Die Geschichte der Mauer ist die Geschichte ihres Falls

Grenzwälle haben nur selten dicht gehalten

Mauern sind keineswegs out. Auch heute signalisieren Wälle und Zäune zwischen Staaten und Völkern Macht und Stärke - aber auch Schwäche und Angst. Ein kurzer Überblick aus Anlass des 60. Jahrestages des Mauerbaus.

Autor/in:
Christoph Arens
Die Berliner Mauer (KNA)
Die Berliner Mauer / ( KNA )

Das waren noch Zeiten, als US-Präsidenten Mauern einreißen statt bauen wollten: "Mr. Gorbatschow, reißen Sie diese Mauer nieder!" Mit diesem Appell krönte der damalige US-Präsident Ronald Reagan am 12. Juni 1987 seine Rede vor dem Brandenburger Tor.

Trumps Plan eine Mauer zu bauen

Ganz anders Amtsnachfolger Donald Trump, als es um den Bau eines 3.200 Kilometer langen Grenzwalls zu Mexiko ging. Es solle die "längste und die großartigste Mauer aller Zeiten" werden, und Mexiko werde dafür bezahlen, sagte Trump, als er 2016 den Bau als eines seiner wichtigsten Wahlkampfversprechen ankündigte.

Walter Ulbricht war da 1961 mit seiner Lüge "Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten" etwas altmodisch. Der DDR hat der am 13. August 1961 begonnene Bau des "antifaschistischen Schutzwalls" 28 Jahre lang eine gewisse Stabilität verliehen. Auch wenn der Wall das Eindringen von Ideen nicht verhindert hat. "Wenn der Wind der Veränderung bläst, bauen einige Menschen Mauern und andere Windmühlen", lautet ein chinesischen Sprichwort.

Mit Mauern Gebietsansprüche dokumentieren

Mauern sollen Eindringlinge abhalten und Untertanen festhalten, Herrschaft stabilisieren und Gebietsansprüche dokumentieren. Das Innen und das Außen, das Heilige und das Weltliche, Freund und Feind werden klar definiert - etwa, wenn Juden in mittelalterlichen Städten hinter Ghetto-Mauern isoliert wurden.

Das wohl größte Grenzbollwerk aller Zeiten ist mit 21.000 Kilometern Länge die Chinesische Mauer, die das Reich der Mitte vor nomadischen Reitervölkern schützen sollte. Vom 7. Jahrhundert vor Christus bis ins 16. Jahrhundert wurden die Befestigungen immer weiter ausgebaut. Historiker betonen, dass die Mauer ihren Zweck nur unzureichend erfüllte: Immensen Kosten an Geld und Menschenleben stand eine begrenzte Schutzwirkung gegenüber. Migranten fanden Wege, um ins Land einzusickern. Und die Krieger der Mongolen oder Mandschu ließen sich dadurch nicht aufhalten.

Schutz von Städten

Mauern definierten und schützten die ersten Städte der Menschheit. Etwa die Mauern von Jericho: Die Stadt am Jordan wurde schon vor rund 10.000 Jahren befestigt. Plakativ beschreibt die Bibel, dass auch diese Mauer ihr Versprechen nicht hielt: Zwar sind Josuas Posaunen nur Legende. Doch ist klar, dass die Israeliten ihr gelobtes Land nach und nach in Besitz nehmen konnten. Heute trennen Sperranlagen Israel und palästinensische Gebiete. Israelische Politiker betonen, dass die Zahl der Terroranschläge durch sie stark zurückgegangen sei. Das Leben der Palästinenser haben sie stark erschwert.

Römer waren große Mauerbauer

Als große Mauerbauer erwiesen sich auch die Römer. In Deutschland markierte der - gerade komplett als Weltkulturerbe ausgezeichnete - Limes die Grenze zu den barbarischen Germanen. Doch die Völkerwanderung ließ sich nicht verhindern. Allerdings waren die Römer sehr pragmatisch: Historiker bewerten den Limes primär als Mittel, um Handel und Grenzverkehr zu kanalisieren. Die Tore waren ebenso wichtig wie die Wälle und Wachtürme.

Moderne Mauern sehen anders aus: Errichtet werden sie aus Metall, Beton und Stacheldraht, gesichert mit Video- und Infrarotkameras, Bewegungsmeldern, Drohnen und Wärmesensoren. Digitale Firewalls sollen Computer vor Viren schützen.

Grenzanlagen heute

Grenzzäune erstrecken sich heutzutage zwischen den Atommächten Indien und Pakistan in Kaschmir. Um die beiden spanischen Exklaven Ceuta und Melilla im Norden Marokkos ziehen sich jeweils Kilometer lange Grenzanlagen, um Flüchtlinge abzuhalten. Auch Ungarn hat 2017 Grenzzäune zu Kroatien und Serbien errichtet. Auf Zypern schneidet eine 180 Kilometer lange "Grüne Linie" die Insel in zwei Hälften.

Als stärkstes Bollwerk der Gegenwart gilt die Grenze zwischen Nord- und Südkorea. Mehr als eine Millionen Minen sowie Panzersperranlagen, Schützengräben und Hochspannungszäune sollen die feindlichen Systeme voneinander abhalten. Durchlässiger sind die Peace Lines in nordirischen Städten, in denen sich jahrzehntelang Protestanten und Katholiken feindselig gegenüberstanden. Es gibt Durchgänge, die aus Sicherheitsgründen nachts geschlossen werden. Die Mauern in den Köpfen lassen sich eben nur langsam niederreißen - und schnell wieder aufbauen.


Quelle:
KNA