Der Schritt hin zur Ablösung der sogenannten Staatsleistungen an die Kirchen wäre "nicht nur ein wichtiger Beitrag für weltanschauliche Neutralität, sondern würde auch die Glaubwürdigkeit der Kirchen durch die völlige Gleichstellung mit anderen Körperschaften steigern", sagte der religionspolitische Sprecher Stefan Ruppert der "Welt" am Freitag.
Dabei gelte es, "die Rechte der Kirchen zu beachten" und "mit ihnen in konstruktive Gespräche einzutreten".
Staat zahlt bis heute Gehälter für Bischöfe
Als Staatsleistungen im engeren Sinne werden historisch begründete Zahlungen an die Kirchen in Deutschland bezeichnet, zu denen sich der Staat 1803 im Gegenzug für enteignete Kirchengüter verpflichtete. Daher zahlt der Staat bis heute Gehälter unter anderem für Bischöfe und Domherren. Seit der Weimarer Reichsverfassung 1919 besteht ein Verfassungsauftrag, diese Leistungen abzulösen. Dies wäre für die Länder mit erheblichen Kosten verbunden.
Die AfD bereitet nach Worten ihres religionspolitischen Sprechers Volker Münz ebenfalls eine Initiative zur Ablösung vor. Münz begründete diese Position auch mit einer kritischen Sicht seiner Partei auf die Kirchen: Es mangele ihnen an "Standfestigkeit gegen die Stürme des Zeitgeistes".
"Kirchen zur Gesprächen über Ablösung bereit"
SPD und CDU sehen indes keinen akuten Handlungsbedarf. Der religionspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Lars Castellucci, erklärte, die betroffenen Bundesländer hätten bislang kein Interesse an der Ablösung, schon weil sie "verständlicherweise die dann fällige Einmalzahlung in unbestimmter Höhe" scheuen würden.
Der religionspolitische CDU-Fraktionssprecher, Hermann Gröhe, bezeichnete "polemische Kritik an den Staatsleistungen" als unangemessen, da sich beide große Kirchen "zu Gesprächen über eine Ablösung bereit erklärt haben".
Das Bundesinnenministerium verwies laut Zeitung auf Stellungnahmen von 2013 und 2014. Damals hatte die Bundesregierung "gegenwärtig keinen Handlungsbedarf" ausgemacht und erklärt, eine Änderung wäre auf Wunsch der Länder oder der Kirchen durch eine "einvernehmliche Lösung auf Landesebene" möglich.
"Sehr individuelle Lösungen"
Nach Ansicht des Grünen-Fraktionsvizes Konstantin von Notz bedürfte eine Änderung "erheblicher politischer Vorarbeit". Es brauche zunächst Transparenz über die sehr unterschiedlichen Situationen in den einzelnen Ländern und "sehr individuelle Lösungen", sagte er.
Die religionspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Christine Buchholz, forderte die Bundesregierung auf, "endlich den Verfassungsauftrag umzusetzen".