Historiker begrüßen Öffnung der Vatikan-Archive zu Pius XII.

"Alle Mosaiksteine zugänglich gemacht"

Historiker begrüßen die Ankündigung von Papst Franziskus, die Akten für die Amtszeit von Papst Pius XII. vollständig freizugeben. Dies werde zu einem nuancenreicheren und detaillierteren Bild führen.

Blick in die Räume des Archives im Vatikan (KNA)
Blick in die Räume des Archives im Vatikan / ( KNA )

Das sagte der Berliner Historiker Michael F. Feldkamp dem Online-Portal "Kirche+Leben" aus Münster (Freitag): "Wir werden vor allem sehr viel mehr feststellen können, wer ihn versucht hat zu beeinflussen."

Auch werde hoffentlich klar, was der Papst von der Judenvernichtung und anderen Ereignissen gewusst habe und was nicht, so Feldkamp, der 2018 eine Biografie von Pius XII. veröffentlicht hat. Ebenso könnten nun viele Hintergründe deutlicher werden, etwa die Beziehungen des Vatikan zu Japan während des Zweiten Weltkriegs.

"Keine grundstürzenden Erkenntnisse"

Nach dem japanischen Angriff im Dezember 1941 auf den US-Militärstützpunkt Pearl Harbour hätte Japan den Heiligen Stuhl um die Aufnahme diplomatischer Beziehungen gebeten. Diesem Wunsch sei Pius XII. trotz der Einwände der US-Regierung gefolgt. "Da können wir schauen, welche Motive Pacelli oder die Kurie wirklich umgetrieben haben", sagte Feldkamp.

Auch der Bochumer Kirchenhistoriker Florian Bock begrüßte die Öffnung der Archive. Damit würden "alle Mosaiksteine zum großen Bild über Papst Pius XII." der Fachöffentlichkeit zugänglich gemacht, sagte er der katholischen Wochenzeitung "Neues Ruhrwort" (Samstag). Zugleich zeigte er sich überzeugt, dass das Bild von Pius XII. nur noch durch Details ergänzt wird: "Es wird keine grundstürzenden Erkenntnisse geben."

"Retten statt Reden"

Prägend für das öffentliche Bild von Pius XII. ist das 1963 uraufgeführte Theaterstück "Der Stellvertreter" von Rolf Hochhuth.

Darin wirft der Schriftsteller dem Papst vor, in der NS-Zeit zu wenig gegen den Mord an den Juden getan zu haben. Historiker zeichneten später ein differenzierteres Bild. Pius XII. habe sich die Maxime "Retten statt Reden" zu eigen gemacht und damit beispielsweise 80 Prozent der römischen Juden vor dem Tod bewahrt, so der ehemalige Leiter der Kommission für Zeitgeschichte, Karl-Joseph Hummel.


Quelle:
KNA