Papst greift in Reformprozess des Malteserordens ein

Häufiger Schauplatz kircheninterner Flügelkämpfe

Papst Franziskus greift in die laufende Verfassungsreform des Malteserordens ein. In einem Brief an den päpstlichen Gesandten für den Souveränen Orden, Kardinal Silvano Tomasi, überträgt Franziskus dem 81-Jährigen weitreichende Befugnisse.

Mitglieder des Großen Staatsrats des Malteserordens in Rom (Archiv) / © Paolo Galosi/Agencia Romano Siciliani (KNA)
Mitglieder des Großen Staatsrats des Malteserordens in Rom (Archiv) / © Paolo Galosi/Agencia Romano Siciliani ( KNA )

Der langjährige Vatikan-Diplomat dürfe im Namen des Papstes "notfalls auch in Abweichung von der geltenden Verfassungscharta und dem Ordenskodex" Konflikte lösen, so Franziskus.

So soll Tomasi an einem selbstgewählten Termin ein außerordentliches Generalkapitel einberufen und den Vorsitz übernehmen. Bis zu dieser Ordensversammlung und der Neuwahl eines Großmeisters soll der amtierende Statthalter, Marco Luzzago (71), weiter im Amt bleiben.

Den gesamten Staatsrat einberufen

Darüber hinaus möge Kardinal Tomasi über die Zusammensetzung und Abhaltung des Generalkapitels bestimmen, die neue Verfassungscharta und den Ordenskodex genehmigen sowie eine Reform des Souveränen Rates in Einklang mit den neuen Rechtstexten vornehmen. Letztlich soll Tomasi den gesamten Staatsrat, das höchste Leitungsgremium, zur Wahl eines neuen Großmeisters einberufen.

Der Souveräne Malteserorden ringt seit geraumer Zeit um eine Reform seiner Ordensstrukturen. Nach dem Tod des langjährigen Großmeisters Giacomo della Torre im Frühjahr 2020 war der Norditaliener Luzzago im November zunächst zum Statthalter auf ein Jahr gewählt worden. Damit erhielt er zwar dieselben Pflichten und Rechte wie ein Großmeister, darf das Amt aber nicht bis zum Lebensende bekleiden.

Die Gründe dafür lagen einerseits in den Umständen seiner Wahl in Pandemiezeiten, vor allem aber in der weiterhin nicht abgeschlossenen Ordensreform. Bei der Reform ihrer Verfassung und ihres Kodex wollen sich die Malteser vor allem eine zeitgemäßere Leitungsstruktur geben.

Jener Teil, der die Organisation als Orden betrifft, muss vom Papst genehmigt werden, anderes nicht. Darüber hinaus sind Reformen in Finanzwesen und Compliance, aber auch bei der Berücksichtigung von Frauen in Entscheidungsfunktionen in Gang.

Schauplatz kircheninterner Flügelkämpfe

Der Malteserorden war in den vergangenen Jahren auch des Öfteren Schauplatz kircheninterner Flügelkämpfe zwischen traditionalistischen Franziskus-Gegnern und gemäßigten, Franziskus nahe stehenden Mitgliedern. Offizielle Gottesdienste wurden wiederholt Anlass eines Streits um den ordentlichen oder außerordentlichen, "alten Ritus", weswegen Großmeister della Torre im Juni 2019 nur noch den ordentlichen Messritus erlaubte.

Als der Brite Henry Sire in seinem Buch "Dictator Pope" schwerste, auch persönliche Vorwürfe gegen Franziskus erhob, wurde er ausgeschlossen.

Der "Souveräne Ritter- und Hospitalorden vom Heiligen Johannes von Jerusalem von Rhodos und von Malta", so der offizielle Titel, ist politisch ein eigenes Völkerrechtssubjekt und unterhält diplomatische Beziehungen zu 110 Staaten, darunter Deutschland und Österreich. Als kirchlicher Orden jedoch unterstehen die Malteser dem Papst.


Marco Luzzago / © Christian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Marco Luzzago / © Christian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

Papst Franziskus (m.) begrüßt Vertreter des Malteserordens während einer Audienz am 23. Juni 2016 im Vatikan. / © N.N. (KNA)
Papst Franziskus (m.) begrüßt Vertreter des Malteserordens während einer Audienz am 23. Juni 2016 im Vatikan. / © N.N. ( KNA )
Quelle:
KNA
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