Die Hildesheimer Michaeliskirche gehört zusammen mit dem Hildesheimer Dom und seinen Schätzen seit 1985 zum Unesco-Weltkulturerbe. Sie ist eine der 64 sogenannten Simultankirchen in Deutschland. In der von Bischof Bernward (um 950/960 bis 1022) erbauten Kirche ist heute das Hauptschiff evangelisch und die Krypta katholisch.
Am Samstag (11. März) ist das Gotteshaus Schauplatz einer besonderen ökumenischen Feier im Jahr des Reformationsgedenkens. In einem Buß- und Versöhnungsgottesdienst wollen Vertreter der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der katholischen Deutschen Bischofskonferenz den Blick darauf lenken, was Christen beider Konfessionen einander an Leid und Verletzungen angetan haben. Sie werden dafür Gott und einander um Vergebung bitten und sich auf die weitere Vertiefung des Miteinanders verpflichten. Der Gottesdienst in Hildesheim gilt jetzt schon als Meilenstein im Prozess der "Heilung der Erinnerung".
Kirche wurde in der Reformationszeit evangelisch
Die Michaeliskirche ist wie geschaffen für diesen symbolischen Akt. "Das ganze Areal hier war ein Benediktinerkloster", erzählt der evangelische Pastor Dirk Woltmann. Bischof Bernward habe sich selbst an den Plänen und der Ausführung beteiligt. Er legte das Gotteshaus als seine Grabeskirche an. 1010 wurde wohl mit dem Bau begonnen.
Bernward erlebte die endgültige Weihe 1033 nicht mehr. Die Aufgabe kam seinem Nachfolger Godehard zu. In der Krypta aber liegt Bernward begraben; hier steht bis heute sein Sarkophag. In der Reformationszeit wurde die Hauptkirche, das große Kirchenschiff, im Jahr 1542 evangelisch, so Woltmann. Dem kleinen Konvent von Benediktinermönchen, der weiterhin bestand, wurden aber die Krypta und der Hohe Chor zugesprochen, um dort zu beten und Gottesdienste zu feiern.
Ökumenisches Leben in der Michaeliskirche
Bis vor wenigen Jahren trennten Mauern noch die Räume. Die Wände wurden im Juni 2006 symbolisch durchbrochen, wie sich der katholische Stadtdechant Wolfgang Voges erinnert. Seither gibt es klare Absprachen für die gemeinsame Nutzung. "Insofern kommt man auch nicht in irgendwelche Streitigkeiten wie früher." Das liturgische Leben gehe "sehr geschwisterlich" vonstatten.
Wie geschwisterlich die Gemeinschaft der Christen in Hildesheim ist, zeigte sich auch während der viereinhalb Jahre dauernden Sanierung des katholischen Doms von 2010 bis 2014. Weil die Kathedrale komplett leergeräumt werden musste, wurden die Kunstschätze ausgelagert. Die weltberühmte Christussäule, einer der bedeutendsten Kunstschätze aus der Zeit Bernwards, erhielt Asyl in der benachbarten Michaeliskirche.
Die 3,80 Meter hohe Bronzesäule mit 28 Szenen aus dem Leben Jesu von der Taufe Jesu bis zum Einzug in Jerusalem kehrte damit zurück an den Platz, für den sie geschaffen wurde und an dem sie rund 800 Jahre gestanden hatte. Erst im frühen 19. Jahrhundert nämlich war sie in den Dom gekommen. Die Rückkehr zu dessen Wiedereröffnung im Sommer 2014 verlief reibungslos, auch wenn die Protestanten in Sankt Michaelis die Säule gerne behalten hätten, wie Landessuperintendent Eckhard Gorka damals scherzhaft bekundete.
Sanierung und Neugestaltung des Außengeländes
Sankt Michaelis ist eine der bedeutendsten erhaltenen Kirchen im ottonischen, also vorromanischen Baustil. Sie erfuhr im Laufe der Jahrhunderte mehrfach bauliche Veränderungen. Nachdem das Benediktinerkloster während der Säkularisation aufgelöst und 1809 geschlossen wurde, diente das Gotteshaus zeitweilig als Stroh- und Heulager. 1844 bekam es die Michaelisgemeinde zurück.
Im März 1945, wenige Tage vor Kriegsende, fiel Sankt Michaelis in Schutt und Asche. Doch schon ab 1950 wurde das neu aufgebaute Langhaus wieder genutzt und 1960 der Wiederaufbau der gesamten Kirche nach ottonischem Vorbild mit der Weihe abgeschlossen. Schließlich erhielt die Michaeliskirche von 2005 bis 2012 eine umfassende Sanierung samt Neugestaltung des Außengeländes. Michaelishügel und -kirche sind im Zentrum einer heute weitgehend neu konzipierten Weststadt von Hildesheim ein besonderes Kleinod.