Großeltern unterstützen Enkelkinder als Kommunionkatecheten

"Das gibt mir selbst auch Kraft"

Viele Kinder wachsen heute ohne einen religiösen Rückhalt im Elternhaus auf. Um die fehlende Vermittlerinstanz der Elterngeneration auszugleichen, springen oft die Großeltern als Glaubenszeugen ein. Mit Erfolg, wie ein Beispiel zeigt.

Autor/in:
Beatrice Tomasetti
In vielen Gemeinden ist im Advent die Erstkommunionvorbereitung gestartet / © Beatrice Tomasetti (DR)
In vielen Gemeinden ist im Advent die Erstkommunionvorbereitung gestartet / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Kindern die Beziehung zu Gott zu erschließen und mit ihnen gemeinsam auf Spurensuche nach dem tieferen Sinn des Lebens zu sein, ist zunehmend eine große Herausforderung für Eltern. Umso mehr, je weniger selbstverständlich Religion und Glauben eine Rolle in der aktuellen gesellschaftlichen Entwicklung spielen. 

Aber auch weil beide, Mütter wie Väter, heute sehr mit sich selbst beschäftigt sind und oft schlichtweg keine Zeit haben, neben dem herausfordernden Spagat zwischen Beruf und Familie auch noch zusätzliche Freiräume für Extra-Themen wie zum Beispiel die Erstkommunionvorbereitung ihres Kindes in der Kirchengemeinde zu begleiten. 

Erstkommunionkinder beim Einzug / © Beatrice Tomasetti (DR)
Erstkommunionkinder beim Einzug / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Gaby Elzer und Hermann Schaufler haben sich bewusst entschieden, bei diesem wichtigen Dienst, der Vorbereitung auf dieses Sakrament, als Großeltern "einzuspringen", die eigenen Kinder zu entlasten und sich für die Aufgabe als Katecheten zur Verfügung zu stellen – auch weil ihnen die religiöse Erziehung ihrer Enkel ein Herzensanliegen ist. In diesem Jahr hat Gaby Elzer ihre Enkeltochter Paulina bis zu ihrem großen Tag im Mai begleitet und Hermann Schaufler die neunjährige Emma. 

Und da sie diese Form der Glaubenweitergabe als wertvolle Erfahrung für sich persönlich verbuchen, sie in der Katechetengruppe der Mütter und Väter außerdem eine große Akzeptanz hatten und eine Bereicherung für die Gruppe waren, haben sie sich gleich für den laufenden Jahrgang, der sich Ende November auf den Weg gemacht hat, wieder freiwillig gemeldet. Diesmal auch ohne ein eigenes Enkelkind mit dabei zu haben. 

Erstkommunionvorbereitung hat begonnen

Vor wenigen Wochen sind in den meisten Gemeinden des Erzbistums die Kommunionvorbereitungen angelaufen – auch in der Pfarreiengemeinschaft Bensberg-Moitzfeld. 

Pfarrvikar Elmar Kirchner feiert im Advent Weggottesdienste mit den Kindern / © Beatrice Tomasetti (DR)
Pfarrvikar Elmar Kirchner feiert im Advent Weggottesdienste mit den Kindern / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Seitdem nehmen die beiden Senioren erneut an den regelmäßigen Großgruppentreffen teil, die Pastoralreferentin Violetta Gerlach während der Pandemie am Ort eingeführt und im Jahr darauf mit Unterstützung von Pfarrvikar Elmar Kirchner weiterentwickelt hat, aber auch an den Weggottesdiensten, die jetzt im Advent an jedem Samstag für die angehenden Kommunionkinder in der Kirche stattfinden, um in Kontakt mit dem Gotteshaus zu bekommen und vertraut mit den dazu gehörigen Ritualen zu werden. Dabei werden die beiden Seelsorger, bei denen alle Fäden zusammenlaufen, als Sympathieträger und wichtige Impulsgeber erlebt.

Pastoralreferentin Violetta Gerlach hat in der Pandemie Großgruppentreffen eingeführt / © Beatrice Tomasetti (DR)
Pastoralreferentin Violetta Gerlach hat in der Pandemie Großgruppentreffen eingeführt / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Dass sich in 35 Jahren die Voraussetzungen der jüngsten Generation, einen Zugang zu diesem Sakrament zu finden, enorm geändert haben, stellt Elzer nüchtern, aber dennoch klaglos fest. Die 73-Jährige hat den unmittelbaren Vergleich, da sie schon Ende der 80er Jahren jeweils bei ihren eigenen drei Kindern – heute alle über 40 – Kommunionkatechetin war, dieses Format damals aber eher noch Modellcharakter hatte. 

