Theologe Sellmann weist Kritik am Synodalen Weg zurück

"Hier wird Zweifel gesät"

In einem überraschenden Vorstoß haben Bischof Voderholzer und andere Kritiker Vorschläge zum katholischen Reformprojekt Synodaler Weg veröffentlicht. Jetzt gibt es Kritik am Vorwurf, ihre Argumente seien bisher nicht gehört worden.

Autor/in:
Gottfried Bohl
Banner mit Logo und Aufschrift "Der Synodale Weg" / © Bert Bostelmann (KNA)
Banner mit Logo und Aufschrift "Der Synodale Weg" / © Bert Bostelmann ( KNA )

Der Bochumer Theologe Matthias Sellmann weist die Kritik einiger Teilnehmer an der Diskussionskultur beim katholischen Reformprojekt Synodaler Weg zurück. In einer persönlichen Erklärung, die der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) vorliegt, rief er die Kritiker am Samstag auf, "diese missverständliche Äußerung, die den Synodalen Weg als Prozess diskreditiert, öffentlich zurückzunehmen". Zugleich warf er ihnen vor, sich zum Teil nicht wirklich aktiv in die Debatten eingebracht zu haben.

Eine kleine Minderheit

Inhaltliche Kritik an den Alternativtexten kam vom Bochumer Theologen Thomas Söding und von Johannes Norpoth, der als Betroffener sexualisierter Gewalt und Mitglied im Betroffenenbeirat bei der Bischofskonferenz Gast im Synodalforum I zu Macht und Gewaltenteilung ist.

Die beiden weisen in einer längeren Analyse, die der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) vorliegt, unter anderem darauf hin, dass hier eine kleine Minderheit, 4 von 35 Mitgliedern des Forums, einen bereits im Februar verabschiedeten Grundtext kritisiere, der "eingehend beraten, sorgfältig, auch kontrovers diskutiert, aber immer mit überwältigenden Mehrheiten beschlossen" worden sei.

Wenn die Kritiker "als Opposition Einfluss auf den Gang der Beratungen nehmen wollen, dürfen sie allerdings nicht nur mit sich selbst im Gespräch sein, sondern müssen sich in den Entscheidungsprozess konstruktiv einbringen, einschließlich der Beachtung von Fristen, von Redezeiten und Abstimmungsverfahren".

Alternativtext halte an der Vergangenheit fest

Inhaltlich rede der Alternativtext die Aufgaben klein, an deren Lösung die Zukunft der katholischen Kirche in Deutschland hänge. So gebe es eben nicht nur persönliches Versagen, sondern auch systemische Ursachen für den Missbrauch und andere Probleme. Die notwendige Beachtung der Geschlechtergerechtigkeit, der stärkeren Mitverantwortung von Laien und einer "tiefgreifenden Umgestaltung der kirchlichen Sexualmoral" werde in dem Text nicht ausreichend thematisiert oder sogar verleugnet.

Stattdessen werde dem Vorschlag der Mehrheit "denunziatorisch vorgeworfen, nicht mehr katholisch zu sein, weil angeblich das Weiheamt ausgehöhlt werde, wenn von geteilter Leitungsverantwortung, effektiver Machtkontrolle und notwendiger Rechenschaft gesprochen wird".

Der Alternativtext, so Söding und Norpoth weiter, halte stattdessen an Führungsmodellen aus der Vergangenheit fest und an "klerikalen Privilegien, die als sakrosankt gelten sollen".

Unzufriedenheiten beim Synodalen Weg

Am Freitag hatten der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer und einige weitere Synodale aus Unzufriedenheit mit dem Fortgang des Synodalen Wegs eine neue Internetplattform für alternative Reformvorschläge gestartet. Dabei hatten sie unter anderem erklärt, ihre Argumente seien in den bisherigen Debatten zwar vorgebracht, aber "aufgrund der dort herrschenden Mehrheitsverhältnisse" bisher nicht berücksichtigt worden.

