Jugend sieht Kirchen in Deutschland offenbar zwiespältig

Gutes Ansehen mit kleinem "Aber"

Die beiden großen Kirchen in Deutschland sind bei jungen Menschen gut angesehen. Dies zeigen Untersuchungen wie die Shell-Studie. Aber gleichzeitig fremdeln die jungen Leute mit der organisatorischen Verfasstheit der Kirchen.

Autor/in:
Markus Geiler
Junge Gläubige im Gottesdienst / © Harald Oppitz (KNA)
Junge Gläubige im Gottesdienst / © Harald Oppitz ( KNA )

Zahlreiche Untersuchungen wie die Shell-Studie zeigen, dass die große Mehrheit der Jugend und jungen Erwachsenen die Kirchen für sinnvolle soziale Einrichtungen halte, die für die Gesellschaft von Vorteil seien, sagte der Jugendforscher Klaus Hurrelmann von der Berliner Hertie School of Governance dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Sie sind bei ihnen gut geachtet."

Gleichzeitig fremdelten die jungen Leute aber mit der organisatorischen Verfasstheit der Kirchen, sagte Hurrelmann weiter.

Wenig Lust auf Engagement

"Es bröckelt für die großen Religionsgemeinschaften. Sie halten sie für ganz nützlich, können sich aber nicht vorstellen, sich selbst dort zu engagieren. Das bleibt einer Minderheit überlassen." Diese Entwicklung sei bei den Parteien noch stärker ausgeprägt als bei den Kirchen.

Sich selbst religiös zu bekennen und an einen persönlichen Gott zu glauben im christlichen Sinn sei bei nur einem guten Drittel der jungen Menschen der Fall, erläuterte der Jugendforscher. Die Zahlen seien sehr stark zurückgegangen und lägen unter der Zahl der erwachsenen Bevölkerung.

Ein weiteres Drittel bezeichne sich selbst zwar als nicht areligiös, aber glaubte nicht an einen persönlichen Gott. Eher glaubten diese jungen Menschen an übersinnliche und übermenschliche Kräfte, seien ansprechbar für abergläubische und schamanische Vorstellungen. "Da ist die Suche nach einer Sinnorientierung zu spüren, die man aber nicht in dem verfassten, christlichen Kanon findet", sagte der Sozialwissenschaftler. Ein weiteres Drittel sei bekennend nichtreligiös, wobei die wenigsten sich als Atheisten bezeichnen würden. Die meisten von ihnen wollten sich nicht festlegen.

Muslimische junge Menschen mehrheitlich sehr religiös

Im Vergleich dazu seien muslimische junge Menschen in Deutschland mehrheitlich sehr religiös. "Hier ist die religiöse Orientierung stark und eng und bestimmt auch viele tägliche Lebensabläufe, wird für Entscheidungen im Leben mit herangezogen und gilt als Orientierung", sagte der Trendforscher. Unter den Muslimen in Deutschland würden sich zwei Drittel als religiös bezeichnen.

Hurrelmann geht aber davon aus, dass sich das ändert und sich die religiöse Orientierung bei den muslimischen Jugendlichen schrittweise an die der christlichen Mehrheitgesellschaft angleicht. "Das haben wir bei allen anderen lebensperspektivischen Entscheidungen auch gesehen, beispielsweise bei der Männer-Frauen-Rolle, bei der Anzahl der Kinder, bei der Rolle der Familie."

Es werde bei den muslimischen Jugendlichen hierzulande wahrscheinlich in 15 Jahren nur noch kleine und in 30 Jahren gar keine Unterschiede mehr geben im Vergleich zur religiösen Orientierung der Mehrheitsgesellschaft.


Jugendliche bei Messe zur Eröffnung der Jugendsynode im Vatikan / © Paul Haring (KNA)
Jugendliche bei Messe zur Eröffnung der Jugendsynode im Vatikan / © Paul Haring ( KNA )

Jugendliche im Gebet / © Corinne Simon (KNA)
Jugendliche im Gebet / © Corinne Simon ( KNA )
Quelle:
epd