags

"Der Glaube als Hintergrund"

In NRW steht mit der ersten Sitzung des neuen Landtags an diesem Mittwoch auch ein ökumenischer Gottesdienst an. Rüdiger Schuch vom Evangelischen Büro NRW appelliert in seiner Predigt, vor allem den Einzelnen in den Blick zu nehmen.

Plenarsaal im Düsseldorfer Landtag / © Marius Becker (dpa)
Plenarsaal im Düsseldorfer Landtag / © Marius Becker ( dpa )

DOMRADIO.DE: Sie bieten regelmäßig Gottesdienste für den Landtag an? Wie wichtig ist das für christliche Politiker und Politikerinnen, den Glauben in ihre politischen Entscheidungen mit einzubeziehen? 

Oberkirchenrat Rüdiger Schuch (Leiter des Evangelischen Büros NRW): Wir machen die Erfahrung, dass die Andachten, die wir im Landtag anbieten – etwa ein- bis zweimal im Monat – gut besucht werden. Von den 35 Plätzen, die vorhanden sind, sind meistens alle ausgefüllt und manchmal stehen auch die Menschen noch. Ich glaube, es ist vielen wichtig, die besonderen und wichtigen politischen Entscheidungen, die sie zu fällen haben, auf dem Hintergrund ihres Glaubens, auf dem Hintergrund der biblischen Botschaft zu reflektieren, vielleicht in Frage zu stellen oder sich auch bestärken zu lassen. 

Rüdiger Schuch, Leiter des Evangelischen Büros NRW

"Mir ist es wichtig, dass bei diesen Entscheidungen, die zu treffen sind, die Menschen vor Ort, der Einzelne, im Blick bleibt und auch die Sorgen, die jeder Einzelne mit diesen Themen hat."

DOMRADIO.DE: Fünf Fraktionen sind auch heute zum Gottesdienst eingeladen. Es gibt ja insgesamt 195 Abgeordnete. Kommen da erfahrungsgemäß Vertreter aus allen Fraktionen? 

Gottesdienst vor erster Sitzung des NRW-Landtags

Wenige Stunden vor der ersten Sitzung des neu gewählten nordrhein-westfälischen Landtags am Mittwoch halten die katholische und die evangelische Kirche einen Gottesdienst ab. Die Feier in der Maxkirche in Düsseldorf beginnt um 12.00 Uhr, wie das Katholische Büro NRW am Montag mitteilte. Die Predigt hält der evangelische Oberkirchenrat Rüdiger Schuch; Antonius Hamers vom Katholischen Büro leitet den Gottesdienst.

Maxkirche in Düsseldorf / © Fabian Junge (shutterstock)
Maxkirche in Düsseldorf / © Fabian Junge ( shutterstock )

Schuch: Alle Mitglieder des Landtags sind zu unseren Gottesdiensten eingeladen. Aus der AfD-Fraktion kommen bisweilen auch Parlamentarier. Aus den anderen Fraktionen ist das regelmäßig der Fall.

DOMRADIO.DE: In Ihrer Predigt heute erinnern Sie die Politik an die Themen in Deutschland und der Welt, die uns gerade Sorgen machen – Krieg, Preisanstiege, Lebensmittelknappheit, das Klima. Mit welcher Botschaft? 

Schuch: Zunächst einmal muss man festhalten, dass die Politikerinnen und Politiker heute vor enormen Herausforderungen stehen. Wir in der Gesellschaft stehen vor enormen Herausforderungen und die Politikerinnen und Politiker haben eine enorme Verantwortung. Da sind natürlich die Themen wie Klimaschutz zu nennen, aber eben auch die Transformationsprozesse in der Wirtschaft, die Armutsbekämpfung, die Sicherung von Arbeitsplätzen. Mir ist es wichtig, dass bei diesen Entscheidungen, die zu treffen sind, die Menschen vor Ort, der Einzelne im Blick bleibt und auch die Sorgen, die jeder Einzelne mit diesen Themen hat. 

DOMRADIO.DE: In der Politik geht es ja manchmal heftig zur Sache. Das ist ja auch Kern einer Demokratie, Streit zu führen und auszuhalten. Die NRW-CDU und die Grünen haben sich jahrelang beharkt, waren sich gar nicht so sehr grün. Können die jetzt miteinander? Wie schätzen Sie das ein? 

Rüdiger Schuch, Leiter des Evangelischen Büros NRW

"Die Gesellschaft ein Stück weit auch über eine solche, zunächst vielleicht fremd anmutende Koalition zu verbinden - das ist schon eine spannende Situation, die wir da gerade in Nordrhein-Westfalen haben."

Schuch: Zunächst einmal glaube ich, dass in einer Demokratie alle demokratischen Parteien miteinander können müssen und auch bereit sein müssen, Verantwortung zu übernehmen. Und in der Tat habe ich das Gefühl, dass diese alten großen Lager – auf der einen Seite Rot-Grün, auf der anderen Seite Schwarz-Gelb – sich auflösen können. Und es ist, glaube ich, wichtig und es ist auch eine Chance. Schwarz-Grün bringt ältere und jüngere Wählerschichten zusammen, Wähler aus Land und aus Stadt. Die Gesellschaft ein Stück weit auch über eine solche, zunächst vielleicht fremd anmutende Koalition zu verbinden – das ist schon eine spannende Situation, die wir da gerade in Nordrhein-Westfalen haben. 

DOMRADIO.DE: Die Spitzenkandidatin der Grünen, Mona Neubaur, hatte uns vor der Wahl noch in der Sendung ein Interview gegeben. Und sie geht ja ganz offen mit ihrem eigenen Kirchenaustritt um. Ist das etwas, was Sie bei einem Treffen mit ihr auch ansprechen würden, oder ist das zu privat? 

Schuch: Nein, in der Regel spreche ich nicht Menschen auf ihren Kirchenaustritt an. Aber wenn wir miteinander sprechen, gerade auch wenn es einmal ein etwas privateres Gespräch ist, dann ist das eher so, dass Politiker benennen, ob sie in der Kirche sind oder ob sie ausgetreten sind, auch Gründe dafür benennen und dann gerne darüber ins Gespräch kommen wollen. Und das nehme ich natürlich auch gerne auf. 

Das Interview führte Tobias Fricke.

Quelle:
DR