Der Münsteraner Bischof Felix Genn hat die Religionen zu mehr Anstrengungen für den Frieden aufgerufen. Die Zeit sei geprägt von der Auseinandersetzung zwischen Völkern und mit Gruppen, die Religion in Verbindung mit Gewalt brächten, sagte Genn am Samstagabend in Münster im Gottesdienst zum Auftakt des Weltfriedenstreffen der Gemeinschaft von Sant'Egidio. Es gelte, neue "Wege des Friedens" und Miteinanders zu gehen. "Niemandem bleibt etwas schuldig, nur die Liebe - und die schulden wir einander immer", betonte der Bischof.
Nächstenliebe als Kern des Christlichen
"Man kann das Gesetz, ebenso alle Normen, alle Werte, alle Vorschriften für unser menschliches Zusammenleben nur erfüllen, wenn wir im Mitmenschen, im Anderen den erkennen, dem wir unsere Liebe schulden", sagte Genn weiter. Das sei der Kern des Christlichen, aber auch jedes humanistischen Denkens. Wer davon überzeugt sei und danach lebe, der sei "auf dem Weg des Friedens". Genn kristisierte einen zunehmenden Egoismus in der Gesellschaft sowie ein Anspruchsdenken un ein "Pochen auf das eigene Ich". All das blockiere die Wege zum Frieden.
Stärkung der Ökumene
Das diesjährige Weltfriedenstreffen in Deutschland soll nach Genns Ansicht auch die ökumenischen Bemühungen im Jahr des 500. Reformationsjubiläums stärken. Die Austragungsorte Münster und Osnabrück stünden als Stätten des Westfälischen Friedens von 1648 für Ausgleich.
So habe der Friedensvertrag zum Ende des 30-jährigen Krieges vor allem dazu beigetragen, dass die gespaltenen christlichen Konfessionen "wenigstens in Eintracht und Frieden ein neues Miteinander suchten", erklärte der Bischof: "370 Jahre später dürfen wir mit Dankbarkeit feststellen, dass die Zeit sich gewandelt hat." Nicht mehr Abgrenzung und Misstrauen stünden im Vordergrund, sondern Respekt, Toleranz, gegenseitiges Wohlwollen sowie gemeinsames Handeln und Beten.
Hochrangige Gäste erwartet
Das Weltfriedenstreffen der katholischen Gemeinschaft von Sant'Egidio findet bis Dienstag in Münster und Osnabrück statt. Rund 5.000 Menschen werden erwartet. Zur offiziellen Eröffnung am Sonntagnachmittag werden unter anderem Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), der Präsident des Europäischen Parlaments, Antonio Tajani, und der Großimam der Al-Azhar-Universität in Ägypten, Ahmad Muhammad Al-Tayyeb, erwartet. Die 1968 entstandene Bewegung Sant'Egidio widmet sich nach eigenen Angaben der karitativen Arbeit, der Diplomatie in Bürgerkriegsgebieten und dem Dialog der Religionen.
Gabriel würdigt Weltfriedenstreffen
Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) hat die wichtige Rolle der Religionen für den Frieden in der Welt hervorgehoben: "Religionen bergen enormes Potenzial für gesellschaftliche Friedensarbeit", sagte Gabriel am Samstag in Berlin: "Sie bewahren ein tiefes Wissen um Schuld, Vergebung und Versöhnung und können für Ausgleich und Gerechtigkeit in Gesellschaften sorgen."