DOMRADIO.DE: "Beitrag zum weltkirchlichen Gespräch im Rahmen der Bischofssynode 2021-24" – so heißt Ihre Handreichung zum Thema Diakonat der Frau. Warum veröffentlichen Sie sie gerade jetzt?
Dr. Jutta Mader-Schömer (Vorsitzende des Netzwerks Diakonat der Frau): Weil jetzt weltkirchlich darüber gesprochen wird, auch wenn der Papst das Thema in eine Kommission ausgelagert hat. Viele Stimmen bei Ihnen von DOMRADIO.DE und anderen katholischen Medien zeigen deutlich, dass das Thema nicht kleinzukriegen ist, dass es weiter diskutiert wird, dass es brodelt. Deswegen wollten wir uns mit einem konstruktiven Papier noch einmal zur Frage des Frauendiakonats äußern. Denn wir denken, dass es gerade jetzt sein muss. Jetzt ist die Zeit, jetzt ist der Kairos.
DOMRADIO.DE: Was steckt inhaltlich in Ihrem Schreiben?
Mader-Schömer: Wir haben uns noch einmal um eine theologische Klarstellung bemüht, was der Ständige Diakonat überhaupt ist. Denn wir wissen, dass in den Ortskirchen, in denen es auch keine Männer als Ständige Diakone gibt, gar nicht klar ist, dass es neben dem Diakonat als Weihestufe auch einen solchen Ständigen Diakonat gibt, sakramental und durch Weihe.
Professorin Margit Eckholt hat sich als Dogmatikerin dazu theologisch sehr klar geäußert und das Thema in den weltkirchlichen Kontext gestellt. Sie ist Expertin in dieser Frage, hat viele weltkirchliche Kontakte und kann das sehr gut einschätzen. Danach haben Irmentraud Kobusch, meine Vorgängerin als Vorsitzende des Netzwerks, und ich noch einmal aufgezeigt: Wie kam es überhaupt zum Netzwerk? Was sind unsere Ziele? Was haben wir bisher getan?
In dem Zusammenhang verweisen wir auf unsere drei Diakonatskreise, wo insgesamt 39 Frauen praktisch ausgebildet wurden und bereitstehen würden. Schwester Edith Maria Margar, die ehemalige Generaloberin der Waldbreitbacher Franziskanerinnen, hat ebenfalls noch einmal ein starkes Statement für den Frauendiakonat gebracht.
In Waldbreitbach fanden unsere Ausbildungskurse statt. Wir haben auch einige Stimmen von Absolventinnen zusammengestellt. Uns war wichtig zu zeigen, was in Frauen vorgeht, die eine Berufung spüren, was ihr Anliegen ist. Unsere Handreichung bindet ab mit einem klaren Satz von Professor Peter Hünermann: "Wenn ich eine diakonische Kirche will, muss ich Frauen zu Diakoninnen weihen." Wir haben dieses Papier in fünf Sprachen veröffentlicht, weil wir es breit streuen möchten.
DOMRADIO.DE: An wen wenden Sie sich mit Ihrer Handreichung, an wen haben Sie es verschickt?
Mader-Schömer: Wir haben das Papier zunächst an alle deutschen Bischöfe gesendet, weil wir denken, dass unsere Ortskirche, unsere Heimatkirche auch zuerst unsere Informationen haben soll. Seither ist es aber auch schon in die Welt hinausgegangen, über den "Catholic Women Council", über die Kontakte nach Südamerika die "Agenda - Forum katholischer Theologinnen" zu "Theologanda" hat, und außerdem natürlich an die beiden großen Frauenverbände in Deutschland, jeweils mit der Bitte, es an alle internationalen Kontakte weiterzusenden. Wir hoffen, dass es bereits breit in der Weltkirche unterwegs ist.
DOMRADIO.DE: Haben Sie schon Reaktionen bekommen?
Mader-Schömer: Ja, wir haben schon einige Reaktionen bekommen. Zum Beispiel von Bischöfen in Deutschland, die sich klar dazu positionieren; die sagen, dass sie das Thema bei jedem Besuch in Rom ansprechen und dass es natürlich auch bei der Weltsynode besprochen wird, auch wenn es diese ausgelagerte Kommission gibt. Das Thema ist einfach nicht unter dem Deckel zu halten, es muss besprochen werden.
DOMRADIO.DE: Als Argument gegen den Diakonat der Frau wird immer wieder angeführt, es handele sich dabei um eine Art Spezialwunsch der Kirchen im Norden. Inwieweit ist der Diakonat der Frau aus Ihrer Sicht sehr wohl ein weltkirchliches Anliegen?
Mader-Schömer: Ich denke, spätestens seit der Amazonassynode müsste das bekannt sein, weil der Diakonat bereits dort eine wichtige Forderung war. In Lateinamerika ist es an vielen Orten längst so, dass Frauen das Gemeindeleben am Laufen halten; vielleicht einmal im Jahr kommt ein Priester vorbei, der Taufen spenden oder Trauungen assistieren kann. Aber die Frauen sind immer bei den Menschen, begleiten sie in ihrer Not.