Kinder mit unterschiedlichsten Voraussetzungen

Vorbei sei eben die Zeit, so Elzer, als das Ganze einen noch klar familiären Kontext hatte und es meist nicht mehr als sechs Kinder waren, die sie einmal wöchentlich zur Gruppenstunde bei sich zuhause um den Tisch sitzen hatte, um dann unter theologisch-pädagogischer Anleitung – in den ersten Anfängen von Pastoralreferent Hans-Peter Bleck – und auf der Grundlage entsprechender Materialien die wesentlichen Kernthemen des Glaubens mit den Kindern zu erarbeiten, aber eben auch gemeinsam mit ihnen Brot zu backen oder die Kommunionkerze zu basteln. 

Gaby Elzer ist Großmutter und Kommunionkatechetin / © Beatrice Tomasetti (DR)
Gaby Elzer ist Großmutter und Kommunionkatechetin / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Traditionell betreut bei dieser schon in den 1980er Jahren anspruchsvollen und mitunter herausfordernden Aufgabe angesichts einer sehr gemischten Gruppe von Kindern mit unterschiedlichsten Voraussetzungen wurde der Katechetenkreis immer von einer hauptamtlichen Pastoralkraft. "Das ist bis heute so, aber alles andere hat sich doch merklich verändert", bemerkt Elzer.

Gaby Elzer

"Beim ersten Treffen in der Großgruppe lernen die Kinder zunächst einmal das Kreuzzeichen. Dass sie in der Gestalt des Brotes Jesus Christus in sich aufnehmen, ist für sie abstrakt und nur schwer vermittelbar."

"Früher wurde zuhause noch übers Beten gesprochen und die Erstkommunion hatte etwas von einem Mysterium. Was passiert mit mir, wenn ich zum ersten Mal den Leib Christi empfange – das hat Kinder immer sehr beschäftigt. Da gab es aber noch einen ganz anderen Hintergrund. Heute kann man Glaubenswissen kaum noch voraussetzen, vieles hat sich inzwischen verflüchtigt", bedauert die ehrenamtliche Katechetin. 

Selbstgebastelte Erstkommunionkerzen / © Beatrice Tomasetti (DR)
Selbstgebastelte Erstkommunionkerzen / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Ihr fehle bei der religiösen Erziehung der Rückhalt im Elternhaus. "Beim ersten Treffen in der Großgruppe lernen die Kinder zunächst einmal das Kreuzzeichen. Dass sie in der Gestalt des Brotes Jesus Christus in sich aufnehmen, ist für sie abstrakt und nur schwer vermittelbar." 

"Ich bin ich, einzigartig und von Gott geliebt" oder "Behaltet einen kleinen Platz für Jesus im Herzen" – solche Botschaften könnten Kinder dagegen eher begreifen; die Verständigung auf einfache Glaubenssätze oder auch die von Gemeinschaftserfahrung sei inzwischen der kleinste gemeinsame Nenner bei dem, was inhaltlich für die Acht- und Neunjährigen erlebbar werden solle. 

Ein Kind bei seinen ersten religiösen Erfahrungen zu begleiten, sei natürlich eigentlich Aufgabe der Eltern. "Aber wir Großeltern bringen eben das Privileg mit, Zeit zu haben, um uns mit den Kindern und ihren vielen Fragen zu beschäftigen. Hinzu kommt, dass wir ihnen vorleben, was uns wichtig ist, und diese Selbstverständlichkeit unter Umständen auch neugierig macht", berichtet Elzer. Daher habe sie ihrem Sohn und der Schwiegertochter auch dieses Angebot gemacht. 

Zum Glück, so habe sie bei Enkeltochter Paulina beobachtet, sei da eine gewisse Sehnsucht gewachsen, so dass das Kind irgendwann von selbst den Wunsch formuliert habe, die Großeltern beim sonntäglichen Kirchgang begleiten zu wollen. "Es ist ein Glücksfall", findet Elzer, "dass der qualifizierte Religionsunterricht in der Schule zusätzlich gute Bedingungen für dieses Interesse geschaffen hat."

