Ist die Welt in Köln noch in Ordnung? Die Frage stellte Domkapitular Günter Assenmacher zu Beginn seiner Predigt am Hochfest der Heiligen Ursula und ihrer Gefährtinnen: Ursula ist die Patronin der Stadt am Rhein. Am 21. Oktober ist ihr Festtag, an dem sie in Köln besonders verehrt wird.
Dabei seien Prozessionen und Verehrungen verschiedener Art kein Zeichen dafür, dass die Idee des Patronats überhaupt verstanden werde, mahnte Assenmacher.
Wer weiß etwas über seinen Namenspatron?
"Wir wissen auch, dass wir bei der Taufe den Namen Heiliger bekommen haben", erklärte er. "Aber wenn wir da mal nachforschen, dann werden wir vielleicht zu unserer Enttäuschung merken, dass für die Wahl unserer Namen entweder die familiäre Tradition, oder modisch ästhetische Motive maßgebend waren."
Was wisse der Mensch heute über seinen Namenspatron oder den Patron der Heimatstadt?
"Wir hören ihre Namen, sehen in Fenstern ihre Gestaltung und vielen von uns genügt das auch schon." So habe das Patronat heutzutage vielerorts eine insbesondere historische oder brauchtumsartige Bedeutung. Dabei sei da so viel mehr, sagte der Domkapitular.
Genügt es, die Bilder von Heiligen zu sehen?
Assenmacher ging einen Schritt weiter: "Wer hat zu seinem Namenspatron ein persönliches Verhältnis? In welcher Situation habe ich ganz besonders seine Fürsprache angerufen?"
Der Gedanke, dass der Mensch nur über die Fürsprache eines anderen etwas erreichen könne, sei heute "gar nicht mehr so sympathisch – im weltlichen wie im religiösen Leben." Der Christ aber wolle vielmehr für sich reklamieren können, unmittelbar durch Christus zu Gott einen Zugang zu haben und nicht auf Patrone angewiesen zu sein.
Patrone des Alltags
Diese Haltung sei dagegen kaum mit der Realität vereinbar, überlegte Assenmacher: "Haben nicht wir alle schon manche Patrone erlebt?" Jeder kenne und freue sich doch über Menschen, die – wenn nötig – ihre schützende Hand über einen halten; Menschen, die einen unterstützen, den Rücken stärken und Wege eröffnen oder ein gutes Wort einlegen und einen nicht allein lassen.
"Es gibt im Leben immer wieder die Situation, in denen wir genau darauf angewiesen sind", betonte der Domkapitular. "Wir alle hängen in einer gewissen Weise voneinander ab, gut oder weniger gut."
Keine Frage des Himmels alleine
Warum auch sollte das Patronat nur auf die Heiligen im Himmel beschränkt sein? Dazu zitierte Assenmacher den Heiligen Pfarrer von Ars: "Wenn wir wüssten, wie sehr wir im Guten wie im Bösen miteinander verbunden und abhängig sind, wir würden zutiefst erschrecken, weil es uns bewusst würde, wie viel wir anderen verdanken und vielleicht auch, wie viel andere an uns verkehrt gemacht haben, was wir durch ihre Schuld tragen; und wie viel von unserem eigenen Tun und Lassen für andere abhängt."
Es sei gut, darauf vertrauen zu dürfen, dass es in der Ewigkeit heiligmäßige Menschen gebe, die "auf uns ein besonderes Augenmerk halten und die wir auch darum bitten dürfen, dass sie ihre schützende Hand über uns halten und unsere Fürsprecher bleiben."
Hochfest der Heiligen Ursla
In Köln wird am 21. Oktober das Hochfest der Heiligen Ursula und ihrer Gefährtinnen gefeiert, weil es das Patronatsfest der Stadt ist. Außerhalb Kölns "verdrängt" der heutige neunundzwanzigste Sonntag im Jahreskreis diesen Gedenktag.
DOMRADIO.DE übertrug am Hochfest der Heiligen Ursula und ihrer Gefährtinnen das Kapitelslamt aus dem Kölner Dom mit Domkapitular Günter Assenmacher. Es sangen die Kirchenchöre St. Michael Aschaffenburg und St. Cäcilia Wenigumstadt unter der Leitung von Winfried Full. An der Orgel: Winfried Bönig
Ursula wurde vermutlich im 3. Jahrhundert in England geboren und starb im 3./4. Jahrhundert in Köln. Über ihr Leben gibt es zahlreiche Legenden, die den historischen Kern überdecken. Diesen Legenden nach war Ursula eine englische Königstochter. Obwohl sie Jungfräulichkeit gelobt hatte, wollte ihr Vater sie mit einem heidnischen Prinzen vermählen. Sie erbat sich eine dreijährige Frist für eine Wallfahrt nach Rom. Die Zahl ihrer vermutlich elf Begleiterinnen wird wohl aufgrund eines Lesefehlers mit elftausend genannt. Bei ihrer Rückkehr aus Rom soll sie mit ihren Gefährtinnen in Köln von den Hunnen niedergemetzelt worden sein. Eine Inschrift in der Ursulakirche in Köln weist auf eine alte Basilika an dieser Stelle hin, die zu Ehren von Märtyrerjungfrauen errichtet wurde. In der Nähe hatte man im 12. Jahrhundert Grabstätten gefunden, die man Ursula und ihren Gefährtinnen zuordnete. Tatsächlich handelte es sich dabei aber um ein römisches Gräberfeld. Ursula ist die Stadtpatronin von Köln. Von hier aus verbreitete sich ihre Verehrung über das ganze Abendland.
Aus: Magnificat. Das Stundenbuch. Oktober 2017