Grab von Spaniens Diktator soll aus Basilika entfernt werden

General Francos Degradierung rückt näher

Das Grabmal von Spaniens Diktator Francisco Franco (1892-1975) in der Basilika des "Tals der Gefallenen" erregt seit langem Anstoß. Nun könnte eine mehrfach angedachte Exhumierung und Umbettung Wirklichkeit werden.

Autor/in:
Andreas Drouve
Beisetzung von Opfern des Spanischen Bürgerkrieges / © Francisco Seco (dpa)
Beisetzung von Opfern des Spanischen Bürgerkrieges / © Francisco Seco ( dpa )

Den meisten Spaniern liegt eine kritische Aufarbeitung ihrer Geschichte fern. Weder die Tragik der Kolonialzeit noch der Spanische Bürgerkrieg (1936-1939), der die totalitäre Herrschaft von General Francisco Franco bis zu dessen Tod 1975 nach sich zog, zählen zu den großen Themen. Eine Massenbewegung gegen das Grabmal des Diktators hat es nie gegeben - doch vielen ist es seit langem ein Dorn im Auge.

Das Grab nimmt einen Ehrenplatz inmitten der pompösen Basilika im «Tal der Gefallenen» ein, dem Valle de los Caidos, eine Fahrstunde nordwestlich von Madrid. In Spaniens neuer Linksregierung häufen sich nun die Stimmen, Francos Reste zu exhumieren und aus dem Valle de los Caidos zu schaffen. Im Gegenzug soll dort ein "Nationales Gedächtnis-Zentrum" entstehen. Die Gedankenspiele sind nicht neu, aber bislang immer gescheitert, entweder an der mangelnden politischen Geschlossenheit, den Finanzen oder an beidem. 

Mehrheit für Entfernung der Reste Francos ungewiss

Der sozialistische Regierungschef Pedro Sanchez weiß, dass das Franco-Grab als Pilgerstätte für Altfaschisten dient, bremst aber voreiligen Enthusiasmus. Ob er letztlich eine politische Mehrheit für die Erweiterung des "Gesetzes des Historischen Gedächtnisses" ("Ley de Memoria Historica") findet, mit dem eine Entfernung der Reste Francos verbunden wäre, ist ungewiss. Gegen sich hat er die Vertreter der konservativen Volkspartei, Partido Popular, die sich hinter dem Argument verschanzen, keine alten Wunden öffnen zu wollen.

Der Vorsitzende der Bürgerpartei Ciudadanos, Albert Rivera, versagt sich einer Unterstützung zwar nicht, doch für ihn haben andere Anliegen Priorität. Sanchez sei stärker besorgt "um die Knochen von Franco" als die realen Probleme Spaniens zu lösen, warf er mit Blick auf Krisenfelder wie Bildung und das kränkelnde Gesundheitswesen ein. Eine Gegeninitiative hat die dubiose Stiftung Francisco Franco über die Plattform www.change.org gestartet. Unter dem Aufruf "Respektiert die Toten. Nein zur Schändung des Valle de los Caidos" hat die Online-Petition bislang 35.000 virtuelle Unterzeichner gefunden.

Erzdiöse Madrid könnte Zustimmung geben

Der spanischen Tageszeitung "La Razon" zufolge könnte die zuständige Erzdiözese Madrid grünes Licht für eine Exhumierung Francos aus der Basilika geben. Kardinal Carlos Osoro habe "keinerlei Interesse", sich dagegen zu stellen, heißt es. Sollten die Reste Francos tatsächlich aus den heiligen Hallen und dem Valle de los Caidos entfernt werden, würden sie den Nachkommen des Diktators übergeben, die über eine neue Ruhestätte befinden müssten. Einen Zeitrahmen für das mögliche Vorhaben gibt es nicht. Justizministerin Dolores Delgado hat zwar ein "profundes juristisches Gutachten" zur Exhumierung angekündigt, sich aber auf keinen Termin festgelegt. Derweil soll Regierungschef Sanchez hinter verschlossenen Türen gesagt haben, in einer kurzen Legislaturperiode könne man kein Pensum wie sonst in vier Jahren schaffen; spätestens 2020 dürfte mit Parlamentswahlen zu rechnen sein. Bis dahin will Sanchez seine Minderheitsregierung aufrecht erhalten. Ob diese bis dahin eine Entfernung der Reste Francos durchsetzen kann, ist fraglich. 

Nicht nur das Franco-Grab in der Basilika ist politisch problematisch, auch das komplette "Tal der Gefallenen". Ab 1940 errichtet und 1959 vollendet, wurden zahlreiche Zwangsarbeiter für den Bau herangezogen. Zudem befinden sich unter den sterblichen Resten Zehntausender nicht nur Franco-Anhänger, sondern auch Kriegsopfer, die damals auf der republikanischen Gegenseite standen. Dies empfinden viele Hinterbliebene bis heute als Skandal. Für sie ist das Valle de los Caidos ein ideologisches Schandmal.


Quelle:
KNA