Hermann Schaufler

"Ich möchte ein Samenkorn legen. Das ist mein Beitrag, der Erosion des Christentums in unserer Gesellschaft entgegenzuwirken."

Hermann Schaufler ist Großvater und bereichert den Katechetenkreis / © Beatrice Tomasetti (DR)
Hermann Schaufler ist Großvater und bereichert den Katechetenkreis / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Vorbildfunktion zu haben und Verantwortung wahrzunehmen – das ist auch einer der Beweggründe für Hermann Schaufler, bei der Erstkommunionvorbereitung mitzumachen. Zu jedem Gruppentreffen und Weggottesdienst reist er eigens aus Remscheid an. Aber dieser Aufwand ist es dem 74-Jährigen wert. "Mir war wichtig, dass Emma spürt, wie sehr die Familie bei ihrem großen Fest hinter ihr steht, dass Glaube und Kirche einen Platz in unserem Leben haben und sie sich hier etwas abschauen kann." 

Er selbst zeigt sich überzeugt davon, dass die Kommunionvorbereitung ein wesentlicher Teil auf dem Weg zu einem sinnvoll gestalteten Leben ist. "Ich möchte ein Samenkorn legen. Das ist mein Beitrag, der Erosion des Christentums in unserer Gesellschaft entgegenzuwirken", betont Schaufler, der viele Jahre am Erzbischöflichen St. Anna-Gymnasium in Wuppertal Lehrer war und sich bis heute in seiner Heimatpfarrei als Lektor engagiert. 

Der Glaube schenkt Trost und Hoffnung

"Ich würde mir wünschen, dass die Kinder lernen, an Gott zu denken", sagt Schaufler über sein Selbstverständnis als Katechet. "Wiederkehrende Rituale wie das Tisch- oder Abendgebet können da sehr hilfreich sein. Und dass sie erfahren, dass mit dem Tod nicht alles aus ist, wenn man glaubt." Der Verlust seiner Frau vor gar nicht langer Zeit habe den Ewigkeitsgedanken für Emma anschaulich gemacht. "Dass da etwas ist, was einem Halt gibt – das hat Emma dankbar aufgesogen. Weil ich ihr erklärt habe, dass der Glaube Trost und Hoffnung schenkt." 

Seitdem Emma wisse, dass die geliebte Omi im Himmel sei, habe Sterben und Tod für sie eine neue Dimension bekommen. Nun könne sie es verorten. Und das Miterleben der Beerdigung habe ihr gezeigt, dass nicht alles nur in glücklichen Bahnen verlaufe, man mithilfe des Glaubens aber auch die schwierigsten Lebenssituationen aushalten könne, er selbst bei großem Schmerz Kraft gebe.

Wie viele andere Großeltern auch profitieren Gaby Elzer und Hermann Schaufler von der Tatsache, dass sie zu ihren Enkeln eine ganz eigene emotionale Beziehung haben und sie – umgekehrt – von diesen heiß geliebt werden. Mittlerweile belegen Studien zu religiöser Identitätsbildung, wie eindeutig sich auf Kinder und Jugendliche die religiöse Prägung durch ihre Großeltern auswirkt. Außerdem wird ein Zusammenhang zwischen emotionaler Zuwendung und erfolgreicher religiöser Erziehung konstatiert. 

Das hat vor knapp 20 Jahren schon der Religionspädagoge Albert Biesinger herausgefunden. "Religiöse Erziehung ist ein kommunikativer Prozess, den Kinder durch die Zusage 'Du bist radikal geliebt, du bist ein Wunschkind Gottes, du bist für uns wichtig' erleben können. Wenn die eigenen Enkelkinder einen als einfühlsamen Opa, als 'liebe Omi' wahrnehmen, die an Gott glauben, für die religiöse Rituale eine Selbstverständlichkeit sind, dann wird dies seine Wirkung haben."

Albert Biesinger

"Wer seinem Kind oder Enkelkind Gott schenkt, macht ihm das größte Geschenk."