Dieses Sakrament der Begegnung sollte sich auch in den anderen Sakramenten mit ausdrücken können. Das wäre in der Region sehr wichtig. Bei unserer Tagung "Gottes starke Töchter" hat zum Beispiel auch Virginia Saldanha aus Indien berichtet, wie dort Frauen auf der Straße vergewaltigt werden und dringend Schutzräume brauchen. Würde die katholische Kirche in Indien Frauen weihen, würden dort alle Frauen sehen, dass es in der katholischen Kirche gut zugeht, dass dort Gleichberechtigung herrscht, dass sie sich dorthin wenden können. Solange das nicht der Fall ist, bleiben wir als Kirche außen vor und sind nicht glaubwürdig.
Die südafrikanische Theologin Nontando Hadebe sagt ebenfalls ganz klar: "Der Diakonat für Frauen muss wiederhergestellt werden, wir brauchen das in Afrika." Also gibt es viele prominente Stimmen aus der Weltkirche, die den Diakonat der Frau fordern. Genauso wie viele einzelne Stimmen von Frauen und Männern vor Ort kommen. Sie alle sagen: "Wir brauchen dieses sakramentale Personal, damit wir als Kirche nah bei den Menschen sein können."
DOMRADIO.DE: "Die Zeit ist günstig, die Zeit ist reif. Die Argumente liegen auf dem Tisch" – so schreiben Sie in Ihrem Papier und bekommen dafür viel Zuspruch. Aber wie wollen Sie diejenigen überzeugen, die am Ende die Entscheidung treffen - den Papst vor allem, aber auch gewisse konservative Kräfte in der Kurie?
Mader-Schömer: Wir können es nur versuchen und wir versuchen es mit den Informationen, die wir anbieten, aber auch durch die Zeugnisse von Frauen, die wir noch einsammeln wollen. Dazu fällt mir die Postkarten-Aktion von damals ein, als es um den Gleichberechtigungsartikel im Grundgesetz ging. Wir wünschen uns, dass möglichst viele sich an ihre Synodalen wenden und klarstellen, dass sie den Diakonat der Frau wollen und dass sie dazu auch bereit stehen, weil die Kirche ihn braucht. Das haben wir auch in der Begleit-Mail zum Papier formuliert.
Ich glaube, vielen Entscheidern ist gar nicht bewusst, dass es unter den Menschen eine so große Not gibt und dass so viele Frauen bereit wären, mitzuhelfen, unsere Kirche diakonischer zu machen und in eine gute Zukunft mit zu führen.
DOMRADIO.DE: Gerade erst hat der Vatikan ein neues Dokument angekündigt, das "Grundsatzfragen zum Thema spezifischer kirchlicher Ämter" klären soll, also auch die Frage nach "der notwendigen Beteiligung der Frauen am Leben und an der Leitung der Kirche". Was sagen Sie dazu?
Mader-Schömer: Wir wissen ja noch nicht, was genau in diesem Dokument stehen wird. Der Blick ins Instrumentum laboris zur Weltsynode zeigt: Gerade im Punkt 16 werden eine ganze Reihe von Möglichkeiten genannt, Frauen in mehr Leitungspositionen in der Kirche zu bringen. Das ist alles gut und richtig.
Aber es geht hier um unterschiedliche Aufgaben und unterschiedliche Arbeitsfelder. Das eine gegen das andere auszuspielen, wäre schädlich. Ich hoffe, dass genau das nicht geschieht in diesem Papier. Genauso wenig hoffe ich, dass es eine Beruhigungspille sein soll.
DOMRADIO.DE: Bringen Sie doch noch einmal den Stand der Diskussion zum Diakonat der Frau auf den Punkt – und das, was Ihrer Meinung nach geboten ist.
Mader-Schömer: Der Stand der Diskussion ist in den einzelnen Ortskirchen tatsächlich sehr unterschiedlich, weil auch die Erfahrungen mit dem Ständigen Diakonat der Männer unterschiedlich sind. Die Diskussion brodelt aber überall, das sagen uns die Rückmeldungen von Frauen aus aller Welt, die sich gerne einbringen möchten. Viele sagen uns: "Ihr im reichen Norden, ihr habt Möglichkeiten, ihr finanzielle Mittel, ihr könnt freier sprechen als wir." Insofern werden wir oft gebeten, dranzubleiben am Thema.
Was der Stand der Diskussion bei den Synodalen ist, wird sich im Oktober zeigen. Wir erhoffen uns, dass unser Beitrag jetzt noch einmal das Augenmerk darauf legen, noch einmal einen Effekt bringen kann. Dringend geboten ist, dass das Thema nicht unter den Teppich gekehrt wird, dass kein Sprechverbot kommt, sondern dass es weiter besprochen und endlich entschieden wird.
Das Interview führte Hilde Regeniter.