Der Anschlag in Nizza schlägt nicht nur in traditionellen Medien Wellen, sondern auch in den sozialen Netzwerken. Bereits wenige Minuten nach dem Geschehen bekundeten zahlreiche Menschen ihr Mitgefühl. Andere boten Fremden unter dem Hashtag #PorteOuvertNice - übersetzt etwa "Offene Tür Nizza" - einen Platz in ihrer Wohnung an.
Viele Tweets beginnen oder enden mit dem Wort "Pray" (beten). Hieß der Hashtag bei den Attentaten in Brüssel #PrayForBrussels, twittern am Freitag viele mit dem Hashtag #PrayForNice, #PrayForFrance oder #PrayForPeace. In Frankreich nutzen zudem viele den Hashtag #NousSommesUnis (Wir sind vereint).
Auch Papst Franziskus hat per Twitter seine Nähe zu den Opfern des Anschlags von Nizza bekundet.
Der Heilige Stuhl verurteile aufs Entschiedenste den "mörderischen Wahnsinn, Hass, Terrorismus und jeden Angriff auf den Frieden", teilte Vatikansprecher Federico Lombardi am Freitag mit.
"Die Welt rückt zusammen"
Vor anderthalb Jahren, im Januar 2015, waren alle Charlie. Eine halbe Stunde nach dem Terroranschlag auf die Redaktion des Satiremagazins "Charlie Hebdo" verschickte der französische Grafiker Joachim Roncin die Worte "Je suis Charlie" über Twitter. Wenige Minuten später hatten viele Nutzer in den sozialen Netzwerken den Satz aufgegriffen. Der Solidaritäts-Slogan wurde millionenfach im Internet geteilt und auf Plakaten durch die Straßen getragen - und erst später hinterfragt. Spontan fassten Menschen in aller Welt die Parole als Ausdruck von Solidarität, Betroffenheit und Kampfgeist auf.
"Die Welt rückt zusammen", so beschreibt es der Münchner Medienethiker Alexander Filipovic. Menschen reagierten auf Dinge, die sie als etwas erfahren, das sie unmittelbar angeht. Es habe sich eine regelrechte Betroffenheitskultur entwickelt, vor allem in den Sozialen Medien. Dabei zeigt sich auch, dass Gefühle nicht immer gerecht sind: Immer wieder wird nach Anschlägen in der Türkei, Nigeria oder Pakistan die Kritik laut, die Solidarität sei längst nicht so groß wie bei vergleichbaren Taten in Europa. Das lege an die Solidaritätsbekundungen im Netz zu hohe Maßstäbe an, findet Filipovic. "Menschen bringen ihr Mitgefühl zum Ausdruck - das geschieht nicht immer reflektiert", sagt er.
Soziale Medien als Hilfsmittel bei der Vermisstensuche
Doch die sozialen Medien werden nicht nur genutzt, um Mitgefühl auszudrücken. Sie dienen auch dazu, Familien und Freunde wieder zusammenzubringen. Tiava Banner hatte während der Fahrt des LKW über die Promenade ihr acht Monate altes Baby verloren. Nachdem sie auf Facebook um Hilfe bat, wurde ihr Beitrag tausendfach geteilt. Inzwischen hat sie ihr Baby wieder.
Mittlerweile findet man unter dem Hashtag #RechercheNice unzählige Fotos und Aufrufe von Menschen, die Freunde oder Familienmitglieder vermissen. Eltern, die ihre Kinder suchen, oder Ausländer, die ihre Freunde in Frankreich nicht erreichen. Die Text und Bilder zeigen die Verzweiflung. Es sind die Fotos der Menschen, die unter Umständen unter den Toten oder Verletzten sind.
Manche entschließen sich hingegen auch bewusst, nicht alle Bilder und Videos ungefiltert im Netz zu teilen. Der deutsche Journalist Richard Gutjahr hatte am Donnerstag über Snapchat noch live vom Nationalfeiertag berichtet. Er sah, wie der LKW in die Menge raste, entschied sich jedoch, keine Bilder und Videos über Snapchat zu posten. Er überließ den Fernsehsendern die Entscheidung, das Material zu verwenden oder nicht.
Franziska Broich und Paula Konersmann