Papst Franziskus ist am Freitag in Madagaskar eingetroffen, der zweiten Station seiner Südostafrika-Reise. Am Freitagnachmittag landete das Flugzeug von Maputo kommend in der Hauptstadt Antananarivo, wo ihn Staatspräsident Andry Rajoelina offiziell mit militärischen Ehren begrüßte.
Mosambik mit Appell zur Versöhnung verlassen
In Maputo war Franziskus am Flughafen von Mosambiks Präsident Filipe Nyusi verabschiedet worden. Zuvor hatte das Kirchenoberhaupt in einem Sportstadion am Rand der Hauptstadt mit rund 60.000 Menschen eine Messe gefeiert.
Die Bewohner des von jahrzehntelangen Konflikten geplagten Landes rief der Papst eindringlich zu Versöhnung und Feindesliebe auf. Nur sie böten einen Ausweg aus der "endlosen Spirale" der Gewalt.
Auf Madagaskar begab sich Franziskus nach der offiziellen Willkommenszeremonie in die päpstliche Nuntiatur, wo er während seines zweitägigen Aufenthaltes übernachtet. Das eigentliche Besuchsprogramm beginnt am Samstag.
Zeitung spricht von "historischem Besuch"
Das madagassische Portal "Newsmada" spricht schon im Vorfeld von einem "historischen Besuch". Der Papst werde als "Pilger des Friedens" auf die Tropeninsel kommen und entsprechend predigen. Die Zeitung "La Verite" schreibt von einem einerseits religiösen, andererseits diplomatischen Besuch. Stillschweigend hätten die Politiker der Insel für die Dauer eine "Waffenruhe" vereinbart.
Der Inselstaat im Indischen Ozean blickt auf turbulente Jahre zurück. Zu der politischen Unruhe, die einen Discjockey über Nacht zum Präsidenten machte, kommen etliche weitere Krisenherde hinzu - die Plünderung der Natur, Menschenrechtsverletzungen und die allgegenwärtige Armut.
Entsprechend groß ist die Hoffnung, die viele Madagassen in den Papst setzen. Sie alle hätten unterschiedliche Erwartungen, schrieb der "L'Express de Madagascar" am Vorabend von Franziskus' Ankunft in der Hauptstadt Antananarivo. Jedoch vereine sie alle die gemeinsame Hoffnung auf Wandel.
Zusammenhalt in der Bevölkerung großer Wunsch
"Dieser Besuch sollte eine Gelegenheit sein, nationale Einigkeit zu demonstrieren", sagte Yoel Rantomalala, der ehemalige Gesundheitsminister der Tropeninsel. Auch der katholische Pfarrer Robert Randriamanamahenina, der in die Vorbereitungen des Papstbesuch involviert war, hofft, dass die Visite die "Harmonie zwischen den Madagassen" stärkt. Familienvater Roger Rasoloarisoa wünscht sich "Zusammenhalt in der Bevölkerung", so dass ein Leben in Frieden möglich werde.
Seit Erlangung der Unabhängigkeit 1960 waren Machtwechsel in der ehemaligen französischen Kolonie häufig von Gewalt bestimmt. 2009 ergriff der frühere Discjockey Andry Rajoelina mithilfe der Armee die Macht. Die Jahre danach isolierten Madagaskar zusehends vom Rest der Welt. Etliche westliche Staaten setzten nach dem Putsch die Entwicklungskooperation aus.
Nur langsam fand Madagaskar wieder zur Demokratie zurück. Doch bis zu den Wahlen im vergangenen Jahr bremste das Kräftemessen der politischen Eliten größtenteils die Entwicklung in einem der ärmsten Staaten der Welt. Nun hat Madagaskar einen wackeligen Neuanfang begonnen - mit Rajoelina als gewähltem Präsidenten.
Ihn trifft der Papst am Samstag. "Papst Franziskus ist in erster Linie eine politische Person. Wir glauben und hoffen, dass er eine starke politische Botschaft übermittelt", sagte Ketakandriana Rafitoson, Direktorin von Transparency International Madagascar, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). "Diese Botschaft könnte sich um gute Regierungsführung und den Kampf gegen Korruption drehen."
Daneben hofft sie, dass der Papst die Menschenrechtslage auf der Insel anspricht. Vor dem Besuch hatten Aktivisten die oft monatelange Untersuchungshaft in Madagaskars Gefängnissen sowie außergerichtliche Hinrichtungen und Folter durch die Polizei kritisiert.
Thema soziale Ungleichheit
Ein weiterer Brennpunkt sei die soziale Ungleichheit, so der Landesvertreter der Friedrich-Ebert-Stiftung auf Madagaskar, Constantin Grund. "Wenige Familien zweigen große Teile des wirtschaftlichen Reichtums für sich ab, während die Masse der Bevölkerung keinerlei Aussicht hat, der Armutsspirale zu entkommen", sagte er der KNA.
Auf Madagaskar leben derzeit 77 Prozent der Bevölkerung in extremer Armut (unter 1,90 USD/Tag). "Der Papst könnte seine Ansprache nutzen, um zu verdeutlichen, dass der Mensch allein für diese Zustände die Verantwortung trägt, und dass wir alle gefordert sind, für eine bessere Zukunft zu arbeiten", so Grund.
Auch in Sachen Umweltschutz sei der Papst in den Augen vieler Madagassen als Vermittler gefragt. "Wir hoffen, dass er mit den Jugendlichen darüber spricht, wie sie aktiv mitarbeiten können, um Madagaskar gegen den Klimawandel resistent zu machen", zitiert der "L'Express de Madagascar" den lokalen Unicef-Mitarbeiter Michel Saint-Lot. Zudem hoffe er, dass den Machthabern der Insel durch Franziskus' Besuch des Obdachlosen-Projekts Akamasoa die Augen für den Zusammenhang zwischen Umwelt und Armut geöffnet werden.
"Die Degradierung der Umwelt bedroht die Zukunft unseres Landes und unterstreicht das Problem kollektiver Verarmung", meint auch Politologin Rafitoson. Die letzten Wälder der Insel seien durch "Brände, Wilderei und die hemmungslose Abholzung von Edelhölzern" bedroht. Tiere und Pflanzen würden durch Schmuggel und den illegalen Export dezimiert.
Weshalb der Papst allein durch seine Anwesenheit helfen könne? "Er bringt den Menschen in den drei Zielen seiner Afrika-Tour Hoffnung. Er erinnert uns daran, dass wir Teil dieser Welt sind, dass wir nicht vergessen wurden."
Programm des Papstes in Südostafrika
Am Samstagmorgen ist ein Höflichkeitsbesuch bei Staatspräsident Rajoelina vorgesehen. Im Anschluss daran hält das Kirchenoberhaupt vor Vertretern aus Politik, Diplomatie und Zivilgesellschaft eine Rede. Anschließend besucht Franziskus das Kloster eines kontemplativen Frauenordens.
Nachmittags trifft der Papst die Bischöfe Madagaskars. Für Samstagabend ist eine Gebetsfeier mit jungen Menschen vorgesehen, ähnlich wie bei Weltjugendtagen, sowie am Sonntagmorgen eine Messeauf demselben Gelände. Am Sonntagnachmittag besucht Franziskus ein kirchliches Sozialprojekt; anschließend trifft er Priester und Ordensleute.
Für Montag ist ein eintägiger Besuch auf der rund 1.000 Kilometer östlich von Madagaskar gelegenen Insel Mauritius vorgesehen. Am Dienstag kehrt der Papst nach Rom zurück.