Geboren wurde Böll 1917 in Köln – in eine stark katholisch geprägte Familie: "Daher kam seine absolute Orientierung am Gewissen", sagt Ellen Ueberschär aus dem Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung. "Er hatte ein untrügbares Gewissen und hat danach gehandelt."
Nach der Schule fing er zuerst eine Buchhändlerlehre an, studierte dann aber Germanistik. Er heiratete 1942 Annemarie Čech, mit der er bei Übersetzungen auch zusammenarbeitete. Böll schrieb Erzählungen, Romane, Hörspiele und Essays. 1972 bekam er den Literaturnobelpreis für seine Arbeit, die "durch ihren zeitgeschichtlichen Weitblick in Verbindung mit ihrer von sensiblem Einfühlungsvermögen geprägten Darstellungskunst erneuernd im Bereich der deutschen Literatur gewirkt hat".
Von der Gesellschaft ausgestoßen
Hauptfiguren seiner Werke sind oft diejenigen, die von der Gesellschaft ausgestoßen werden oder sich etwas abseits fühlen. So geht es etwa im Roman "Haus ohne Hüter" (1954) um zwei kleine Jungen, die in den vaterlosen Familien der Nachkriegszeit aufwachsen. Die Verwirrung und Ratlosigkeit der Mütter überträgt sich auf sie. Ein anderes Beispiel ist die Protagonistin der Erzählung " Die verlorene Ehre der Katharina Blum", die von der Boulevardpresse fertig gemacht wird.
Diese Themen beschäftigten ihn auch ganz Allgemein: Die Gesellschaft seiner Zeit, der Adenauerzeit, trieb ihn um. Er galt als Gegenpol und Alternativdenker, prangerte die Scheinheiligkeit und Janusköpfigkeit der konservativen Gesellschaft an.
Kritiker "seiner" Kirche
Mit dieser Haltung begegnete er auch der katholischen, seiner Kirche. Ellen Ueberschär: "Dieses untrügbare Gewissen und das kritische Betrachten aller Autoritäten, das steht im Evangelium. Mit diesen Maßstäben hat er seine eigene Kirche kritisiert, wie alle anderen Kirchenreformer auch."
In den Büchern von Heinrich Böll erscheint die Kirche und der Glaube oft unter einem gesellschaftlichen Aspekt – als Entschuldigung für die Nazi-Zeit. Für Böll war die Kirche ein wichtiger Teil der Restauration, die die Nazi-Zeit vergessen, nicht aufarbeiten wollte. Deshalb trat Böll 1976 demonstrativ aus der Kirche aus. Er betonte aber immer, nicht "vom Glauben abgefallen" zu sein. Er wurde auch nach katholischem Ritus beerdigt.
Auch heute noch wird Böll im Schulunterricht gelesen, seine Werke sind nicht zuletzt in seiner Heimatstadt Köln bis heute präsent. Er hat in die Gesellschaft hineingewirkt – und in die Kirche, sagt Ellen Ueberschär: "Wenn man heute die Aktivitäten der Kirche in der Flüchtlingsunterstützung sieht, ist das auch ein Erbe der Gewissenskritiker wie Heinrich Böll."