Hilfswerke warnen nach Wahl in Indien vor Spaltung

"Klima der Angst"

Das bevölkerungsreichste Land der Welt wählt ein neues Parlament. Kirchliche Hilfswerke befürchten, dass es für Christen und Muslime nicht leichter wird, mit der Hindu-Mehrheit auszukommen. Die Gewalt habe bereits stark zugenommen

Rund 970 Millionen Wahlberechtigte sind aufgerufen, in mehr als einer Million Wahllokalen über die Besetzung des mehr als 500 Sitze zählenden Unterhauses abzustimmen / © Anupam Nath (dpa)
Rund 970 Millionen Wahlberechtigte sind aufgerufen, in mehr als einer Million Wahllokalen über die Besetzung des mehr als 500 Sitze zählenden Unterhauses abzustimmen / © Anupam Nath ( dpa )

Die Parlamentswahlen in Indien sind gestartet. Das internationale katholische Hilfswerk missio München befürchtet in dem Zusammenhang eine weitere Spaltung des Landes.

"Durch den scharfen hindu-nationalistischen Kurs in Indien ist ein Klima der Angst und des Misstrauens zwischen den verschiedenen Religionen entstanden", sagte missio-Präsident Wolfgang Huber am Donnerstag. "Leider steht zu befürchten, dass sich diese Entwicklung in den kommenden Jahren noch verschlimmert."

Seit Amtsantritt von Premierminister Narendra Modi im Jahr 2014 habe die Gewalt gegen Minderheiten wie Christen und Muslime stark zugenommen, berichtete das Hilfswerk unter Berufung auf Projektpartner in Indien.

"Die Verfassung wird zunehmend mit Füßen getreten", sagte der Menschenrechtsaktivist und katholische Priester Ajaya Singh in einem Interview mit dem "missio magazin". Staatliche wie nichtstaatliche Akteure versuchten, die Glaubens- und Religionsfreiheit gewaltsam zu kontrollieren.

Wahl kann mehrere Wochen dauern

Messe in einer Kirche in Chunakhali, Westbengalen, Indien / © Zvonimir Atletic (shutterstock)
Messe in einer Kirche in Chunakhali, Westbengalen, Indien / © Zvonimir Atletic ( shutterstock )

Die Parlamentswahl in Indien wird mehrere Wochen dauern. Die Ergebnisse sollen erst Anfang Juni vorliegen. Mit rund 1,4 Milliarden Einwohnern ist Indien das bevölkerungsreichste Land der Welt. Rund 970 Millionen Menschen sind wahlberechtigt. Meinungsforscher gehen derzeit von einem klaren Wahlsieg der hindunationalistischen Regierungspartei BJP um Premierminister Modi aus.

Missio Aachen fordert die Bundesregierung auf, im Dialog mit Indien auch verstärkt Kirchenvertreter einzubinden. "Der indische Staat muss die Unversehrtheit von Leib und Leben der Menschen sowie den Schutz der Siedlungen und religiösen Stätten von Muslimen, Christen und den Angehörigen anderer nicht-hinduistischer Religionen garantieren", erklärte der Präsident von missio Aachen, Dirk Bingener.

Ein glaubwürdiger Menschenrechtsschutz könne das Ansehen Indiens weltweit stärken. Darauf müsse die Bundesregierung bei politischen Gesprächen mit Modi auch öffentlich hinweisen.

Katholische Kirche in Indien

Unter den rund 1,38 Milliarden Indern sind die Katholiken mit etwa 18 Millionen nur eine kleine Minderheit. Im Verhältnis zu ihrem Bevölkerungsanteil von unter zwei Prozent ist ihr Einfluss im Land jedoch viel größer. Die Kirche stellt ein Fünftel der schulischen Leistungen, dazu ein Viertel aller Unterstützungsprogramme für Witwen und Waisen und knapp ein Drittel der Versorgung von Lepra- und Aidskranken. Indien ist auch das Land mit den meisten Priesterberufungen weltweit.

Christen in Indien  / © Jaipal Singh (dpa)
Christen in Indien / © Jaipal Singh ( dpa )
Quelle:
KNA