Großeltern gäben ihren Enkelkindern Wesentliches mit, wenn sie sie an ihren Ritualen teilhaben ließen. "Mehr als Glaubenszeuge für seine Enkelkinder zu werden, kann man nicht tun", stellt Biesinger fest, der auch selbst aus einem reichen Erfahrungsfundus als vierfacher Vater und Großvater schöpft und jahrzehntelang Antworten nach dem "Warum" und "Wieso", den ersten und letzten Fragen nach menschlicher und göttlicher Existenz, formuliert hat. So betont er: "Wer seinem Kind oder Enkelkind Gott schenkt, macht ihm das größte Geschenk."

Kinder nicht um Gott betrügen, lautet der Appell von Religionspädagoge Albert Biesinger / © Beatrice Tomasetti (DR)
Kinder nicht um Gott betrügen, lautet der Appell von Religionspädagoge Albert Biesinger / © Beatrice Tomasetti ( DR )

In seinem Standardwerk "Kinder nicht um Gott betrügen", das 2005 erschienen ist und bereits in der 16. Auflage vorliegt, hält er ein überzeugendes Plädoyer für eine religiöse Erziehung von Kindern und erklärt: "Wer seine Kinder nicht religiös erzieht, nimmt ihnen wichtige Deutungsmöglichkeiten für ihr Leben." An anderer Stelle argumentiert er noch zugespitzter: "Religiöse Deutung ist ein Sinn-Überschuss. Wer seinem Kind die Beziehung zu Gott verbaut, nimmt ihm etwas weg." Dabei gehe es darum, auf eine sensible und nicht konfrontative Kommunikation zu bauen, liturgische Rituale mit Leben zu füllen und sich den religiösen Fragestellungen von Kindern nicht zu entziehen. 

Ein großes Ziel liebevoller religiöser Erziehung liege darin, seinem Kind sagen zu können: Wir wollen dich stark machen, damit du einfühlsam und rücksichtsvoll durchs Leben gehen kannst, damit du aber auch selbstbewusst wirst, nicht jedem Rattenfänger nachläufst und wichtige Regeln kennst und beachtest. Und du bist von Gott gehalten, der dich liebt und dein Leben begleitet.

Religiöse Erziehung als Bewusstseinserweiterung 

Nicht wenige Eltern erlebten sich heutzutage in einer Verteidigungsposition, wenn sie ihre Kinder religiös erzögen. "Wenn religiöse Erziehung aber als Sinn stiftende Erschließung und Realisierung der Beziehung mit Gott verstanden wird, lässt sie sich gerade nicht als Einschränkung, sondern – im Gegenteil – als Bewusstseinserweiterung und Intensivierung der persönlichen Lebensqualität wahrnehmen", hält Biesinger dagegen. 

Die Familie sei ein authentischer Ort der Gotteskommunikation, so der einstige Professor für Religionspädagogik in Tübingen. "Wenn wir uns selbst nach dem Sinn des Lebens fragen, tun wir unseren Kindern damit einen wichtigen Dienst. Sie können gemeinsam mit uns Wegstücke gehen und an uns ablesen, dass es zum Menschsein gehört, auf Sinnsuche zu sein." 

Vor diesem Hintergrund leisten die beiden Großeltern Elzer und Schaufler mit ihrem Katechetendienst Unverzichtbares. Allerdings sehen sie selbst darin mehr eine win-win-Situation. "Die Begleitung meiner Enkelin hat mich ganz automatisch zu einer neuen Auseinandersetzung mit meiner eigenen Glaubensüberzeugung gebracht und mich nach der Pandemie auch wieder ein Stück weit in die Kirche zurückgeholt", räumt Gaby Elzer offen ein. 

Und Hermann Schaufler ergänzt: "Es ist eine wunderbare Erfahrung zu erleben, wie sich Kinder für die Geschichten der Bibel ansprechen lassen und Interesse an religiösen Themen zeigen. Das gibt mir selbst auch Kraft."

Mundkommunion und Handkommunion

Die Kommunion wird in der römisch-katholischen Kirche entweder in Form der Mundkommunion oder, nach dem der Bischofskonferenz aufgrund eines päpstlichen Indultes eingeräumten Ermessen auch in Form der Handkommunion gereicht, dabei kann in jeder der beiden Formen der Gläubige die Kommunion kniend oder stehend empfangen. Bei der Mundkommunion legt der Kommunionspender die Hostie auf die Zunge des Empfangenden.

Bei der Kommunionausteilung / © Harald Oppitz (KNA)
Bei der Kommunionausteilung / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
DR