Mit einer großen Mehrheit von 198 zu 138 Stimmen hat Spaniens Parlament am Donnerstag ein Gesetz zur Legalisierung von Sterbehilfe verabschiedet. Damit wird Spanien nach den Niederlanden, Belgien, Luxemburg, Kanada und Neuseeland das weltweit sechste Land, in dem aktive Sterbehilfe demnächst straffrei ist. In Deutschland steht aktive Sterbehilfe unter Strafe, wenn auch seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom Februar Beihilfe zum Suizid nicht mehr strafbar ist.
Kirche kritisiert schnelle Einführung
Im Vorfeld der Parlamentsdebatte hatte die Spanische Bischofskonferenz die Abgeordneten aufgefordert, gegen die Gesetzesinitiative der links-sozialistischen Regierungskoalition von Ministerpräsident Pedro Sanchez zu stimmen. In einem Offenen Brief kritisierte die Kirche vor allem auch eine "Express-Einführung" der aktiven Sterbehilfe. Die Bischöfe prangerten die fast "verdächtig beschleunigte Art und Weise" an, mit der das neue Gesetz zur Legalisierung "in Zeiten der Pandemie und des Alarmzustands" und "ohne öffentlichen Dialog" geplant worden sei.
"Es ist ein Skandal, dass über dieses Gesetz ohne gesellschaftliche Debatte entschieden wird, unter Ausnutzung des Lockdowns und wenn Tausende älterer Menschen wegen Covid-19 gestorben sind", kritisierte im Vorfeld auch der PP-Europaabgeordnete Jaime Mayor Oreja. Die rechte Vox-Parlamentarierin Lourdes Mendez-Monasterio erklärte, die neue Norm werde eine "Industrie des Todes" etablieren. Die Einführung von Sterbehilfe bedeute eine "Zerstörung unserer Kultur". Es sei "abscheulich", so Mendez-Monasterio, ein solches Gesetz zur Tötung neuen Lebens zu verabschieden, kurz bevor "die Welt die Geburt des Sohnes Gottes feiert".
Bestätigung durch Senat steht noch aus
Am Donnerstag stimmten alle Parlamentsparteien außer die konservative Oppositionspartei PP, die rechtspopulistische Vox-Partei sowie eine kleinere Regionalpartei aus Navarra für die Gesetzesinitiative, die nun noch vom Senat Anfang Januar bestätigt werden muss. Damit könnte aktive Sterbehilfe ab Mai straffrei praktiziert werden.
Dabei handelt es sich um eine "Forderung quer durch die Gesellschaft", betonte Gesundheitsminister Salvador Illa im Parlament. Die parlamentarische Unterstützung "über ideologische Grenzen" hinaus zeige, dass Spanien eine "demokratische und reife Gesellschaft" sei. "Wir können angesichts unerträglichen Leidens nicht teilnahmslos bleiben", so der Minister; das Gesetz werde zu einer "humaneren und gerechteren Gesellschaft" beitragen.