Der Bonner Stadtdechant Wolfgang Picken, die Wiener Theologin Marianne Schlosser, die Journalistin Alina Oehler und Augsburgs Weihbischof Florian Wörner hatten daher einen Alternativtext zu den offiziellen Vorschlägen des Forums I verfasst.

"Reformkritische Stimmen werden ausgebremst"

Die auf der neuen Plattform www.synodale-beitraege.de gesammelten Argumente seien auch in den offiziellen Debatten vorgebracht, aber "aufgrund der dort herrschenden Mehrheitsverhältnisse" bisher nicht berücksichtigt worden.

Der Bonner Stadtdechant Wolfgang Picken als einer der Autoren eines Textes zum Forum I "Macht und Gewaltenteilung" hatte erklärt, schon die Zusammensetzung der vier Synodalforen sei "einseitig" und ein "Musterbeispiel für fehlende Demokratie und Mitbestimmung". Reformkritische Stimmen würden übergangen oder ausgebremst.

"Diese Zweifel diskreditieren die Prozesskultur des Synodalen Weges", entgegnete Sellmann. Er selbst habe bis auf eine Ausnahme an allen Sitzungen des Forums I aktiv teilgenommen, seine Reformvorschläge eingebracht und auch mit darüber abgestimmt: "Auf viele der Autorinnen und Autoren der Homepage-Gruppe treffen diese drei Punkte schon einmal nicht zu."

"Es gab keine unfairen Verfahren"

Der Leiter des Zentrums für angewandte Pastoralforschung und Pastoraltheologie in Bochum ergänzte, er begrüße es, dass sich die Autorinnen und Autoren an den Argumentationen rund um die anstehenden Fragen aktiv und substanziell beteiligten: "Es ist auch ihr gutes Recht, eine parallele Struktur zum gemeinsamen Synodalen Weg zu errichten und ihr zuzutrauen, dass in der dort geschaffenen Öffentlichkeit ihre Erwägungen und Argumente gehört und debattiert werden."

Was er aber dezidiert zurückweise, sei der Zweifel an der Fairness der Sitzungen, so Sellmann weiter: "Hier wird der Zweifel gesät, man sei als Mitglied des Forum I strukturell und systemisch benachteiligt worden und es habe unfaire Verfahren wider ihre Mitgliedsrechte gegeben. Diesen Vorwurf weise ich entschieden zurück." Es könne sogar belegt werden, "dass es Sonderrechte der Befassung mit diesen Argumenten und Befürchtungen gab".

Reformprojekt Synodaler Weg

Der Synodale Weg ist ein Reformprojekt, das die Deutsche Bischofskonferenz und die Laienvertretung ZdK (Zentralkomitee der deutschen Katholiken) 2019 gestartet haben - vor allem als Reaktion auf den Missbrauchsskandal und die daraus resultierende Vertrauenskrise.

In vier thematischen Foren diskutieren die mehr als 200 Delegierten über die Themen Sexualmoral, priesterliche Lebensform, Macht und Gewaltenteilung sowie die Rolle von Frauen in der Kirche. 

Matthias Sellmann

Mattias Sellmann wurde 1966 in Neheim geboren und ging in Höxter zur Schule. 1985 machte er sein Abitur und leistete anschließend seinen Wehrdienst. Er studierte Katholische Theologie zunächst an der Universität in Paderborn, unterbrach sein Studium aber nach zwei Jahren für ein "Freiwilliges Soziales Jahr". Das verbrachte er in der Schwerst-Altenpflege im Caritas-Altenheim in Herten. 

Im Anschluss studierte er an der Universität in Bonn weiter und absolvierte dort 1994 sein Diplom in Theologie. Ein Jahr später machte er sein Examen in Sozialwissenschaften. 

Matthias Sellmann / © Julia Steinbrecht (KNA)
Matthias Sellmann / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
KNA
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